Kapitel 8

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Nach einigen Tagen war Harry komplett in den Tagesablauf integriert. Das bedeutete, dass er wesentlich mehr Freizeit hatte, als mit Ginny. Gelegentlich sagte er mit einem Lachen, dass er und Teddy für Nate wie zwei weitere Kinder waren. Aber er genoss es, morgens neben ihm aufzuwachen. Wenn er abends nicht zu lange wach war, wachte er noch vor Nates Wecker auf und beobachtete ihn. So zart und unschuldig wie er wirkte, konnte er sich nicht vorstellen, wie ihm jemand Böses tun konnte. Gelegentlich machte Harry mit den älteren Kindern einen Ausflug, um die Umgebung zu erkunden. Als die Briefe von Hogwarts kamen, nahm er Fynn, Paul, Alannys, Scorpius und Teddy, sowie die vier neuen Erstklässler Cathrine, Tyler und die Zwillinge Camilla und Milo in die Winkelgasse mit. Nate bewegte sich nur äußerst ungern in der magischen Welt. Ständig wurde er mit Malfoy angesprochen und es war eine seltsame Mischung aus Bekanntem und Wunderbarem. Als sie zurückkamen, die jüngsten Vier ganz aufgedreht, spielten die Anderen nicht draußen und auch Nate war nirgends zu sehen. Auch die neun Kinder bei Harry wurden still. Vorsichtig gingen sie ins Haus und setzten sich zu den Anderen, die auf und um das Sofa herum lagen. Verwirrt setzte Harry sich dazu. Es wurde kein Wort gesprochen, bis ein fremder Mann die Treppe hinunter und aus der Tür stürmte. Nach weiteren fünf Minuten erhob sich Fynn und verschwand nach oben, Harry folgte ihm in einigem Abstand. Als er oben angekommen war stand die Tür zu Nates Zimmer offen, Fynn bezog das Bett neu und die Dusche lief. „Fynn?" Harry konnte ahnen, was gerade passiert war. „Geh runter. Ich mach das hier. Du solltest nicht für sowas verantwortlich sein." Fynn nickte. „Dad hasst es, dass wir ihm helfen müssen." Harry hörte, wie Fynn nach unten ging und seine Geschwister nach draußen scheuchte. Es wurde so still, dass Harry jedes Geräusch aus dem Bad wahrnehmen konnte. Es war nur sehr schwach, aber er wusste, dass Nate unter der Dusche weinte. Schließlich kam er in sein Zimmer, wo Harry auf ihn gewartet hatte. Er sah ganz normal aus. „War das..." „Ja." „Darf ich..." „Bitte." Vorsichtig drückte Harry ihn. „Ein Mann?" „Nicht exklusiv." Nate rieb sein Becken. „Darum habe ich mir angewöhnt, auf dem Bauch zu schlafen." „Duschst du, damit sie dich nicht hören?" „Unter anderem." Sie schwiegen eine Weile. „Harry?" „Ja?" „Danke."

Nach der Episode wurde Harry von den Jungs in den Ablauf für solche Situationen eingeweiht. Sie waren glücklich, die Verantwortung zumindest auf Zeit abgeben zu können, und Harry war froh, es ihnen abnehmen zu können. Sie sollten so etwas weder sehen noch erleben müssen. Aber er wusste, dass es anders nicht möglich war. Nates Fähigkeit, danach sofort wieder zu funktionieren, als ob nichts geschehen war, brachte ihn dazu, ihm noch mehr Respekt entgegenzubringen, als er sowieso schon tat. Das er genug Kraft hatte, den Kindern ein guter Vater zu sein. Harry erinnerte sich, dass Nate gesagt hatte, dass er die Kraft von den Sternen bekam. Sowar er nicht überrascht, als er nachts aufwachte und Nate nirgends sah. Leise schlich er in den Garten, um ihn dort stehen zu sehen, den Blick zum Himmel gerichtet. Wortlos stellte er sich neben ihn und schaute in den Nachthimmel auf. Nachdem rund eine Stunde vergangen war, nahm er schließlich Nates Hand und führte ihn zurück ins Schlafzimmer. Befriedigt beobachtete er, wie sich Nates mandelförmige Augen, die im Mondlicht immer wie reines Silber aussahen, schlossen und er an Harry gedrückt, einschlief.

Ginny kam, um sich zu entschuldigen. „Bitte! Ich weiß, dass ich mich unvernünftig verhalten habe, aber ich kann nicht mitansehen, dass du bei Malfoy leben musst." Zweifelnd blickte Harry zu Nate, der neben ihm stand. „Tu, was immer du für richtig hältst", sagte er lediglich und verschwand im Haus. „Ernsthaft?! Du musst ernsthaft überlegen?!" Harry schüttelte genervt den Kopf. „Schläfst du nicht lieber im Bett, als auf dem Sofa?" „Ich schlafe im Bett." Sie schrie auf. „Unter was für einen Fluch hat er dich gesetzt, dass du mich abweist?!"

Er war total betrunken. Der letzte Streit mit Ginny hatte seine Selbstbeherrschung über den Haufen geworfen und den Abend hatte er sich dem Alkohol zugewandt. Zunächst hatte es ihn überrascht, dass Nate überhaupt welchen hatte, da er ihn noch nie trinken gesehen hatte, aber irgendwann war ihm das egal gewesen. Nate hatte ihm stillschweigend zugesehen und dafür gesorgt, dass er die Kinder nicht störte. Nun saßen sie alleine im Garten. „Wieso ist sie so... doof?", lallte Harry maulend. „Du wirst morgen einen sehr großen Kater haben." „Nate..." Harry riss ihn am Kragen zu sich runter. „Warum kann sie nicht so sein wie du?" Er zog noch mehr. „Warum bist du nicht sie?" „Du bist betrunken." Nate wandte sein Gesicht von Harrys ab, der nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war. „Bin ich nicht ... Nate..." Lustvoll presste er seine Lippen auf Nates, bevor dieser wegziehen konnte. Schnell stieß er Harry von sich weg. „Nein." Harry verzog das Gesicht. „Aber ich mag dich." „Das ist der Alkohol und deine Frustration. Morgen wirst du mir dankbar sein, dass ich das gemacht habe." Er zog ihn in sein Zimmer, stellte einen leeren Eimer neben das Bett und verschloss, nachdem er das Zimmer verlassen hatte, die Tür. „Ich kann nichts dafür, dass ich nicht so perfekt bin wie du!", rief Harry ihm hinterher, bevor er auf Bett fiel und augenblicklich einschlief.

Mit hämmerndem Kopf wachte Harry am späten Nachmittag auf. Fast sofort beugte er sich über den Bettrand, nahm den Eimer und übergab sich. Stöhnend wankte er zur Tür, den Eimer in der Hand. Sie war verschlossen. „Nate!", beschwerte er sich so laut, wie sein Kopf es zuließ. Kurze Zeit später öffnete sich die Tür. „Du bist aufgewacht. Mit einem Kater", fügte er, mit Blick auf den Eimer, hinzu. „Leg dich ein bisschen in die Sonne. Ich bringe dir etwas zu essen", wies er ihn an und reichte ihm Ohrstöpsel, die Harry dankend annahm. „Warum war die Tür verschlossen?" Nate drehte sich um und wollte gehen. „Warst du schon mal so betrunken?", fragte Harry schnell, um das Thema zu wechseln. Tatsächlich lachte Nate. „Ich habe noch niemals auch nur einen Tropfen Alkohol zu mir genommen."

Draco, bist du fertig?" Er verließ sein Zimmer, fertig gestylt für das formale Essen mit Voldemort und seinen Todessern. Obwohl Draco alle enttäuscht hatte, bestand Voldemort darauf, ihn bei solchen Veranstaltungen dabei zu haben. Ungeduldig zog seine Mutter ihn in das große Esszimmer, wo schon alle Gäste anwesend waren. Seine Ankunft wurde mit Gebuhe begleitet und er wurde mit heißen Blicken verfolgt. „Narcissa, Draco", begrüßte Voldemort sie. Er griff an Dracos Kragen und riss ihn zu sich. Draco wandte den Kopf ab. Er konnte ihn nicht ansehen und sein Geruch verursachte leichte Übelgefühle bei ihm. Voldemort fuhr mit seiner knochigen Hand Dracos Hals entlang. „Die Puppe sitzt neben mir", verkündete er und Draco ließ sich gezwungenermaßen neben Voldemort, der am Tischende Platz genommen hatte, und gegenüber seines Patenonkels Severus Snape nieder. Aufgrund seines zarten Körperbaus wurde er oft als puppenähnlich bezeichnet. Kaum da er sich hingesetzt hatte, erschienen Seile aus dem Nichts und hielten seinen Oberkörper und Beine am Stuhl fest. Voldemort hatte Dracos Zauberstab in der Hand und hob damit mit etwas Druck Dracos Kinn an. „Ich glaube, der bleibt eine Weile bei mir", stellte er höhnisch fest. Es gab wenig Schlimmeres, als keinen Zauberstab zu besitzen. Das schien er zumindest zu meinen. „Essen!" Alle Teller füllten sich augenblicklich mit herrlichen Speisen und in den Gläsern war teuerster Wein. Mit einem Schlenker seines eigenen Zauberstabs ließ Voldemort Dracos Essen und Trinken wieder verschwinden. „Kein Alkohol für undankbare Kinder." Dracos Magen knurrte. Normalerweise bekam er jeden Morgen genügend Zutaten, um für sich und seine Kinder Essen für den Tag zubereiten zu können, aber an solchen Tagen waren es zu wenige. Natürlich gab er den Jungs Essen, er selbst verzichtete. Draco war sechzehn. Nachdem das Essen beendet war, rief Voldemort einen Hauselfen herbei, um Draco zurück in sein Zimmer zu bringen, bevor der wichtigste Teil des Abends beginnen sollte. Sorgfältig verschloss der Hauself die Tür hinter Draco, der sich, immer noch ohne Zauberstab, auf Bett fallen ließ. Es war spät genug, dass Fynn und Paul schon schliefen und er wollte sie nicht aufwecken. Während er nicht da war, kümmerten sich Hauselfen um die Beiden. Sie hatten ihm auch das Kochen beigebracht und ihm anvertraut, dass sie seine kleine Familie – seine Eltern zählte er schon lange nicht mehr dazu – sehr gerne hatten, und es, soweit es für sie möglich war, missbilligten, wie diese versuchten, ihn zu verändern; seine ruhige, ausgeglichene Art in eine hochnäsige.

Dieses mal war er mitgenommener als sonst. Er ließ es sich nicht anmerken, aber Harry konnte Blutergüsse und Striemen auf seiner sonst makellosen Haut erkennen. „Soll ich...", begann Harry vorsichtig. „...was dagegen tun?", doch Nate schüttelte den Kopf. „Es wird auch so verheilen. Aber vielleicht könntest du mir trotzdem helfen: sie hat mir irgendeine Flüssigkeit verabreicht, und ich würde gerne wissen, was das war." Harry nickte besorgt. „Organisierst du einen Babysitter, dann nehme ich dich mit nach St.Mungo." „Dad!", erklang es von unten. „Neue Schwester!" „Natürlich." Nate ging nach unten.

Unexpected Neighbour (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt