Kapitel Elf: Bundi

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Das Jahr des Wüstenfuchses

Mit zitternden Händen räumte Bundi die letzten Bücher in die Regale. Niemals hätte sie gedacht, dass sie sich dem Widerstand anschließen und ihm dabei helfen würde, den König zu stürzen.

Als sie mit dem Sortieren der Bücher fertig war, schloss sie die Tür der Bibliothek hinter sich ab. Sie lief die geschwungene Treppe hinab und schlug am Fuße der Stufen den Weg nach links ein. Sie gab sich Mühe, normal und unauffällig zu laufen, doch je mehr sie sich auf einen lockeren Schritt konzentrierte, desto ungelenker und ungewöhnlicher wurden ihre Bewegungen. Der Gang führte am Thronsaal vorbei und zu einem kleinen Treppenhaus, das in diesem Stockwerk an den Saal angrenzte und ihn durch eine kleine Tür zugänglich machte. Im unteren Stock befand sich der Dienstboteneingang.

Ihr Herz pochte. Die Treppe, die zum Hinterausgang führte, wirkte bedrohlich, obwohl sie sie jeden Tag nahm. Jedoch war sie noch nie hier entlang gegangen, um Feinde hineinzuschleusen. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen.

Es liefen viele Wachen durch den Palast, doch bisher hatte sie keine Aufmerksamkeit erregt. Bundi blickte über das Geländer und sah am Ende der Treppe eine Wache, die sich umguckte.

Ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus. Die ganze Sache war weit aus schwieriger, als sie Anfangs gedacht hatte. Aber warum machte sie sich eigentlich solche Sorgen? Sie durfte hier sein! Sie war eine Bedienstete des Königs! Gut, sie beabsichtigte, ihn zu stürzen, aber das wusste ja niemand.

Langsam ging sie weiter nach unten und betete, dass die Wache sie nicht fragen würde, was sie hier machte und einfach den Raum verließ. Zu ihrem Glück bewegte sich die Wache wirklich auf den Ausgang zu und Bundi lief die letzten Stufen schnell nach unten, gepackt von einem plötzlichen Schwall von Erleichterung. Nur noch wenige Schritte und...! Sie stolperte über ihre eigenen Füße und landete unsanft auf dem Boden.

Blitzschnell drehte sich die Wache um und entdeckte die junge Bibliothekarin auf dem Steinboden. „ Was machen Sie hier?", brüllte er und ging auf sie zu.

Schnell stand Bundi wieder auf ihren Beinen, die zwar schmerzten, aber das war ihr in diesem Moment egal. „ Ich soll hier eine Lieferung abholen", erklärte sie sich und klopfte sich den Staub von der Kleidung.

„ Heute ist keine Lieferung eingegangen", stutzte die Wache und musterte sie mit einem bösen Blick. Seine Hand wanderte zu seinem Schwertgriff. Er schien zu wissen, wer sie war und, dass der König ein Auge auf sie geworfen hatte. Sekou, der eigentlich diese Rolle hatte übernehmen sollen, war schließlich doch ausgeschieden, weil er durch sein Verhalten bereits den Zorn des Königs auf sich gezogen hatte und bei den Wachen als Unruhestifter bekannt war. Sie hatten gehofft, dass Bundi noch nicht eine solche Bekanntheit genoss, doch offensichtlich schien auch sie bereits unter Beobachtung zu stehen.

Der Wächter vor ihr war in höchster Alarmbereitschaft und Bundi sah nur einen Ausweg, wie sie dieser Gefahr entkommen konnte.

Sie rannte auf den Dienstbotenausgang zu und riss die Tür auf. Der Wächter stürzte mit gezogenem Schwert hinter ihr her.

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