? - Reflecting - ?

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Mit schmerzenden Augen wachte Klengan auf, pünktlich um 9:30 Uhr.
Müde rieb Klengan sich seine verheulten, leicht trockenen und roten Augen.
Erschöpft stand er auf, schleppte sich ins Badezimmer und duschte ausgiebig.
Danach putzte er sich seine Zähne und kämmte sich seine Haare.
50,6 kg - Das stand heute auf der Waage.
Nachdem er sich angezogen hatte, schlurfte er müde ins Wohnzimmer.
Das vertraute Piepen kitzelte sein rechtes Ohr.

,,Hey", begrüßte ihn eine honigweiche Stimme am anderen Ende der Leitung.
,,Hi", grüßte Klengan zurück und die Stimme kicherte.
,,Noch müde?", fragte die Person am anderen Ende der Leitung und Klengan gähnte bestätigend.
,,Du Alec, willst du morgen vielleicht mal kurz vorbeikommen? Ich muss heute erst mal nachdenken und mich sortieren, deswegen wäre mir morgen ganz recht", fragte Klengan und Alec bejahte.
,,Nehm' dir Zeit und lass es ruhig angehen. Wenn du reden willst, dann kannst du mich immer erreichen", sagte Alec und die beiden verabschiedeten sich voneinander.

Nachdem sich Klengan mit dem Zeug für die Uni und dem Schnitt von unfertigen YouTube-Videos auseinander gesetzt hatte, beschloss er, etwas abzuschalten.
Er nahm sich einen Stift und ein liniertes Blatt Papier, auf welches er seine Gedanken schrieb.
"Lieber Timon,
bist du dir sicher? Dachtest du wirklich, dass dein Leben nahtlos verläuft?
Es hat doch keinen Sinn mehr. Warum quälst du dich noch?
Reflecting? Das ist es nicht, was du hier tust! Du reflektierst weder deine Gedanken noch sonstiges!
Das einzige, was du hier tust, ist verrückt werden. Oh ja, ganz langsam, aber sicher, drehst du durch!
"I need to flee! I need to get out of here, out of my godforsaken mind!" ist alles, was du dir einredest.
Aber was ist eigentlich dein Ziel im Leben? Glücklich sein? Sag' mir, funktioniert es?
Nein! Es funktioniert nur, wenn du den Grund für deine Verzweiflung vergraben hast!"
Klengan hörte auf zu schreiben.
Was tat er hier eigentlich?

Im Regal stand noch eine einzige Flasche Wodka.
Diese hielt Klengan wenige Augenblicke später in der Hand.
Die Flüssigkeit brannte in seinem Hals.
»Alkohol hat ziemlich viele Kalorien. Egal, wenn ich heute und morgen faste, habe ich das wieder ausgeglichen«, dachte Klengan und nahm noch einen Schluck aus der Flasche.
Bilder rasten dem Studenten durch den Kopf, Wortfetzen und Passagen aus längst vergilbten Büchern.
Was verwirrte ihn denn so? Wo lag der Fehler?
Lag es an der Trennung vom Heider? Oder an der Tatsache, dass er jetzt mit seinem Seitensprung eine Beziehung führte?
Wo war der Virus, der den Computer befallen hatte? Wo war der Knick in der Buchseite?

,,Ich muss es ruhig angehen", murmelte Klengan, während er die leere Wodkaflasche auf die Arbeitsfläche in der Küche stellte.
Benommen torkelte er ins Badezimmer, wo er sich erstmal übergab. Es war das erste Mal seit langem, dass er sich ohne eigenen Eingriff erbrach. Klar, früher hatte sein Körper auch von alleine gespuckt. Aber auch nur, weil ihm durch das Erbrechen davor eingeredet wurde, dass die Nahrung das Gift war, welches rausmusste.
Woran kann man Erfolg eigentlich messen? An der Anzahl, wie oft man durch Nahrungsmangel umgekippt ist?
Oder wie oft man sich die Finger in den Rachen gejagt hat? Oder vielleicht, wie oft man sich die Arme aufgeschnitten hat, um sich selbst zu zerstören? Vielleicht aber auch daran, wie viele Finger man braucht, um seinen Oberarm zu umfassen. Keiner konnte das wissen.
Eventuell brauchte man auch nur einen Thigh gap und schon war man erfolgreich.
Müde tapste Klengan zurück ins Wohnzimmer.

Klengan öffnete SoundCloud auf seinem Handy und spielte den Song "Are you serious" von PINK GUY ab.
Leicht aggressiv sang er die Lyrics mit.
"Stay the fuck out of my business!
I don't fuck with pu§§ies, call me gay!
I don't fuck with cunt$, call me a homo!
Like, oh my lord, are you fucking serious?!", sang Klengan und die Wut, die er immer so brav runtergespielt hatte, kochte nun hoch.
,,Warum bin ich nur so ein Versager?!", schrie er wütend und mehrere Tränen liefen seine Wange hinab.
Immer noch verzweifelt, lief Klengan in sein Zimmer und nahm sich seine Kamera.
Er drückte auf dem roten 'Record'-Button, drehte das Display so um, dass er sich sehen konnte und dann begann er zu reden. Er redete einfach drauf los, ohne Punkt und Komma.
Als das Video eine halbe Stunde lang war, hörte er auf zu reden und schloss die Kamera an seinen Computer an.
Nach mehreren Stunden Schnittarbeit war es fertig. Doch Klengan lud es nicht hoch.
Stattdessen landete es in seinem vollen Ordner für fertige Videos, welche er aber nicht hochladen wollte.

Ausgelaugt und kaputt putzte er sich noch rasch seine Zähne und zog sich um, bevor er sich ins Bett fallen ließ.
Zum Glück verhalf ihm der Alkohol schnell in einen tiefen Schlaf.
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(Wortcount: 790 words)

"I make myself sick" | Klengan & Der Heider FanFiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt