Prolog - Erwache, kleines Licht

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Prolog - Erwache, kleines Licht

Chīsana Hikari

Das Erste was sie in ihrem kurzen Dasein wahrgenommen hatte, woran sie sich wirklich erinnerte, war Schmerz. Einen Schmerz, der nach einer gefühlten Ewigkeit ein Teil von ihr wurde. Am Anfang war eine Leere. Das Nichts selbst umhüllte sie und umarmte sie wie eine liebevolle Mutter. Dann wurde die Leere zu einem dunklen Gefängnis für sie und mit der Dunkelheit erklang eine Stimme zunächst in weiter Ferne, die immer näherkam. Sie sprach für sie in einer ihr fremden Sprache. Obwohl vermutlich jede Sprache ihr fremd sein würde, wusste sie instinktiv, dass ihr Geist noch nie Worte geformt hatte und erst lernen musste sie zu verstehen. Mit der Stimme kam der Schmerz. Sie sprach sanft und doch erfüllte es sie mit Furcht. Als das kleine Licht zum ersten Mal die Augen öffnete, kannte sie nur Schmerz und Furcht. Und blickte in die Augen genau jenem Mann, der ihr nur Schmerz und Leid brachte. Seine glühend roten Augen und seine sanfte Stimme ließen ihren zierlichen Körper erbeben. Eine Kälte kroch sich durch ihre Knochen und dann kehrte der Schmerz zurück. „Du gehörst mir...", raunte ihr Peiniger. Niemals würde sie ihn und seine Worte vergessen. Es waren die ersten Worte, die sie in vernommen hatte.

Sie konnte nicht sagen, wie lang sie ihm gehörte. Zeit spielte für ihn keine Rolle und somit auch nicht für das kleine Licht. Wenn sie es in Worte fassen müsste, dann würde sie es eine schmerzvolle Ewigkeit nennen. Die Ewigkeit in ihrem dunklen Gefängnis. Mit Körper und Geist hat er sie besessen und mit jeder weiteren Ewigkeit Stück für Stück zerbrochen. Es sollte sie eigentlich nicht weiter kümmern. Schließlich kannte sie nichts anderes, doch da war etwas... etwas das auch er in ihr sah. Gerade deshalb nannte er sie kleines Licht. Ganz tief in ihr war ein Licht, ein Licht das verriet, ein Leben ohne Leid wäre sehr wohl möglich. Doch der Wille ihm zu entrinnen, war niemals zu vor so groß gewesen, bis zu jenem Moment als ihr tiefste Inneres zu ihr sprach. Als ihr Körper erneut vor Pein zitterte und ihr Geist drohte lautlos ihr Leid herauszuschreien, durch drang ein grelles Licht ihr inneres Auge. Die Dunkelheit war plötzlich verschwunden und die Luft war von einer Ruhe erfühlt und dann sah sie ihn. Eine kühle Brise wehte zu ihr heran. Erleichtert atmete das kleine Licht auf. Es war der Wind, ein Wind den sie eigentlich nicht kennen konnte, hatte sie niemals zuvor im Freien gestanden. Doch wie viele Male zuvor, kannte ihr Unterbewusstsein was ihr Geist wahrnahm. Plötzlich lenkte ein Kinderlachen ihre Aufmerksamkeit von ihrer unerwarteten Freiheit ab. Hastig schaute sie woher sie die neuerlichen Geräusche gehört hatte. Ein Mann mit einem Kind, einem Knaben. Der Mann war groß besaß kräftige Schultern, aber eine schmale Taille. Sein Gesicht konnte sie nicht sehen, stand er mit dem Rücken zu ihr hüfthoch im Wasser eines großen Sees. Der kleine Junge blickte lächelnd und lachend über seine Schulter zu ihr hinüber. Er wirkte glücklich sie zu sehen und streckte begierig die Arme nach ihr aus, als wollte das Kind sie zu sich rufen. Ihr Herz pochte so schnell, dass sie unwillkürlich ihre Hände an die Brust presste und verunsichert auf ihre Unterlippe biss. Beide besaßen dieselbe silbergrauen und zerzauste Haare, die in jeder Himmelsrichtung abstanden. Ohne es wirklich zu wissen, wusste sie instinktiv das es Vater und Sohn sein mussten. Der Junge bäumte sich weiter über die Schulter des Mannes und dessen Lippen formten Worte, die sie nicht hören konnte. „Wa... was willst du mir sagen", rief sie mit kratziger Stimme. Nicht oft bekam sie die Gelegenheit ihre Stimme zu nutzen. „Was sagst du da", durch drang die allzu vertraute Stimme die bis dahin beruhigende Stille. „Kleines Licht", raunte er ihr ungehalten ins Ohr. Der wunderschöne Anblick von Vater und Sohn zerbrach in viele Teile, wie ein Spiegel, fielen die Scherben, die Scherben ihrer langsam aufkeimenden Hoffnung, hinab. „Kleines Licht", murmelte er und sie spürte seine Hand an ihrer Kehle. „Du gehörst mir...", kaum merklich nickte sie wimmernd und eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinab. Sie blickte die die glühend roten Augen. Verhasst und gefürchtet. Das war der Beginn. Der Beginn ihrer Geschichte und in diesen Augenblick wuchs der bedingungslose Wunsch dieses Kind entgegen zu rennen und in die Arme schließen zu können. Sie wusste es einfach. Das war ihr Ziel, ihr Weg und ihr Lebensinhalt. Sie musste einfach entfliehen.

Die Flamme von Konoha [Kakashi X Oc] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt