•▪Kapitel■8▪•

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Rhaen schwieg und Senan wusste, dass es schwer zu akzeptieren war.
So sanft er sie jetzt auch behandelte, die Vision hatte klar gezeigt, dass dies in Zukunft keineswegs mehr der Fall sein würde.
Er würde weder emotional, noch sanft sein.
Er würde ihr wehtun.
Aber er würde bei ihr bleiben.

"A...Also rate ich mal, wir gehen...trainieren...", schlug er dann vor und erhob sich langsam.
Senan folgte ihm zu der versteckten Kammer, die Illidan ihnen beschrieben hatte, damit sie ungestört und vor allem unbemerkt trainieren konnten.

Und das taten sie.
Wiederholten und feilten alle ihnen bis jetzt bekannten Attacken und Ausfallschritte, bis sie endlich sicherer und schneller kamen.
Kayn würde stolz auf sie sein...aber Loxyn war sicherlich nicht zufrieden mit ihrer neuen Art von Training.

"Wir sollten...nach ihr sehen...", meinte Senan leise, als sie sich schwer atmend auf den Boden fallen ließen.
Ja, Elfen hatten eine beeindruckende Ausdauer, fünf Stunden am Stück hatten sie geübt, bis ihnen langsam aber sicher die Anstrengung auf den Brustkorb fiel.
"Sie...ist sicher selbst...am trainieren...würden nur...stören...", schaffte Rhaen zu erwidern, unregelmäßig unterbrochen von seinem mühevollen Luftholen.
"Und wenn nicht?"
"Auch dann...würde ich lieber noch...ein bisschen hierbleiben...mit dir..." Er grinste kurz, ließ seine Gleven verschwinden und zog sie in seine Arme.
Der leicht würzige Geruch nach Schweiß und Wald umfing sie und Senan genoss diesen Geruch.

Nur ein paar Tage zuvor hatte sie nicht erwartet, jemals etwas anderes zu sehen als die Foltergeräte, ihre Eltern, das graue Haus und die vertrocknete Ebene und den sich niemals ändernden Himmel.
Jetzt war sie hier, durfte sich bewegen so viel sie wollte, reden, lieben, sich wohl fühlen.

Rhaen küsste zärtlich die Träne weg, die über ihre linke Wange rollte und drückte sie noch fester an sie. "Denkst du an deine Eltern?"
"Ein bisschen.", gab sie zu und legte ihren Kopf in seine Halsbeuge. "Danke, dass du hier bist."
"Gerne doch.", erwiderte er flüsternd und atmete dann lange aus. "Weißt du, ich komme nicht ganz klar damit, was für ein Arschloch ich später sein werde.", wechselte er das Thema. "Ich will mich dir gegenüber nicht so benehmen."
"An manchen Dingen kann man rütteln, Rhaen, wie man auch an Visionen zweifeln kann.", versuchte sie ihn zu beruhigen. "Vielleicht können wir dich festigen, damit du nicht so wirst."
"Das bezweifle ich. Visionen zeigen immer eine unumgehbare Zukunft voraus.", winkte Rhaen ab. "Aber wer sagt denn, dass ich nicht irgendwann wieder zu Verstand komme?"
"Auch wieder wahr...", gab Senan zu und sprang von ihm weg, als Schritte ertönten.

Gerade rechtzeitig, denn Illidan war derjenige, der die Kammer betrat.
Sofort fielen die beiden Rekruten auf die Knie.

"Es ist bereits Abends.", begann der Halbdämon mit seiner rauen Stimme. "Da niemand außer mir weiß, wie man diese Kammer öffnet, bin ich persönlich gekommen. Geht zum Essen und sucht mich dann wieder auf. Wir werden über eure Lager sprechen."
"Wie Ihr wünscht, Fürst Illidan." Rhaen stand auf und nickte Senan zu, dass sie das ebenfalls tun konnte.
Gemeinsam verließen sie dann die versteckte Kammer und wandten sich dem Weg in die Haupthalle zu.

Diesmal saßen alle Illidari hier, eine Armee an Elfen hätte man es nennen können.
Es war, als hätte jemand ein Bankett aufgestellt, um jeden Kämpfer Illidans zu sättigen, und dann noch Reste übrig zu haben.

"Da ist Loxyn.", sagte Rhaen leise und zeigte auf die rotgelockte Illidari, die erschöpft über ihrem Essen kauerte und einschlafen würde, wenn Allari sie nicht jedes Mal am Arm packen und erschrecken würde.
"Ich will gar nicht wissen, was sie heute durchgemacht hat...", murmelte Senan mitleidig. "Wenn sie schon nach dem Gleventraining so erschöpft war..."
"Sie packt das."
"Aber du weißt, dass sie das alles eigentlich gar nicht will, oder?"

Rhaen schwieg.
Das Thema war auch bezüglich der Vision gefallen.
Ja, noch wusste und berücksichtigte er das, doch in Zukunft würde es ihn nicht scheren...

"Gehen wir.", sagte er stumpf, ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her zu Loxyn.
Die Blicke der bereits sitzenden Illidari folgten ihnen lange und spätestens, wenn sich Kopf und Augen nicht weiter drehen konnten, wandten sie sich wieder ihrem Essen zu.

"Hmmmh, da seid ihr endlich.", gähnte Loxyn, schob sich ein Stück Fleisch in den Mund und kaute langsam darauf herum.
"Ja, wir waren mit Training beschäftigt.", entschuldigte Senan sie beide müde lächelnd. "Fürst Illidan musste persönlich vorbeikommen, um uns Bescheid zu geben."
"Musste?", fragte Allari verwundert. "Er hätte einfach jemanden schicken können."
"Er war der einzige, der wusste, wo wir waren.", erwiderte Rhaen und widmete sich ebenfalls seinem Essen.

Misstrauisch betrachtete Senan den ungewöhnlich glitzernden Braten und konzentrierte sich auf einen der glitzernden Punkte.
Wie erwünscht erschienen die weißen Zeichen, doch sie waren groß geschrieben und blinkten.
'GIFT!', stand da.
Alarmiert packte sie Rhaens Hand.
Der Illidari sah überrascht zu ihr und entgeistert stellte sie fest, dass er bereits kaute.
Sie schielte zurück auf den Braten.
'TÖDLICH', 'TODESSTARRE' und noch andere Worte standen dort, doch zusammengefasst war das Gift dafür gedacht, Rhaen zu töten.

"Spuck das aus, Idiot!", zeterte sie leise und rammte ihm einen Ellenbogen in die Brust.
Überwältigt von ihrer Schlagkraft und dem Schmerz spuckte er das Fleisch tatsächlich wieder aus.
"Was zur...Hölle...Senan...?" Anklagend starrte er sie an, unterbrochen von starkem Husten.
"Du kannst nur hoffen, dass du Glück hast!", fauchte sie ihn an, Tränen der Verzweiflung über ihre Wangen laufend, während Loxyn, Allari und auch Rhaen sie verständnislos beäugten. "Das blöde Essen ist vergiftet. TÖDLICH vergiftet!"

Allari erstarrte, dann sprang sie auf und brüllte durch den gesamten Raum nach Kor'vas und Kayn, die nicht lange brauchten, bis sie sie erreichten.
Jedoch, merkte Senan verzweifelt, zu spät.
Den Ausdruck von Angst und Verzweiflung in den Augen war Rhaens Körper erschlafft und auch wenn er sich nicht bewegte, sein Herz schlug noch.

"Zu Fürst Illidan!", wies Allari Kayn an und legte dann Loxyns Füße auf einen Stapel Sitzkissen, da die junge Illidari vor Schreck das Bewusstsein verloren hatte.
Gemeinsam tasteten Allari und Kor'vas dann Rhaens Körper ab, suchten nach irgendwelchen Zeichen, blieben offensichtlich aber herzlich erfolglos.
Nach Puls- und Herzschlag suchten sie nicht, denn dieser war ganz klar vorhanden.
Vielmehr schienen sie seine Muskeln zu untersuchen, doch die weißen Zeichen sagten ihr ganz deutlich, dass diese nun zeitweise gelähmt waren.

Eine weitere Träne huschte über ihre Wange, doch diesmal würde keine Hand kommen und sie sanft wegstreichen...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 17, 2018 ⏰

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