Inked

Inked - Chapter 10

So verharre ich eine ganze Weile lang, in mich zusammengesunken, laut schluchzend und zugleich angestrengt um Atem ringend...es fühlt sich gleichzeitig wie Jahre und nur ein paar Minuten an. Ich scheine jegliches Gefühl für Raum und Zeit verloren zu haben...

Als ich endlich wieder dazu in der Lage bin, meine Umgebung wahrzunehmen, als meine Tränen versiegt sind, der Kloß in meinem Hals sich etwas gelockert hat und ich wieder Luft bekomme, erkenne ich, dass ich inzwischen allein bin.

Der Gehweg, auf dem ich zusammengebrochen bin, ist verschwunden und auch von meinen Freunden sehe ich nichts, wobei mich letzteres mit einer Welle der Erleichterung erfüllt. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich, dass ich mich in einer Art Spiegelkabinett befinde, wie es sie manchmal auf Jahrmärkten gibt. Es ist zu dunkel um mehr als die glänzenden Spiegel um mich herum zu erkennen.

Der unangenehme Schauer einer schlechten Vorahnung lässt mich zittern, woraufhin ich schützend die Arme um meinen Oberkörper schlinge und hoffe, dass der Druck, den ich so auf diesen ausübe, mich erdet und mir gleichzeitig hilft, bei klarem Verstand zu bleiben. Die Entscheidung, dass es wohl das Beste ist erst mal hier raus zu kommen, ist schnell getroffen und bevor ich zu viel nachdenken kann, setze ich mich in Bewegung.

Alles in mir ist angespannt. Während ich durch die verschiedenen, schlecht beleuchteten Räume laufe, bin ich so aufmerksam, wie es mir möglich ist. Mehr als ein Mal bleibe ich plötzlich stehen, weil ich denke, nicht nur meine Schritte durchs Gebäude hallen zu hören. Unzählige male drehe ich mich schreckhaft um, weil ich denke, im Augenwinkel eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Dazu kommt, dass es mit jedem Schritt, den ich vorwärts mache, kälter zu werden scheint...so gut ich kann, versuche ich die in mir aufkommende Panik zu unterdrücken, gedanklich versuche ich mir klar zu machen, dass ich ruhig bleiben muss, um hier raus zu kommen, doch ich spüre, dass es mir mit jeder Sekunde schwerer fällt.

Plötzlich scheint mir, als hätte ich eine Stimme gehört. „Das war bestimmt nichts. Vielleicht der Wind, oder du wirst einfach paranoid" versuche ich mich gedanklich zu beruhigen, nicht mutig genug die Worte in den leeren Raum zu sprechen. Trotzdem verlangsame ich meine Schritte und horche noch aufmerksamer als zuvor in die Dunkelheit, in der Hoffnung mich geirrt zu haben.

Es stellt sich schnell heraus, dass meine Hoffnung enttäuscht wird. Es vergehen nur ein paar Sekunden bis ich erneut eine Stimme höre. Ein leises, kaum hörbares Lachen dringt an meine Ohren und jagt mir zugleich einen Schauer über den Rücken.

Ich bleibe stehen, gebe keinen Ton von mir, halte den Atem an, versuche dabei herauszufinden von wo die Stimme kommt, doch es scheint als wäre sie überall um mich herum, fast als würde der Klang dieser Stimme an den Spiegeln gebrochen und so in alle Richtungen getragen. Es ist mir unmöglich herauszufinden, wo ihre Quelle liegt.

Weitergehen oder stehen bleiben...mein Gefühl sagt mir, dass eine der beiden Möglichkeiten falscher nicht sein kann, doch ich weiß nicht welche.

Momentan höre ich zwar diese Stimme um mich herum, doch durch die Spiegel müsste ich es mitbekommen, wenn der Besitzer versucht sich mir zu nähern. Andererseits komme ich dem Ausgang nicht näher, wenn ich hierbleibe. Doch ohne Plan weiter zu laufen und zu riskieren, dass ich der Person direkt in die Arme laufe wäre auch nicht sonderlich intelligent.

Kurzerhand entscheide ich mich dazu, mich langsam vorzutasten. Ich bemühe mich, meine Füße so sachte wie möglich abzusetzen, um auch bloß keine Geräusche von mir zu geben, während ich mein bestes gebe, um meine Sinne zu schärfen, um auf alle möglichen Überraschungen gewappnet zu sein.

Zwar ist es mir möglich, mich weiterhin leise fortzubewegen ohne, dass die Stimme näher zu kommen scheint, doch das ungute Gefühl in meinem Magen ist inzwischen zu einem Gefühl nahe einer Ohnmacht geworden, das mich an meinen Sinnen zweifeln lässt. Dazu kommt, dass ich glaube inzwischen vollkommen die Orientierung verloren zu haben.