malfoy manor

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Nervös lugten die braunen Augen zum wiederholten Mal auf die Armbanduhr. Der Zeiger wollte sich einfach nicht von der Stelle bewegen. Die Sekunden zogen sich dahin wie Kaugummi und die Minuten fühlten sich wie eine Ewigkeit an. Noch zwei Stunden würde es dauern, dann wollte Elinora Marchbanks sich auf den Weg machen, um zu der besagten Beerdigung zu gehen. Ihre schwarze Kleidung hang ordentlich an der Tür. Die Kopfbedeckung, die sie tragen würde, starrte die Hexe seit Stunden an.
Es beruhigte sie nur ein wenig, dass das Hütchen mit Netz bestickt war, sodass man ihr Gesicht womöglich nicht sofort erkennen konnte.
Denn Elin war sich nicht ganz sicher, ob sie das überhaupt wollte.
Warum ihr Kopf entschieden hatte zu der Beisetzung einer Frau zu gehen, die wahrscheinlich nicht einmal mehr von ihre Existenz gewusst hatte, wusste sie auch nicht.
Eigentlich tat Marchbanks das alles nur aus Intuition.
Einen plausiblen Grund gab es dafür nicht.

Wie erwartet, klopfte es an der grünen dunklen Holztür.
Ihr Kopf war hochgeschnellt, der Rücken hatte sich gerade gerückt.
Ein angebundenes "Herein" erklang aus der trockenen Kehle.
Während die Tür sich öffnete und der Besuch eintrat, nahm Elin einen Schluck Wasser aus ihrem Glas, dass seit Stunden vor sich hin vegetierte.
Laute Geräusche drangen von draußen in das stille Büro der Chefin.
Als der Zauberer in dem weißen Kittel das alte Holz wieder ins Schloss fallen ließ verschwand der Lärm wieder.
"Leofwine," schnaufte Marchbanks, als ihr Bruder mit ernster Miene näher trat und ohne Aufforderung einen Stuhl nahm, um sich ihr gegenüber niederzulassen.
Sie blinzelte kurz, sagte natürlich nichts, schließlich war sie diese überrumpelnde Art ihres großen Bruders gewohnt, und beugte sich dann ein wenig über ihre großen Schreibtisch.
"Du hast angerufen," bemerkte Elin, um seinem stummen Mund einen Laut zu entlocken. Leof schüttelte seinen Kopf um die wirren Haare aus dem Gesicht zu bekommen, doch es half nichts. Sein Gesicht wirkte ein wenig faltiger, als beim letzten Treffen und es traten vermehrt graue Strähnen auf seinem Wuschelkopf auf. Ihr Bruder wirkte geschafft. Wie eh und je. Sie war es mittlerweile nicht mehr anders gewohnt.
"Was willst du denn?"
Die Augen des Zauberers wanderten immer noch unablässig durch das edle Büro, als ob er die Ausstattung noch nie gesehen hätte. Dabei war Leofwine schon unzählige Male hier gewesen.
"Muss ich ein Anliegen haben, um meine Schwester zu besuchen?"
In seinem Gesicht zuckte kein einziger Muskel. Der Mund blieb zu einem Strich verzogen.
"Wenn du mich in meiner Arbeitszeit störst, dann schon," brummte seine Schwester genauso begeisterungslos.
"In deiner Arbeitszeit, hm? Wie ich gehört habe willst du auf die Beerdigung von Narzissa Malfoy gehen. Und zwar in deiner Arbeitszeit."
Vorwurfsvoll wurde Elin von ihrem Bruder gemustert.
Empört schnappte die Hexe nach Luft. "Charlie hat dir davon-"
"Natürlich hat er," fiel Leofwine ihr ins Wort, als ob es das selbstverständlichste auf Erden wäre.
Elinora schnaufte. Es war offensichtlich, dass sie genervt darüber war, wie ihr Ex-Verlobter und ihr großer Bruder immer noch sämtliche Dinge austauschten, die nicht selten sie selbst betrafen.
"Ist das der Hut den du trägst?", griff Leofwine ohne zu Fragen zu der dunklen Kopfbedeckung auf dem Tisch. "Na, der wird Draco aber nicht gefallen. Ist ja grässlich das Ding."
Marchie knurrte gereizt und riss ihm kurzerhand den Hut wieder aus den Händen. "Es geht nicht darum, dass es ihm gefällt."
"Du kannst ja nicht mal seinen Namen aussprechen," machte der Zauberer sich über sie lustig.
Elins Kiefer spannte sich an.
"Ach, ich verstehe. Deswegen auch der Netzstoff. Du willst gar nicht, dass er dich sieht. Du willst ihn nur beobachten."
"Du redest über mich, als wäre ich ein dummes Mädchen, dass irgendeinem Jungen hinterhertrauert."
"Ist es nicht auch so? Oder warum ist in all den Jahren danach alles in deinen Beziehungen schief gegangen?"
"Du bist noch schlimmer geworden, als Mum und Dad es jemals zusammen sein könnten, du Eisblock!"
Elin schnaubte gereizt und schaute zum erneuten Mal auf ihre Armbanduhr.
Ihrem Bruder fiel nur ein ratloses "Pff" ein. Offenbar hatte seine kleine Schwester ihn tatsächlich stumm gestellt.
Marchie war aufgestanden und zu einer der vielen Kommoden gelaufen, offenbar auf der Suche nach irgendwelchen Unterlagen.
Eigentlich wollte sie nur beschäftigt wirken, denn vor seinem Eintreten hatte Elin es mit einer ganz anderen Arbeit zu tun gehabt.
Aber sie hoffte ihren Bruder zum Gehen bewegen zu können, wenn er merkte, dass sie einiges zu tun hatte.
"Ich bin kein Eisblock. Im Gegensatz zu dir bin ich in all den Jahren erwachsen geworden."
"Erwachsen nennst du das also?
Sind wir gerade dabei uns all die psychischen Probleme an den Kopf zu werfen, oder weshalb bist du hier?"
"Du solltest nicht zu dieser Beerdigung gehen," beteuerte Leofwine standhaft, doch war die Stimme auch etwas unsicherer geworden.
"Ich werde es tuen, egal was du sagst oder mir an den Kopf wirfst.
Du denkst ich wäre verkorkst, nur weil ich dort hin gehe?
Schau doch mal in einen Spiegel, Leofwine.
Keine Emotionen auf deinem Gesicht.
Manchmal glaube ich sogar, dass deine Schultern sich beim Atmen nicht einmal bewegen oder deine Augen nicht ein einziges Mal blinzeln müssen.
Ja, womöglich habe ich das Bedürfnis Draco mal wieder zu sehen, um zu wissen, was aus ihm geworden ist.
Mehr ist aber auch nicht.
Denkst du ich weiß nicht, dass er geheiratet hat und Vater ist?
Die Tatsache, dass es damals so abrupt mit ihm geendet hat, hat nichts damit zu tun, dass ich privat keinen festen Partner an meiner Seite habe! Also lass mich in Frieden und kümmere dich um deine eigenen Probleme. Und verschwinde jetzt, sonst hole ich den Sicherheitsdienst, denn du gehst mir gehörig auf die Nerven!"

thaw | draco malfoy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt