mcgonagall

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Der Mond stand schon hoch oben am Horizont, als er einen geheimnisvollen Schein durch die alten Fenster von Hogwarts warf.
Es waren einige Lampen angeschaltet worden, sodass es im Zimmer der Direktorin nicht allzu dunkel bleiben würde.
Die vielen Portraits der verstorbenen Direktoren hatten schon ruhig und seelig geschlafen, doch nun machte Minerva McGonagall gerade etwas Krach, worauf einige der Vorgänger empört ihre Köpfe hoben.
Der Löffel in der Tasse machte laute klirrende Geräusche, als sie den Zucker im Tee immer und immer wieder herumrührte.
Ihr Gast blickte etwas genervt zu der alten Dame, während sie sich keine Eile machte.
McGonagall nahm einen ersten Schluck des heißen Getränks und stellte dann die verschnörkselte Tasse wieder zurück auf ihre Untertasse.

Die Lehrerin hatte sich in der späten Stunde dazu entschieden Draco Malfoy zu sich zu rufen.
Nun gab es noch einige Angelegenheiten, die sie mit dem Schüler besprechen musste, bevor er in den Schulalltag übergehen konnte.
Draco war dieses Jahr kein normaler Absolvent von Hogwarts.
Im ganzen und großen würde dieses Jahr auch nicht normal werden.
Minerva stand vor vielen wichtigen Aufgaben, welche sie noch bewältigen musste.
Genauso wie das Zaubereiministerium.
Keiner wusste genau, wie die Zukunft ihrer Welt aussehen würde.
Es war ein starrer Blick ins dunkle Ungewisse, wenn man über die Zukunft nachdachte.

Noch einmal trank sie den warmen Kräutertee, bevor ihre Aufmerksamkeit sich dann auf den blonden Jungen richtete, der schon seit einigen Moment stumm in ihrem Büro verweilte, wartend darauf dass sie erklären würde worum es sich hier handelte.
Draco wirkte nicht so grimmig, wie er es sonst immer getan hatte.
Er sah krank aus.
Abgemagert und ausgelaugt.
Ein komisches Gefühl kroch durch den Körper der Direktorin.
Es war beinahe Mitleid.
McGonagall hatte stets versucht alle Schüler gleich zu behandeln, auch wenn sie Hausleiterin von Gryffindor gewesen war.
Aber bei dem jungen Malfoy war es ihr besonders schwer gefallen vernünftig und fair zu handeln.
Nun wirkte es, als ob sie ihn vielleicht mit ganz anderen Augen sehen könnte.

"Draco," fing sie an und faltete ihre alten faltigen Hände.
Malfoy trat von einem auf den anderen Fuß.
Die trostlosen grauen Augen wandten sich augenblicklich zu der Schulleiterin.
Er reckte mit letztem Stolz seinen Kopf nach oben und schluckte.

"Ich habe sie hierher gerufen, da es noch einige Angelegenheiten gibt, die offen stehen und von welchen sie erfahren sollten," fuhr Minerva fort.
Sie hatte ihren Zauberstab gezückt, kurz eine leichte Bewegung damit gemacht, worauf nun eine kurze Rolle Pergament herbeigeflogen kam und sich selbstständig aufrollte.
Draco runzelte ernst die Stirn und musterte kritisch das Papier, als es sich zu McGonagall drehte, sodass nur sie es lesen konnte.

"Es ist nicht selbstverständlich, dass sie dieses Jahr wiederholen dürfen, Malfoy.
Dessen sind Sie sich sicher bewusst, nicht wahr?"
Prüfend rückte die Schulleiterin ihre Brille zurecht, als sie einen Blick auf den Slytherin erhaschte.
Der Blonde zuckte lustlos mit den Schultern.
Seine Mundwinkel schienen von Moment zu Moment immer tiefer und tiefer zu sinken.
"Ich habe die Pflicht Sie darauf aufmerksam zu machen, dass in diesem Jahr besonders streng auf Ihr Verhalten geachtet wird."

Draco presste die Lippen aufeinander.
Sein Blick wanderte abwesend hinauf zu den vielen verschiedenen Bilder.
Nachdenklich blieben die schwarzen Pupillen bei dem Portrait des letzten Schulleiters hängen.
Der strenge Ausdruck von Severus Snape war perfekt auf das Gemälde übertragen worden.
Auch die schwarzen strähnigen Haare samt dem Mund, der nicht viel mehr als ein Strich gewesen war, kamen exakt so zum Vorschein, wie er auch in Echt aufgetreten war.
Draco vermisste ihn nicht wirklich, aber es schlich sich ein Gefühl von Traurigkeit in seinen Körper.
Traurig, weil er an die dunkle Zeit zurückdenken musste, die viele Opfer gefordert hatte.
Er dachte viel zu oft darüber nach, als das es sein junger Kopf ertragen könnte.
Seine Eltern schienen alles zu verdrängen und zu vermeiden, was mit ihren Schandtaten zu tun hatte, dabei hatten sie nicht mitbekommen wie ihr eigener Sohn sich immer mehr verkroch und nur für sich sein wollte.
Draco hatte sich in den letzten Wochen daran gewöhnt allein zu sein.
Er hatte sich auch daran gewöhnt abwertend angeschaut zu werden, sobald er in die Öffentlichkeit trat.
Für ihn würde es nichts neues sein, wenn McGonagall ihn nun auch noch zurechtweisen würde.
Wie es schon so viele versucht hatten ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er Schuld an all dem trug.
Dass das Grauen erneut passiert war.
Als ob er es nicht selbst wüsste, was er getan hätte.

thaw | draco malfoy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt