Kapitel 4 - Planungsphase

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Was war daran so falsch? Nur weil er zu Nightraid angehörte, hieß es nicht, dass wir ihn gleich töten mussten! Ich verstand Wave nicht! Deshalb war ich doch auf die Jagd gegangen; um Tatsumi zu finden - der scheinbar zu einem Mitglied unserer Feinde geworden war. Doch diese Tatsache sollte nichts an meiner Liebe zu ihm ändern. Mit der Zeit würde er sich uns schon unterwerfen, und dann

Ach ja, und dann würde alles nur noch perfekt sein

"Esdeath! Warte!" Waves Stimme hallte durch den langen Korridor des Palastes und erreichte letztendlich meine Ohren. Ich stöhnte und drehte mich zu ihm um.

Er wirkte völlig durchgeschwitzt und ausgepowert. Als habe er gerade mit dem gesamten Nightraid-Team gekämpft. Vielleicht sollte ich das Training härter nehmen, damit meine Kameraden nicht so schnell aus der Puste kommen, wenn sie etwas von mir wollen.

"Was ist denn nun schon wieder? Wolltest du nicht mit Kurome auf Patrouille gehen? Aber nein, stattdessen rennst du mir schon den ganzen Tag hinter her!" Ich verdrehte die Augen, nachdem Wave eingeschnappt die Arme vor der Brust verschränkte und aus dem großen Bogenfenster neben ihm blickte.

"Also was ist jetzt? Ich habe noch einiges zu erledigen."

"Ja, wie zum Beispiel unseren Feind ficken!", schrie er förmlich in mein Gesicht.

Völlig erschrocken von seiner Aussage schossen meine Augenbrauen in die Höhe. Wut entflammte in meinem Inneren, die ich nur mit Mühe unterdrückte. "Wie war das gerade?", knurrte ich leise und bedrohlich. "Du hast doch keine Ahnung von der Liebe!"

Wave wich einen Schritt zurück, wenn gleich seine Meinung wenig Beeindruckung zeigte. "Werde nicht gleich so giftig. Ich bin immerhin nicht der einzige, der mit deiner Entscheidung nicht einverstanden ist. Ich meine, ihm am Leben lassen? Nach alldem, was Nightraid uns angetan hat, dem Kaiserreich angetan hat? Kurome hat vorgeschlagen, dass wir ihn als Köder gegen Akame benutzen. Die Idee finden die anderen gar nicht mal so schlecht. Das wäre doch die Chance, Nightraid zu fassen - oder nicht?" Im Laufe des Gesprächs nahm seine Stimme einen immer selbstsicheren Ton an, so dass ich ebenfalls an dem Plan gefallen fiel - doch was würde geschehen, wenn dieser fehlschlug? Dann würde ich Tatsumi verlieren, schon wieder.

Normalerweise kümmerte ich mich nicht so sehr um die möglichen Fehlschläge eines Planes, aber dieser bot ein hohes Risiko an. Tatsumi zu verlieren, war viel zu riskant.

"Ich fürchte, das wäre zu gefährlich. Was ist, wenn dabei Tatsumi verloren geht?", sprach ich meine Gedanken laut aus.

Wave zog die Brauen leicht verärgert zusammen. "Ich kann dich ja verstehen. Du liebst ihn scheinbar wirklich sehr, aber durch ihn könnten wir so viel erreichen -"

Wie zum Beispiel eine Familie aufbauen, dachte ich mir wehmütig.

"Akame! Was ist passiert? Wo ist Tatsumi?" Schon von weiten sah ich Akame kommen und rannte ihr sofort entgegen, so schnell mich meine Beine tragen konnte, das Herz schlug mir bis zum Hals - ich erwartete das Schlimmste.

Meine Freundin blieb neben einer alten Tanne stehen, wo sie Murasame in das Holz bohrte, dann mit der Stiefelspitze gegen eine herausragende Wurzel trat.

"Akame?", fragte ich besorgt. Unruhig stieg in von einem Fuß auf den anderen und wartete eine Antwort ab. Wieso sagte sie nichts?

Es herrschte Stille. Eine Krähe landete auf dem niedrigsten Ast der Tanne, krähte zwei, drei Mal, dann breitete sie ihre Flügel aus und hob an. Akame und ich sahen ihr schweigend nach. Als der Vogel nur noch ein schwarzer Fleck auf dem strahlend blauen Himmel darstellte, wandte sie den Kopf in meine Richtung. "Leone?"

"Ja?", rief ich hoffnungsvoll, doch ihr Blick sagte das Gegenteil aus.

"Auf der Jagd wurden wir von Esdeath überrascht. Sie war verdammt stark, und Tatsumi..." Ihre Stimme erstarb. Sie legte ihre recht Hand um den Griff des Katanas und zog ihn wieder heraus.

"Tatsumi ist tot?" Beinahe verschluckte ich mich bei den Worten. Schlagartig brannten mir die Augen. Ich biss mir auf die Unterlippe, um Tränen zurückzuhalten. Wie konnte das nur

"Nein. Er lebt noch. Aber Esdeath hat ihn mitgenommen."

Obgleich das ebenfalls schlechte Neuigkeiten waren, fiel mir ein Stein vom Herzen und ich lächelte leise. "Dann müssen wir ihn wohl wieder daraus holen!", bestimmte ich mit fester Stimme und schenkte Akame ein entschlossenes Grinsen. Mit vereinten Kräften würden wir die Sache schon schaukeln.

Sie sah mich kalt an und mein Grinsen erstarb. Wortlos lief sie an mir vorbei. Verblüfft schaute ich ihr nach, wie sie Kurs auf unser Hauptquartier nahm. Was war denn das gerade?

Akame ga KILL - Esdeath x TatsumiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt