Kapitel 8

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"Es ist offiziell: Ich habe nichts zum Anziehen." Verzweifelt ließ ich mich vor meinem Kleiderschrank auf den Boden sinken und raufte mir die Haare. Dann drehte ich den Kopf zur Seite und sah Shawn an, der gelangweilt auf meinem Bett lag.

Zum Glück hat er sich nach der Schule wieder eingekriegt und sich nicht länger über Samuel aufgeregt. Ich werde ihn vielleicht demnächst mal darauf ansprechen, aber heute nicht mehr. Denn die Party würde ich nachher genießen wollen, auch wenn es mir sicher schwer fiel. Ich hatte irgendwie keine Freude daran zu tanzen und gut gelaunt zu sein. Vielleicht änderte sich das bis nachher noch.

"Dein Kleiderschrank ist voll", murmelte er, ohne von seinem Handy aufzublicken. In letzter Zeit hing er ziemlich oft daran. War ich ihm zu langweilig? Ich sollte mir die Haare pink färben!

"Ich habe doch gesagt, dass wir vorher nochmal einkaufen gehen sollten. Du hast aber behauptet, ich hätte genug", entgegnete ich trotzig und lehnte mich gegen mein Bett.

"Du hast auch genug."

Ich drehte mich um, sodass ich auf den Knien saß, und sah ihn mit schiefem Kopf an.

"Nein, habe ich nicht", jammerte ich und fing gleich echt an zu heulen, denn was sollte zu meiner Maske passen? Außerdem wollte ich nichts Buntes anziehen, weil mir danach überhaupt nicht war, aber die Federn meiner Maske hatten alle möglichen Farben und dazu musste ich etwas Passendes finden.

Brummend rappelte sich Shawn von meinem Bett auf und stellte sich, mit den Händen in den Hüften, vor meinen Kleiderschrank. Ich nutzte die Situation aus und schlug mit der flachen Hand auf seinen Hintern, worauf er sich zu mir umdrehte.

"Was ist los mit dir?", fragte er schmunzelnd und zog mich auf die Beine.

"Ich habe keine Lust auf Feiern und ich frage mich, wie ihr alle damit so locker umgehen könnt."

Shawn fuhr mit seinen Fingerspitzen an meinen Armen entlang, bis er meine Hände erreichte und diese in seine nahm.

"Der Unfall hat rein gar nichts mit der Party zu tun. Der Unfall ist auf der Straße passiert und nicht bei Linus zuhause", erwiderte er und lächelte aufmunternd. "Und bevor du noch depressiv wirst, suchen wir dir etwas zum Anziehen."

Lustlos nickte ich und lehnte mich an seine Brust, während er mit einer Hand in meinen Schrank griff und sich meine Sachen anschaute.

"Shawn?"

Er sah mich an.

"Prinzessin?"

"Nenn' mich nicht so. Ich bin keine Prinzessin und du bist auch kein Prinz."

Sein Lächeln wurde breiter.

"Du bist die allerschönste Prinzessin der Welt, Kleine." Mit diesen Worten beugte er sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. "Was ist?"

"Ich muss mich noch für eine AG in der Schule eintragen und ich glau-"

"Oh, willst du Cheerleading machen?" Seine Augen weiteten sich begeistert und ich wusste, dass er mich bloß in einem freizügigen Outfit sehen möchte.

"Nein, nein, nein... aber ich glaube, dass ich mich doch nicht für eine AG anmelden werde", sagte ich mit fester Stimme und nickte dazu, als würde ich mir selbst Zustimmung geben.

"Okay...", murmelte Shawn leise und wandte sich wieder an meinen Kleiderschrank, zog ein schwarzes Kleid raus. "Wie wäre es damit? Schwarz passt doch zu allem."

"Schwarz ist so depressiv und dunkel..."

"Hatten wir das Theater nicht auch letztes Jahr?", fragte er stöhnend und hängte den Kleiderbügel samt Kleid wieder in meinen Schrank. Letztes Jahr haben wir auch ewig gebraucht, bis ich mich für das violette Kleid entschieden habe, dabei hasste ich Kleider.

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