[übernatürlich]

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eins

Caraela erwachte mit dröhnendem Kopf und Gliedern, die so schwer waren wie Blei. Auch ihre Augen ließen sich erst nicht gänzlich öffnen und alles sah verschwommen aus. Sie konnte Musik hören, doch sie klang weit entfernt wie durch Ton hindurch.

Schwerfällig blinzelte sie und kniff ihre Augen drei mal zusammen bevor sie sie gänzlich öffnete und den Raum, in dem sie sich befand, betrachten konnte.

Sie war ganz offensichtlich nicht im Palast. Das bemerkte sie als erstes und darüber war das Mädchen so erleichtert als hätte sie so eben eine Nahtodsituation überstanden ohne auch nur einen Kratzer davon zu tragen.

Sie lag in einem Bett, das gerade mal breit genug für eine Person war und wenn sie sich ein wenig zu weit auf die Seite drehen würde, läge sie sofort auf dem Holzboden. Abgesehen von dem Bett befanden sich in dem Raum ein Schrank, ein Schreibtisch und eine kleine Kommode neben dem lächerlich kleinen Bett.

Auf der Kommode stand ein Apparat, der ihr unbekannt war. Musik ertönte aus ihm und mehrere Knöpfe waren an ihm angebracht. Caraela versuchte krampfhaft sich an die Dinge zu erinnern, die die Entdecker ihr über die Welt der Menschen erzählt hatten. Da musste mit Sicherheit auch dieser Gegenstand dabei gewesen sein.

Radio.

Stolz darauf, dass sie sich an diesen Begriff erinnern konnte, betrachtete sie das Radio und berührte es vorsichtig. Ihr Arm schmerzte, als sie ihn hob, doch sie würde aich davon ganz sicher nicht aufhalten lassen.

Caraela hörte der Musik, die aus dem Gegenstand kam eine Weile lang zu. Sie war anders als in ihrer Heimat, aber das gefiel ihr. Es war schneller und irgendwie aufregender.

Eine weibliche Stimme sang. Sie klang schön und hatte etwas raues. Garantiert nicht so klar und rein wie die Stimmen der Sirenen im Palast, aber es gefiel der Prinzessin.

Allerdings störte es sie beim Denken.

Kurzerhand stieß sie das Radio auf den Boden und die Musik hörte auf zu spielen. Ein kurzes Rauschen ertönte und schon war es still.

Erfreut nickte Caraela. So einfach konnte man die Sänger bei ihr zuhause nicht ausschalten. Das wäre aber auch zu schön. Nun konnte sie allerdings nicht an Raĕlia denken, sondern musste sich mit dem befassen, was am gestrigen Tag passiert war.

Sie erinnerte sich noch daran, dass sie nachts aus dem Schloss geschlichen und ins Wasser gesprungen war. Also hatte sie wenigstens das geschafft ohne verletzt zu werden. Und dann?

Das Mädchen kratzte sich am Kopf. Dann war sie geschwommen. Bis an die Küste. Einen ganzen Tag lang. Als sie am Strand angekommen war, hatte sie kaum mehr atmen können. Jedes mal Luft holen, schmerzte in ihrer Brust.

Dann waren da diese Menschen.

Caraela erinnerte sich verschwommen an einen Jungen und einen Mann und dann war da nichts mehr. Nur noch das Gefühl von dumpfen Kopfschmerzen und einer unendlichen Erschöpfung.

Tausende Fragen sammelten sich in ihr. Hatten die Fremden sie her gebracht? Wo genau war sie eigentlich? Würde sie endlich finden wonach sie suchte? Würden die Wachen ihr folgen?

Kurz bevor Caraelas Kopf vor lauter Verwirrung explodieren konnte, riss jemand die Tür auf und schrie erschrocken auf.

Das Mädchen hob entnervt den Kopf und funkelte den fremden Jungen vor ihr zutiefst wütend an. Konnte er nicht wenigstens klopfen? In ihrer Heimat hätte man ihm dafür nochmal Manieren beigebracht.

Er starrte auf das Radio, das sie abgeschaltet hatte und blinzelte verwundert. "Das... Mein Radio... Warum?", stammelte er und sah zu Caraela. Sie konnte nicht nachvollziehen was sein Problem war. Er konnte die Musik sicher wieder spielen lassen. So schwer konnte das schließlich gar nicht sein.

Siren's SongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt