Kapitel 3

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Als ich mit meinem Vater in unserem Audi saß, bekam ich doch etwa Angst. Ich weiß schon gar nicht mehr wie es ist auf einer Schule zu sein, von so vielen Gleichaltrigen umgeben zu sein. Nach meiner Diagnose wollten meine Elter so viel Zeit wie möglich mit mir verbringen. Sie waren sehr überfürsorglich. Das ist kein Vorwurf. Aber ich konnte ihnen  meine waren Gefühle nie wirklich schildern ihnen ging es eh schon so schlecht. Deswegen das Grab...Ich kann einfach reden, ohne mir Sorgen machen zu müssen, was andere von mir denken oder mich rechtfertigen zu müssen.

"Papa, wieso wollt ihr mich jetzt auf einmal wieder auf die Schule schicken?", fragte ich als meinen Gedankengang beendet hatte. Ich versteh ihren Meinungswechsel nicht. Sie haben sich immer am meisten gesorgt, wie meine Mitschüler mich behandeln würden. Aber woher weiß man schon, wie man jemanden behandelt, der an Krebs erkrankt. Verhält man sich normal und versucht strikt das entsprechende Thema zu meiden, spricht man sein Beileid aus oder vermeidet man den Blickkontakt? Ich glaube alle Möglichkeiten können den anderen nur verletzen. Meinen Eltern war es, glaube ich, besonders wichtig, dass ich mich so normal wie möglich fühlte. Aber die Erkrankung ist nun mal nicht normal. Und egal wie sehr man sich versucht einzureden, dass man noch normal ist, desto weniger fühlt man sich so. Und leider erleichterte das ihr Verhalten auch nicht gerade. Als mir auffiel, dass er immer noch nicht geantwortet hatte, wiederholte ich meine Frage. Ich legte währenddessen meine Hand auf seine Schulter, allerdings traten ihm Tränen in die Augen, weshalb ich sie schnell wieder wegzog.

Wir kamen gerade am Parkplatz des Einkaufszentrums an, als er erklärte: "Ich weiß, dass wir dich die Zeit nach der Diagnose sehr eingenommen haben und das tut mir leid. Ich...". Aber ich unterbrach ihn gleich wieder: "Bitte entschuldige dich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass es für euch nicht leicht gewesen ist und ich habe die gemeinsame Zeit mit euch genossen." "Ich wünschte du hättest eine schönere Kindheit gehabt. Wann bist du so erwachsen geworden? Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie stolz ich auf dich bin. Wir wollen dir mehr Freiraum geben, den hast du verdient. Und wir dachten die Schule sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir, und auch du, sollten nicht mehr so sehr aufeinander angewiesen sein. Du hast es verdient einen Abschluss an einer Schule zu machen und nicht von uns Zuhause unterrichtet zu werden. Du verdienst es auch deine erste Liebe zu finden und Liebeskummer zu haben, der gehört dazu. Ich will nur, dass du weißt, wie sehr wir dich lieben. Wir werden dich bei jeder deiner Entscheidungen unterstützen.", meinte er. In der Zwischenzeit hatte auch ich Tränen in den Augen. Normalerweise versuchen wir das Thema zu vermeiden, weil sie mir nicht vor Augen führen wollten, was ich verpasse. Aber ich bin froh, dass er es getan hat.

Ich nahm seine Hand in meine und drückte sie. "Danke...Das beschreibt nicht mal ansatzweise wie viel mir das bedeutet...Ich hab dich lieb." Ich wischte mit meinem Handrücken seine bereits getrockneten Tränen weg: "Genügend Tränen für heute vergossen. Kümmern wir uns um eine vollständige Schulausstattung. Ich will doch nicht auffallen, weil ich nicht weiß, was man in der Schule benötigt", zwinkerte ich ihm zu. Ein lächeln umspielte seine Mundwinkel. Er lacht nur noch sehr selten, weshalb ich diese Momente um so mehr genieße. Wir stiegen also aus und steuerten in Richtung des Einkaufszentrums. Hier war ich schon ewig nicht mehr. Das war früher mein Lieblingsort, um mich mit meiner besten Freundin zu treffen. Naja, meine damalige beste Freundin. Wir haben uns nie zerstritten aber ich wollte nicht auch noch, dass sie ihr Leben in Krankenhäusern verbringen muss. Also habe ich nie auf ihre Anrufe und Nachrichten reagiert. Meinen Eltern sagte ich, dass sie ein Auslandsjahr machen würde. Somit hatte ich eine Begründung, dass sie mich nicht besuchte. Aber ich vermisste sie all die Jahre.

Wir schlenderten also erstmal an mehreren Kleidergeschäften vorbei als ich in der Ferne mein damaliges Stammcafé sah. Normalerweise mag ich keinen Kaffee. Also eigentlich trinke ich nie Kaffee. Aber wer kann Starbucks Kaffee schon ablehnen. Bevor mein Vater also nein sagen konnte schleppte ich ihn schon in Richtung Café. "Wir haben nicht mal angefangen und du brauchst schon Stärkung?", fragte er lachend. Was mich wiederum zum Lachen brachte. "Ach komm schon, du brauchst doch auch einen. Ich habe dich schon hinter vorgehaltener Hand gähnen sehen.", sagte ich grinsend. Woraufhin er natürlich erstmal verneinte.

Ich laß mir gerade das Angebot durch, als ich eine Stimme hörte, die mir bekannt vorkam. Ich drehte mich vorsichtig um und sehe Laura mit einigen Gleichaltrigen in unserer Ecke sitzen. Sie sieht glücklich. Ich lächelte. Genau das habe ich mir für sie gewünscht. Wir der Zufall es aber so will, scheint sie meine Blicke wohl auf sich gespürt zu haben und blickt auf. Ihr lächeln verrutscht, doch mehr bekam ich nicht mehr mit. Mein Vater stieß mich mit seinem Ellenbogen in die Seite, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich bestellen könne. Daraufhin drehte ich mich also um und bestellte einen Caramel Frappuccino.


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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 17, 2018 ⏰

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