Inked - Chapter 3

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 Zugegeben, die Schule ist nicht so schlimm wie ich sie in Erinnerung hatte. Es ist mir zwar noch immer mehr als nur unangenehm in Gruppen zu arbeiten und vor der Klasse zu sprechen, doch da wir die meiste Zeit über in erster Linie alleine arbeiten und ich mich nicht freiwillig melden würde um vor meinen Mitschülern zu sprechen, ist es nicht ganz so schlimm. 

Mit Mark als Sitznachbarn, in allen Kursen, die wir gemeinsam haben, ist es auch nicht ganz so furchtbar etwas in Partnerarbeit zu erarbeiten. Unangenehm, ja, jedoch könnte es schlimmer sein. Dazu kommt noch, dass Mark allem Anschein nach absichtlich dafür sorgt, dass ich währenddessen so wenig wie möglich reden muss und falls wir die Aufgaben präsentieren müssen, übernimmt er das.
Große Teile unserer Zusammenarbeit laufen wie folgt ab: während sich unsere Klassenkameraden lautstark unterhalten, sitzen wir still nebeneinander, jeder erarbeitet seinen Teil und letztlich fügen wir meine und Marks Ergebnisse zusammen. Falls nötig, besprechen wir die Aufgaben leise, doch es scheint als würden Mark und ich uns immer ähnliche Gedanken machen, weshalb wir uns in den meisten Fällen einig sind.
Aus diesem Grund empfinde ich es momentan als keine allzu große Qual in die Schule zu gehen und ich bin erleichtert ausnahmsweise mal nicht ständig auf Hochspannung zu sein, doch natürlich soll mir die Ruhe nicht gegönnt sein.
"Lee Donghyuck" kann ich unsere Lehrerin meinen Namen rufen hören und augenblicklich scheint mir der kalte Angstschweiß aus allen Poren zu strömen. Mein Magen fühlt sich an als hätte ich einen so festen Schlag abbekommen, dass mir übel wird. "Möchtest du uns nicht deine Ergebnisse vortragen?" fordert sie mich auf. Es ist mir unerklärlich wie die Worte, die wie Klingen in meine Haut zu schneiden scheinen aus ihrem Mund zu nett und bedeutungslos klingen können.
Noch bevor ich die Chance dazu habe meiner Panik noch mehr zu verfallen, sehe ich aus dem Augenwinkel wie sich Marks Hand hebt. "Ja Mark?" höre ich Frau Jungs Stimme erneut, ihr Blick nun auf Mark gerichtet, die Augenbrauen fragend nach oben gezogen. Der Versuch, Mark nicht anzustarren, scheitert miserabel, weshalb ich mitbekomme wie er mir erst ein ermutigendes Lächeln schenkt und sich dann an unsere Lehrerin wendet. "Könnte ich diese Aufgabe bitte lösen?" erklärt er eher, als dass er es fragt, seine Stimme sicher und fest.
Etwas verwirrt von Marks überraschender Teilnahme am Unterricht nickt Frau Jung und während Mark zu sprechen beginnt, fühle ich mich als würde ein riesiger Stein von meinen Schultern genommen werden. Es ist, als könnte ich mit einem Mal wieder richtig Atmen und ein Seufzer der Erleichterung kommt mir über die Lippen.
Mir ist bewusst, dass Mark die Aufgaben erst kurz vor Unterrichtsbeginn gemacht hat und die Tatsache, dass er sich trotzdem an meiner Stelle gemeldet hat, sorgt dafür, dass ich ihm noch dankbarer bin. Als er vorne am Pult steht, reiße ich ein Stück meines Blockblattes ab, schreibe in sauberer Schrift „Danke" darauf und lege den Zettel zusammengefaltet auf Marks Tisch. Aus dem Augenwinkel beobachte ich wie er sich wieder auf seinen Platz setzt, den Zettel kurz verwirrt ansieht bevor er ihn öffnet und mich anlächelt nachdem er gelesen hat was darauf steht. Statt zurück zu lächeln, drehe ich mich um und schaue aus dem Fenster. Dass ich dabei nicht verhindern kann, dass sich meine Mundwinkel nach oben ziehen, versuche ich zu ignorieren. 

In der Pause erzähle ich Jeno und Jaemin im Gruppenchat davon, was beide dazu veranlasst Mark als meinen " Ritter Lockenkopf" zu bezeichnen. Erst als ich sie mit peinlichen Geschichten ihrerseits erpresse, hören sie auf mich damit aufzuziehen. Seufzend lasse ich mein Handy zu Unterrichtsbeginn in meiner Hosentasche verschwinden, dabei ein Lächeln voller Zuneigung für meine nervigen Freunde auf den Lippen. 

Der restliche Schultag verläuft ohne weitere Zwischenfälle und auch in der Gruppe ist es überraschend still, so still, dass ich misstrauisch werde...Ich kenne meine Freunde...und die Tatsache, dass sie, unabhängig von meinen Drohungen, keine weiteren Versuche gestartet habe um mich mit der Mark Sache aufzuziehen, kommt mir doch komisch vor...Es fühlt sich an wie die Ruhe vor dem Sturm und die schlechte Vorahnung jagt mir einen  kalten Schauer über den Rücken. 

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