Ein Arsch ist kein Arsch

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Mein Magen knurrt immer noch, also ergebe ich mich und gehe widerwillig aus meinem Zimmer. Auf dem Gang ist es ruhig und ich gehe in Richtung der Küche. Ich lucke durch das Loch in der Wand, wo einst eine Tür hing und erkenne, dass sie leer ist. Die Tür liegt nicht mehr auf dem Boden und ich gehe schnell zum Kühlschrank, um mir einen Pudding zu nehmen.
"Es tut mir wirklich leid." Ich erschrecke mich zu Tode uns lasse den halb geöffneten Pudding fallen. Ich schaue genervt auf den Boden, welcher mit Pudding bezogen ist und sage nichts. Ich hätte niemals gedacht, dass ich es mal so vermissen könnte, Gedanken zu hören. Ich erinnere mich an die ersten Tage mit der Telepathie. Es waren die schrecklichsten Tage meines Lebens. Überall Stimmen. Lachende, weinende, wütende Stimmen und alle in meinem Kopf. Wie habe ich mich nach der vollkommenen Stille gesehnt.
Jetzt habe ich sie, die vollkommene Stille und ich sehne mich nach den Zeiten, in denen mein Kopf voller fremder Stimmen, Gedanken und Gefühle waren.
Wortlos nehme ich mir einen Lappen  und mache mich daran, die Sauerei zu beseitigen. Aus dem Augenwinkel sehe Ich, dass Bucky weiterhin am Türrahmen steht und mir zusieht, wie ich putze. Ist es noch ein Türrahmen, wenn keine Tür mehr in den Angeln hängt?
Ich richte mich wieder auf und spüle den Lappen aus.
Ich habe zwar noch Hunger, fühle mich aber unwohl, wenn er zusieht. Deswegen drehe ich mich um und will mich wieder in mein Zimmer verkriechen, aber Bucky versperrt mir den Weg.
"Kannst du mal zur Seite treten."
"Ich meine es Ernst, es tut mir leid."
Ich zucke mit den Schultern und versuche mich an ihm vorbei zuschlängeln. Erfolglos.
Nun stehen wir direkt voreinander und ich sehe in seine Augen.
Er schaut mich mit einem arroganten Blick an und ich bemerke, dass er nachdenkt.
Ich lege meine Hände auf seine Brust und schiebe ihn mit aller Kraft beiseite. Er gibt nach und dreht sich weg, so dass ich endlich gehen kann. Was für ein Arsch. Er denkt anscheinend, dass er alles machen kann, was er will. Wenn er mir das nächste mal auf den Sack geht oder mich beleidigt, trete ich ihm in sein dämliches Grinsen.
Mein Magen knurrt weiterhin und ich versuche es zu verdrängen.
Es tut ihm also leid? Wenn es das wirklich tut, sollte er sich besser vorher Gedanken machen, bevor er verletzende Worte benutzt. Würde dieser doofe Chip nicht existieren, hätte ich die Gedanken vorher gehört. Ich wüsste, ob er die Entschuldigung ernst meint, aber das werde Ich wohl nie erfahren.
Ich sitze aus dem Fenster starrend auf dem Bett und halte mir den Bauch. Aufeinmal riecht es nach etwas Verbranntem. Ich stehe auf und gehe zur Tür, der Geruch wird stärker. Leise öffne ich die Tür einen Spalt und sehe leichten Rauch aus der Küche kommen.
Sofort reiße ich sie ganz auf, renne zur Küche und stürze hinein.
Anstatt des Feuers, welches ich erwartet habe, steht Bucky am Herd und wedelt mit einem Handtuch über einer Pfanne im Waschbecken.
"Was ist denn hier los?!"
Ich fahre mir durch die Haare. Ich habe schon fast gehofft, diese Hütte würde abfackeln. Dann könnte ich wieder nach Hause und würde in die Gedanken anderer Leute eintauchen.
"Sorry, ich habe wohl zu lange im Kochbuch geblättert." Er zeigt auf ein aufgeschlagenes Buch auf der Küchenzeile. Ich gehe einen Schritt und sehe ein Gericht mit angebratenen Lachs.
Bucky steht weiterhin am Waschbecken und versucht den Lachs zu retten. Ich sehe ihm über die Schulter und erkenne sofort,dass da nichts mehr zu machen ist.
Ich will gerade aus dem Zimmer Gehen, da macht es plötzlich einen lauten Knall.
"Verdammt, es tut mir wirklich leid,okay? Ich wollte mich hier mit entschuldigen, aber nochmal bekomme ich das nicht hin. Ich kann verstehen, wenn du mich nicht magst, diese Sprüche waren unter aller Sau."
Er hatte die Pfanne in das Waschbecken geknallt. Ich verschränke meine Arme und setze ein ernstes Gesicht auf.
"Ja, das war es."
"Gibst du mir nochmal eine Chance?"
Ich nicke, gehe an ihm vorbei und öffne das Fenster, wir müssen hier ja nicht wegen des Rauchs ersticken.
Wir beschließen, uns eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben und setzen uns vor den Fernseher.
"Ich weiß wirklich nicht, warum ich das gesagt habe. Ich weiß auch, wie es ist, wenn Leute dich einen Mörder nennen, auch wenn man es nicht wollte."
Er beißt ein Stück seines Pizzastückes ab und blickt traurig in mein Gesicht.
"Woher willst du Wissen, dass es keine Absicht war?" Ich will Wissen, ob er es ernst meint oder es nur so gesagt hat.
"Ganz ehrlich, (D/N). Du bist doch keine Mörderin." Seine Augen verraten mir, dass es sein voller Ernst ist und ich bin erleichtert. Endlich mal einer, der mir wirklich glaubt.
Aber er hat es wirklich selbst durchgemacht. Er hat Leute getötet, im Namen böser Menschen. Er hatte sich nicht unter Kontrolle. Es unterscheidet sich nur in einem Punkt von meiner Situation. Mir hat keiner aufgetragen, die Frau zu töten.

Der Abend klingt ruhig aus. Wir liegen vor dem Fernseher und schauen uns eine alte Serie an.
Irgendwann entschließe ich mich, ins Bett zu gehen. Noch eine Nacht würde ich auf diesem Sofa nicht überleben.

Zwangsurlaub (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt