Kapitel 2: „Annäherung"

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„Ich... äh... suche die Toilette...", sagte Elena leicht erschrocken, während sie sich umdrehte. Eine bessere Lüge war ihr auf die Schnelle nicht eingefallen. Als sie realisierte, wer da gesprochen hatte, erstarrte sie.

Vor ihr stand Damien Rekkon und lächelte. Er war deutlich größer, als sie gedacht hätte und sah von nahem noch besser aus. Seine blonden Haare waren elegant zurückgekämmt. Er trug eine graue Anzugsweste und darunter ein strahlend weißes Hemd.

Sein Lächeln beruhigte Elena aber überhaupt nicht. Es machte sie sogar noch nervöser. Etwas stimmte nicht. Doch sie konnte nicht sagen was.

„Sollten Sie nicht gemerkt haben, dass dies nicht die Toilette ist, als Sie durch das Schlüsselloch spähten?", fragte Rekkon. Sein Ton war freundlich, auch wenn er eine Spur Sarkasmus enthielt. Elena errötete. Er hatte sie also bemerkt und sogar gezielt auflaufen lassen. Und sie war natürlich direkt in die Falle getappt. Fieberhaft überlegte Elena, wie sie die Oberhand in dem Gespräch zurückgewinnen konnte.

„Sie haben mich ertappt, ich habe nicht die Toilette, sondern Sie gesucht. Ich wollte Sie einfach unbedingt kennen lernen! Sicherlich wissen Sie, wer ich bin?". Vielleicht würde Rekkon sie so für einen der Gäste halten und sich auf einen kurzen Plausch einlassen. Ein Versuch war es allemal wert und mit den Gästen, die nicht von der Presse waren, schien er ja auch zu reden.

Rekkon lächelte immer noch: „Natürlich. Sie sind von der Presse."

Elena merkte, wie ihr die Situation immer weiter entglitt. Woher wusste er das?

„Bitte, setzen Sie sich doch.", fuhr Rekkon fort, „Ich habe mich hier schließlich nicht zurückgezogen  um weitere unangenehme Gespräche zu führen."

Die freundliche Einladung kam überraschend, war Elena schließlich mehr oder weniger eingebrochen und hatte seine Privatsphäre gestört. Außerdem gehörte sie zu der ihm so verhassten Presse.

„Möchten Sie etwas trinken?"

Elena schüttelte den Kopf: „Nein danke, nicht bei der Arbeit."

Rekkons lächeln verschwand auf der Stelle: „Sie sollten besser Feierabend machen. Ansonsten sind Sie hier nicht willkommen." Seine Worten waren deutlich und hart. Elena konnte förmlich die Kälte spüren, die er in diesem Moment ausstrahlte. Sie fühlte sich in seiner Nähe unwohl. Gleichzeitig hatte er aber eine magische Anziehungskraft. Er war so interessant und geheimnisvoll. Ein Mysterium, das Elena unbedingt lösen wollte.

„Na dann werde ich wohl etwas Wodka auf Eis nehmen und meinen Job mal Job sein lassen.", sagte sie und lächelte ihn an.

Sofort erwiderte Rekkon ihr lächeln.

Und jetzt erkannte Elena, was sie an ihm störte.

Er lächelte zwar, doch seine Augen taten es nicht. Als wäre es eine perfekt einstudierte Geste, ohne tatsächlich dahinterstehende Emotion. Das lies das Lächeln ein wenig furchteinflößend wirken und führte dazu, dass Elena eine leichte Gänsehaut bekam. Er wurde immer interessanter.

„Danke.", entgegnete sie ihm, als er ihr das Glas mit der durchscheinenden Flüssigkeit reichte.

„Gut, Sie wissen also, warum ich heute Abend hier bin. Darf ich fragen, warum Sie hier sind?"

Rekkon hatte sich auf der Couch gegenüber von ihr niedergelassen und ließ Elena keinen Augenblick aus den Augen.

„Fragen Sie mich das als Reporterin oder als interessierter Gesprächspartner?"

Mit der ausgestreckten Hand ließ Elena die Eiswürfel in ihrem Glas klirren: „Keine Reporterin heute Abend."

Rekkon beugte sich vor und tat so, als wolle er mit ihr anstoßen. Doch kurz vorher zog er seine Hand ein Stück zurück.

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