Max

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Annika und Sebastian Müller saßen nervös auf dem Stuhl und unterschrieben den Vertrag. Frauke Parker ging mit den beiden den Vertrag noch einmal durch und erklärte die letzten Details. „Gut, dann heißen wir Max bei uns willkommen. In zwei Wochen kann er zu uns kommen. Er wird sicherlich drei Wochen lang Spaß haben und ihnen hinterher nur von uns vorschwärmen." Sie lächelte und reichte den Eltern die Hand. Max stand die ganze Zeit schüchtern hinter seiner Mutter und schaute vorsichtig über ihre Schulter. „Komm doch einmal bitte zu mir, Max. Ich habe zur Begrüßung noch eine Überraschung für dich." Als er das Feuerwehrauto in ihrer Hand entdeckte, war das Eis gebrochen. „Danke", schrie er vor Freude und spielte sofort los.

Max's Eltern gaben ihren Sohn in die Ferienbetreuung der Basis. Die Verabschiedung der Familie ging sehr schnell. Mir viel auf, dass Max erstaunlich viele Sachen dabei hatte. Die Eltern umarmten den Jungen und saßen beim nächsten Atemzug schon im Auto.

Eigentlich war es der Fall, dass die Mütter immer weinten, wenn sie ihre Kinder hier abgaben. Die Väter boxten ihre Söhne leicht in die Schulter und nannten sie Großer und ihre Töchter Prinzessin. Hier jedoch war es anders, es machte mich stutzig. Frauke schloss den kleinen Max sofort in ihr Herz.

Die drei Wochen vergingen wie im Flug und Max hatte sich richtig gut entwickelt. Am Anfang klammerte er an Fraukes Bein und hielt dabei immer das Feuerwehrauto fest in seiner Hand. Jetzt, am Ende der dritten Woche läuft er mit den anderen Kindern im Kreis uns spielt fangen. Und in diesen Tagen ist mir auch ein Funkeln in Fraukes Augen aufgefallen.

Es war Zeit Max nach Hause zu entlassen. Seine Eltern sollten ihn um zwölf Uhr abholen, mein Blick auf die Uhr verriet mir, dass sie zu spät waren. Max klammerte auf Fraukes Schoß und weinte, so gut es ging versuchte sie ihn abzulenken. Im Büro suchte ich nach der Telefonnummer der Eltern, doch die eine Nummer war nicht mehr vergeben und die andere Nummer war ungültig. Mit einen Kopfschütteln gab ich Frauke zu verstehen, dass ich die beiden nicht erreichen konnte. 

„Was machen wir jetzt?", fragte ich leise nach und sah zu wie Frauke ihn in ihr Bett legte und zudeckte. „Wir müssen die Polizei verständigen." Doch Frauke unterbrach mich schnell: „Nicht so schnell, lass uns doch erst einmal abwarten, vielleicht stehen sie im Stau, oder sie hatten eine Panne." Da ich wusste, dass ich sie nicht umstimmen könnte, nickte ich kurz und ging auf den Balkon.

„Süße, ich verstehe dein Bedenken, aber bitte lass uns bis morgen warten. Wenn sie bis dahin nicht kommen, dann rufen wir die Polizei... Und jetzt komm mit." Mit diesen Worten küsste sie mein Hals und zog mich mit auf das Sofa.

„Warum kuschelt ihr?", weckte uns Max am nächsten Morgen. „Ach Max, wenn man jemanden mag, dann darf man auch mal kuscheln", versuchte Frauke zu retten. Und schon im nächsten Moment lag Max zwischen uns nahm sowohl mich als auch Frauke in eine feste Umarmung. „Mama und Papa haben nie so mit mir gekuschelt. Ich musste immer alleine mit meinem Schnuffel kuscheln." Fraukes Augen strahlten.

Meine Frau spielte mit Max und den anderen Kindern im Wald, als ich mit der Polizei redete. Ich gab ihnen die Kontaktdaten und wartete auf ein Ergebnis. Nach einer halben Stunde baten mich die Polizisten Frauke zu holen.

„Es tut mir leid, wenn wir das jetzt sagen müssen, aber, es gibt keine Annika und Sebastian Müller. Es sind gefälschte Identitäten. Wir werden den Jungen mitnehmen." „Nein, er bleibt hier!", stieß Frauke von sich. Sie war sichtlich nervös und den Tränen nahe. Ich verstand ihre Angst nicht. „Süße, das ist das beste. Die Polizei wird die Eltern finden und dann kann er wieder zurück zu seinen Eltern." Die Polizisten schauten sich kurz an: „So einfach ist das leider nicht. Wir werden gleich schauen in welche Pflegeeinrichtung er kann und dann beginnt für uns die eigentliche Arbeit." „Verstehen sie mich bitte nicht falsch, aber ich denke, es wäre für ihn das Beste, wenn er hier bei uns bleibt. Wissen sie, er ist sehr schüchtern und zu mir hat er vertrauen. Sobald sie mehr wissen, können sie ihn hier abholen. Wir sind schließlich auch ein Waisenhaus. Wir haben qualifiziertes Personal, ich werde mich persönlich um ihn kümmern. Jederzeit mit Rücksprache mit den Behörden." Ein Polizist telefonierte und bestätigte kurz danach Fraukes Vorschlag.

„Max, deine Eltern haben den Flieger verpasst und kommen später, das heißt du darfst noch ein paar Tage bei uns bleiben", sie erklärte Max die Situation kindgerecht. Max reagierte mit einer weiteren kräftigen Umarmung, er freute sich.

„Frauke, wir können ihn hier nur ein paar Tage aufnehmen, bitte schließe ihn nicht all zu sehr in dein Herz", versuchte ich ihr zu erklären als wir abends zusammen am Tisch saßen. „Du verstehst es nicht, oder? Die Eltern werden nicht kommen!" „Wie kommst du darauf?", wollte ich wissen. „Die beiden waren damals bei der Anmeldung sehr nervös und bei der Verabschiedung des Kindes sehr distanziert und kühl. Sie haben Max ausgesetzt!" Mit diesen Worten schockte sie mich. Den ganzen Abend diskutierten wir über Max und seine Eltern und so langsam verstand ich Fraukes Ansichtspunkt.

Die Polizei fand seine Eltern bis heute nicht.

another ParkerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt