Kapitel 7

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Aufgeregt starrte ich die Bürotür von Maria an und erhoffte, dass sie sich selbst öffnet.

Ich pack das schon

Während ich überlegte, was mich gleich erwarten würde, wurde die schwere Tür aufgerissen und ich wisch kreischend zurück.

Maria sah mich entnervt an und rückte ihre Brille zurecht. "Hattest du vor noch weitere zwei Stunden vor der Tür zu stehen?"

Beschämt blickte ich auf meine Schuhspitzen. Murrend packte sie mich am Arm und zog mich in ihr Büro. Bevor sie jedoch die Tür schloss warf sie noch einen Blick auf den menschenleeren Gang.

"Setz dich doch"

Bevor sie mich wieder anmeckern konnte stürmte ich förmlich auf den Sessel zu und setzte mich.

"Ich komme direkt zum Punkt.", redete sie direkt los und sah mir direkt in die Augen, was mich total nervös machte. "Du beherrscht keines der vier Elemente. Abgesehen davon unterscheidest du dich äußerlich von den ganzen Schülern, was du selbst bestimmt auch schon bemerkt hast."

Verständnislos sah ich sie an und runzelte die Stirn. 

"Was hat das denn jetzt zu bedeuten?"

" Wie gesagt, du beherrschst keines des Elemente. Du bist etwas ganz anderes.", fing sie an zu erzählen. "Vor vielen Jahren gab es die letzten von deiner Sorte, jedoch wurden sie grausam ermordet."

Es lief mir eiskalt den Rücken runter, während ich sie erschrocken ansah.

"Jeder von "euch" beherrscht etwas anderes. Zum Beispiel konnten die einen Gedanken lesen und wer anders konnte die Menschen so steuern wie sie es gerne hätten. Und genau das ist das gefährliche", sagte sie und lies sich nicht von meinen Blicken beeinflussen. "Ich kann dir nicht sagen, was genau du kannst. Das wird sich irgendwann selbst zeigen, wenn du dazu bereit bist."

"Und was soll ich jetzt machen?", murmelte ich und blickte sie traurig an.

"Ich habe es direkt gemerkt, als ich deine Augen gesehen habe. Wenn man die Wahrheit heraus findet, bringen sie dich wie alle anderen um.", antwortete sie gelassen und rieb sich die Stirn. "Du musst untertauchen. Du verwandelst dich. Ich finde du hast es verdient zu leben"

Ich lachte trocken und sah sie genervt an. "Ist dir eigentlich bewusst, was du da gerade von dir gibst? Ich bin seit nicht mal einer Woche hier und du meinst ich soll verschwinden. Ich weiß nicht mal was ich bin"

"Du bist auf dieser Akademie komplett falsch. Du musst verschwinden, ob du willst oder nicht"

"Wie komme ich hier raus?"

"Weiß ich nicht. Was meinst du denn, warum bist jetzt keiner der Schüler versucht hat zu flüchten? Die Akademie befindet sich in einer Glaskugel, die nicht verlassen werden kann"

Lachend sah ich sie an und hob meine Augenbraue.

"Und wie bin ich dann bitte hier rein gekommen?"

"Schüler die hier eigentlich unterrichtet werden sollten kommen ohne Probleme rein. Mehr kann ich dir leider nicht sagen. Probier selbst aus hier raus zu kommen, aber lass dich nicht erwischen"

"Wird bestimmt ein Kinderspiel", murmelte ich.

Ich nickte ihr zu und verließ das Büro. 

Ich muss sofort hier weg

In meinem Zimmer griff ich nach meinem Rucksack und füllte diesen mit den wichtigsten Sachen. Ich konnte unmöglich mit meinem Koffer flüchten.

"Was tust du da?"

Ich wirbelte herum und lies versehentlich den Rucksack aus meiner Hand fallen.

"Ich...Ich packe die Sachen, die ich erstmal nicht brauche in meinen Rucksack", rief ich Aria zu, die mit einem Teller voller Süßspeisen das Zimmer betrat. Schnell legte sie diesen auf ihren Schreibtisch und lief auf mich zu.

"Aha, du brauchst also dein Shampoo und deine Zahnbürste die nächste Zeit nicht?", fragte sie und hielt mir diese vors Gesicht. 

"Doch natürlich", murmelte ich und riss ihr das Shampoo aus der Hand.

"Ist alles okay mit dir?", fragte sie besorgt und probierte mir ins Gesicht zu gucken.

Ich wirbelte herum und biss die Zähne zusammen.

"Würde es dir was ausmachen, mich mal kurz alleine zu lassen?"

"Dann gehe ich halt. Kein Problem", murmelte sie und verließ unser Zimmer.

Nachdem sie die Tür hinter sich zuschlug sank in mich zusammen und fing hemmungslos an zu weinen. Ich lies alles raus, was sich in den letzten Tagen angestaut hatte. Mit verschwommener Sicht versuchte ich die Nummer meiner Mutter zu wählen, doch sie ging nicht ran. 

Ich schaffe das

Schnell rappelte ich mich auf und wischte mir die Tränen von meinem Gesicht. Schweigend packte ich weiter meinen Rucksack.

Mit angewinkelten Beinen saß ich nun seit Stunden auf meinem Bett und blickte zweifelnd die tickende Uhr an. 

18:58 Uhr.

Zum Abendessen wollte ich nicht erscheinen. Weshalb ich alleine in meinem Zimmer saß und auf den richtigen Zeitpunkt wartete. Als es an der Tür klopfte stand ich so schnell auf, dass mir schwarz vor Augen wurde, weshalb ich mich wieder fallen lies. 

"Jessica? Ich habe dir was zum essen gebracht. Aria meint, dass es dir nicht so gut gehen soll"

Hope stand besorgt an der Tür und lief schnell auf mich zu, als ich sie dankend anlächelte. Sie stellte den vollen Teller auf meinem Nachttisch ab und setzte sich zu mir. 

"Bist du krank?"

"Nein, ich habe nur ein wenig Bauchweh", antwortete ich und griff nach dem Teller. 

"Ich muss dann auch leider wieder los, aber wir sehen uns bestimmt morgen im Unterricht"

Zum Abschied winkte ich ihr zu und aß alles auf. 

Mittlerweile war es schon 23:36 Uhr und Aria schlummerte schon tief und fest.

Während ich mir so leise wie möglich den vollen Rucksack über die Schulter warf und den von mir geschrieben Brief auf ihren Nachttisch legte, sah ich sie das letzte mal an. Traurig strich ich ihr durch ihre Locken. Ohne noch zurück zu blicken öffnete ich das quietschende Fenster und hielt inne. Vorsichtig stieg ich hinaus und sah nach unten. Ich musste schlucken.

Wenn ich jetzt falle, sterbe ich. Da bin ich mir sicher

Ohne zu überlegen schloss ich das Fenster so gut wie möglich wieder und kletterte runter, was zwar ein bisschen lange dauerte, aber nicht allzu schwer war. Erleichtert sprang ich ab und landete auf der Wiese hinter der Akademie. Schwer atmend band ich mir mein langes Haar zu einem strengen Zopf und rannte los. Hinter dem Gebäude befand sich ein kleiner Wald, in dem man sich aber nicht wirklich verirren konnte. Ich hoffte nur, dass mich niemand hörte. Es war stock dunkel. Ich hörte nichts außer die knackenden Äste unter meinen Schuhen und das wehen der Bäume. Es war so still, dass es mir sogar unheimlich wurde. Doch dann knallte ich gegen die Glasscheibe, von der mir Maria erzählt hatte. Ich presste die Lippen zusammen und rieb mir die Stirn. Glücklich lies ich meinen Rucksack von meiner Schulter fallen und überlegte, wie ich hier raus kommen könnte. 

Doch dann hörte ich Schritte, die direkt hinter mir verstummten. 


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Broken Angel (Pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt