Kapitel 10

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PoV Elijah

"Wer stößt sich denn mit dem kleinen Zeh am Schrank im Flur und hüpft anschließend lautquiekend wie ein kleines Mädchen durch die Gegend?"

Mit diesen Worten gibt sie mir ein Kuss auf die Wange, dreht sich um und verlässt die Wohnung.

Leider liegt das Gymnasium genau in der entgegengesetzten Richtung wie das Krankenhaus, sodass wir nie zusammen mit der Bahn zu unserem jeweiligen Arbeitsplatz fahren können. Aber zum Glück brauchen wir für die Strecke ungefähr gleich lange, sodass ich, zumindest wenn ich Frühschicht habe, gemeinsam mit Katie aufstehen und frühstücken kann.

Unsere Haltestellen liegen direkt gegenüber, sodass ich Katie wenigstens die zehn Minuten Fußweg von unserer Wohnung bis dahin begleiten kann.

Da sie mich einfach hat stehen lassen, muss ich mich beeilen, um meine Bahn noch rechtzeitig zu schaffen.

Auf dem Weg zum Krankenhaus kommt mir wieder in den Sinn, dass ich mich heute von Dr. Paige ja durchchecken lassen wollte. Vielleicht ist ja doch nichts und es waren nur harmlose Kopfschmerzen, aber ich bin ein Mensch, der lieber auf Nummer sicher geht. Deswegen bin ich froh, dass ich Dr. Paige kurz vor meiner Pause noch auf dem Gang getroffen habe.

,,Hallo Dr. Paige, haben sie heute zufällig noch einen Termin frei?", frage ich sie auch sofort. ,,Da müsste ich nachschauen, aber ich denke, gegen 14 Uhr müsste ich Zeit haben. Kommen sie einfach vorbei wenn sie Zeit haben" ,,Ja, ich habe heute Nachmittag frei, deshalb passt es heute ganz gut." "Sehr gut, dann trage ich sie gleich in den Terminkalender ein." Ich nicke ihr zu und drehe mich um, um meine Visite fortzusetzen, aber ich bin nicht ganz bei der Sache, denn jetzt holt mich die Angst ein.

Was ist, wenn es wirklich etwas ernstes ist? In dem theoretischen Teil meines Studiums habe ich in einem der Lehrbücher gelesen, dass ständige Kopfschmerzen und Schwindel Anzeichen für ein Tumor sind. Aber ich habe auch gelesen, dass Symptome Persönlichkeitsveränderungen, Übelkeit und Taubheit in den Gliedmaßen sind. Und das ist bei mir nicht der Fall.

Durch einen plötzlichen Gedanken zucke ich zusammen: ich habe auch gelesen, dass man so etwas vererben kann und ich meine mich vage daran zu erinnern, dass der Mann meiner Oma an solch einem Tumor gestorben ist. Oh nein, bitte nicht. Das kann nicht sein. Aber egal wie der Befund ausfallen wird, ich möchte auf gar keinen Fall eine Strahlentherapie machen. Das kann und will ich mir und vor allem nicht Katie antun.

Das ist das erste Mal, dass ich froh bin, das ich endlich Pause habe und renne schon fast den Gang zur Radiologie entlang. Jeder weitere Schritt, den ich mache, fühlt sich schwerer und schwerer an und es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis Dr. Paige die Blutwerte ermittelt hat und wir endlich richtig anfangen können. Während der Behandlung habe ich mein Zeitgefühl verloren und deshalb bin ich froh, dass wir nach gefühlten Stunden endlich fertig sind.

"Wenn du willst - ich darf dich doch duzen - kannst du dann nach Hause gehen und ich schicke dir den Befund in zwei bis drei Tagen." Froh, endlich heim zu Katie zu können, nicke ich und gehe zur Tür hinaus.

Aber bevor ich die Tür hinter mir schließe, winke ich Elisabeth nochmal kurz zu und aber sie guckt nur mit leicht zusammengekniffenen Augen auf den Bildschirm ihres Computers.

Hätte ich Elisabeth noch zehn Sekunden länger angeschaut, hätte ich sie geschockt nach Luft schnappen hören und gesehen, wie sie ihre Hand in die Unterlagen krallt.

Fast so vergänglich wie Sonnenstrahlen am StrandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt