Ein Mensch ist erst dann tot, wenn er vergessen wird.
Und ich habe Augustus Waters nicht vergessen. Und das werde ich auch nie.
Er war meine 10.
Und eine 10 vergiss man nicht.
Wie Peter Van Houten in seinem Buch geschrieben hatte, war alles auf der Welt vergänglich, ein Opfer der Vergessenheit und seine Schönheit nur begrenzt. Und obwohl ich gelernt hatte das Peter Van Houten ein totaler Idiot war, so war das, was er sagte doch auf eine pessimistische Art wahr.
Ich, Isaac, Augustus Eltern und alle anderen die Augustus kannten, werden nicht ewig leben, um sich an ihn und die Schönheit seiner Existenz zu erinnern. Und so war auch er ein Opfer des Vergessens. Obwohl mir das schon vor seinem Tod klar gewesen war, wollte Augustus immer so lange wie möglich, in den Köpfen der Leute weiterleben.
Auch wenn ich das reichlich undankbar und albern fand, tat es mir doch weh ihm nur eine kleine Unendlichkeit zu schenken. Und nicht, die Unendlichkeit die er sich immer gewünscht hatte.
Ich lag auf meinem Bett und las zum millionsten Mal 'Ein herrschaftliches Leiden'. Der muffige Geruch des Papiere und das Gefühl auf der Haut, was man beim Umschlagen der Seiten verspürte, war so angenehm gewohnt, dass ich mich sofort geborgen fühlte.
Auf meinem Nachtisch lag ein Teller mit Sandwiches und eine Tasse mit Kräutertee, die ich noch nicht angerührt hatte. Der Geruch von Pfefferminze und Tymian stieg mir in die Nase.
Die vertraute Melodie meines Handys lies mich von dem Buch aufschauen. Isaacs Gesicht leuchtete auf dem Display auf.
Ich nahm den Anruf an.
"Hey Isaac!", meine Stimme kam leiser heraus, als eigentlich vorgesehen.
"Hallo Hazel. Wie geht es dir?"
"Geht so. Ich lieg hier nur so rum und warte auf den Tod."
Am anderen Ende der Leitung blieb es still. "So was sagt man nicht." Isaac klang plötzlich ernst.
Ich spürte, dass die Stimmung zu kippen drohte und versuchte schnell vom Thema abzulenken. "Ich weiß, tut mit leid. Das war nicht so gemeint." Das war eine Lüge.
Denn ich hatte es genauso gemeint.
Im Grunde genommen war es nämlich genau das, was ich Tag für Tag tat:
Auf den Tod warten. Darauf, dass sich das Schicksal endlich für eine Seite entscheiden würde und meine Eltern und alle anderen sich endgültig von mir lösen konnten und ich nicht ständig auf dieser dünnen Grenze zwischen Leben und Tod balancieren müsste.
"Gehst Du morgen in die Selbsthilfegruppe?", versuchte ich das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. "Ja, ich will doch nicht die von Selbstmitleid ertränkten Berichte der anderen verpassen. Außerdem gibt es da ein neues Mädchen - Zoey. Sie ist total nett und nach dem Kennerauge von Billy soll sie auch echt gut aussehen."
Ich freute mich, dass Isaac endlich über seine Exfreundin Monica, die letztes Jahr aufgrund seiner bevorstehenden Blindheit mit ihm Schluss gemacht hatte, hinweggekommen ist.
"Das finde ich toll. Ich glaube ich kommen morgen auch und schaue mir mal diese Zoey an."
Es waren überraschend viele Leute zur Selbshilfegruppe gekommen. Die meisten von ihnen hatte ich noch nie gesehen,was aufgrund der Tatsache, dass ich seit Augustus Tod vor einem halben Jahr nicht mehr die Gruppensitzungen besucht hatte, auch nicht weiter verwunderlich war. Ich griff nach einem Keks, goss mir Limonade in einen roten Plastikbecher und lies mich auf einen der ungemütlichen Holzstühle nieder.
Isaac konnte ich im Kreis nirgendwo entdecken. Einen kurzen Moment fühlte ich mich fremd an diesem doch so vertrauten Ort, unter all den unbekannten Gesichtern. Deshalb war es einer Erleichterung gleich, als ich hörte, wie sich die Aufzugtüren öffneten und Isaac den Raum betrat. Er konnte inzwischen ziemlich gut mit seinem Blindenstock umgehen und war kaum mehr auf fremde Hilfe angewiesen. Ich sprang auf und ging auf ihn zu. "Ich bins', Isaac. Hazel Grace.", begrüßte, ich ihn.
Er taste mit der Hand in der Luft, bis er meinen Arm zu greifen bekam. "Hallo, Hazel. Würdest Du mich wohl bitte an einen freien Platz begleiten? Ich habe mich letzte Woche ausversehen auf den Schoß eines Leukämiekranken gesetzt und solch eine peinliche Situation würde ich in Zukunft gerne vermeiden." Ich lachte auf und führte ihn zum freien Platz neben Meinem.
Sie stellten sich der Reihe nach vor. Ein glatzköpfiger Junge, Jerry hieß er, machte den Anfang, bis sie zu einem Mädchen kamen, was sich als Zoey vorstellte.
Sie hatte schwarze, lange, glatte Haare, die ihre grünen Augen leuchten ließen und einige Sommersprossen umringten ihre Nase. Allgemein war sie hübsch, keine totale Augenweite, aber hübsch. Hübscher, als ich es jemals mit meinem Krebsgesicht sein konnte.
Das Mädchen erzählte, dass sie einen Gehirntumor hatte, der in einer Woche bei einer Operation entfernt werden sollte.
Ich schaute neben mich. Isaac konzetrierte sich auf Zoeys Stimme, darauf bedacht keines ihrer Worte zu überhören.
DU LIEST GERADE
Pain demands to be felt ~ Fanfiction "Das Schicksal ist ein mieser Verräter"
Fanfiction!!!VORSICHT SPOILER!!! Ein Mensch ist erst dann tot, wenn er vergessen wird. Und ich habe Augustus Waters nicht vergessen. Und das werde ich auch nie. Er war meine 10. Und eine 10 vergiss man nicht. Es ist nun schon einige Monate her, dass Augustus...