12. Hold On

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Ich rannte so schnell ich konnte. Als ich die Nachricht bekommen habe, ließ ich alles Andere stehen und liegen um so schnell wie möglich bei ihr zu sein.

Wie konnte das passieren? Wieso ausgerechnet jetzt? Wieso ausgerechnet ihr? Sie ist ein herzensguter Mensch, sie verdient es nicht.

Als ich endlich am Krankenhaus ankam, lief ich direkt auf die Rezeption zu und wurde von den Leuten, die hier rumsaßen verstört angeschaut.

Ich muss absolut verrückt auf sie gewirkt haben, aber das ist mir egal, ich will einfach nur zu meiner Freundin.

"Wie kann ich ihnen helfen?" fragte die Frau am Empfang freundlich.

Okay Shaw, bleib ganz ruhig, nicht durchdrehen, das hilft dir gerade nicht. Beruhig dich und erkläre es dieser Frau.

"Ich suche meine Freundin Katie Andrews. Ich wurde angerufen, weil sie einen schweren Autounfall hatte." erklärte ich außer Atem, immerhin rannte ich den Weg bis hierher, sie hatte schließlich mein Auto.

"Ich habe eigentlich die Anweisung nur an die Familie Informationen weiter zu geben. Wer hat sie denn angerufen?" fragte sie und ich konnte ihr ansehen, dass sie mir helfen wollte.

"Die Polizei, sie war mit meinem Auto unterwegs, deshalb haben sie sich bei mir gemeldet. Ich bitte sie.. ihre Familie wohnt sehr weit weg und ich kann nicht so lange auf Informationen warten." bat ich sie und ich sah, wie sie begann zu überlegen.

Sie tippte Etwas in ihren Computer ein und las auf ihrem Bildschirm.

"Ms.Andrews ist gerade im OP. Danach wird sie auf die Intensivstation verlegt. Sie befindet sich im zweiten Obergeschoss und wird vermutlich in Zimmer P.233 gelegt. Dort können sie auf ihre Freundin warten." sagte sie und lächelte mich bemitleidend an.

Ich nickte und bedankte mich bei ihr, bevor ich mich auf den Weg in die zweite Etage machte und mich vor Zimmer 233 auf einen Stuhl setzte.

Angestrengt fuhr ich mir durchs Gesicht und stütze schließlich meinen Kopf auf meinen Händen ab.

Wie konnte das nur passieren?

Sie muss wieder gesund werde. Was ist wenn sie stirbt? Dann ist das Letzte was sie von mir gehört hat ein Streit gewesen. Ich muss ihr sagen, dass ich sie liebe und dass ich meine Worte nicht so gemeint habe.

Ich hätte nicht so scheiße eifersüchtig sein sollen. Was ist, wenn das Alles meine Schuld ist? Wenn sie mir die Schuld gibt und mich verlässt? Selbst das würde ich hinnehmen, wenn sie doch nur wieder gesund wird.

Was soll ich ihren Eltern erzählen? Ich habe geschworen immer auf sie Acht zu geben, wenn sie zu mir ziehen kann.

Und jetzt? Stirbt sie vielleicht.

Ich habe keine Ahnung wie es um sie steht, ich weiß nur, dass das Auto ziemlich übel ausgesehen haben muss.

Kein Wunder, bei einem frontalen Aufprall. Mehr weiß ich noch nicht. Nur, dass der Fahrer des anderen Auto's nur leicht verletzt ist.

War es seine Schuld? Oder war es Katie's Schuld? War es ein Versehen, war es ihre Absicht? Habe ich sie dazu getrieben?

Okay stop. Ich muss mich zusammenreißen.

Ich atmete tief durch und versuchte dadurch meinen Kopf frei zu kriegen. Wenn ich allein bin mit solchen Situationen, zerstörte mich immer selbst durch das viele Nachdenken.

Die schlimmsten Szenarien liefen mir durch den Kopf und ich hatte keine Ahnung, wie es aufhören würde.

Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte einige Minuten nur an die Decke, bevor ich mein Handy aus meiner Jackentasche nahm und die Nummer meines Vaters wählte.

Wahrscheinlich war er gerade unterwegs, doch ich hoffte inständig, dass er trotzdem rangehen würde.

Und zu meinem Glück nahm er einige Momente später ab.

"Hallo Junge, wie geht's dir?" sagte er direkt und klang dabei so locker und fröhlich wie immer. Seine Stimme zu hören brachte mich direkt Etwas runter.

"Dad.. ich.. Katie.." begann ich, jedoch bemerkte ich, dass ich viel zu durcheinander war und keinen geraden Satz rausbrachte.

"Was ist mit Katie? Geht es ihr gut?" fragte er besorgt nach.

Meine Eltern liebten meine Freundin. Manchmal mehr als mich habe ich das Gefühl.

"Sie hatte einen Unfall. Sie wird gerade operiert. Ich weiß absolut gar nichts. Ich weiß nicht, wie schlimm es ist, nicht Mal ob sie wieder gesund wird oder überhaupt die Nacht überlebt.
Dad wir haben uns gestritten, sie kann jetzt nicht sterben mit dem Gedanken, ich wäre sauer auf sie. Ich muss es wieder gut machen aber ich weiß nicht wie.
Was soll ich nur tun, Dad?" fragte ich panisch und stand während des Redens von meinem Stuhl auf, um nervös auf und ab zu laufen.

"Shawn, hör mir zu. Es wird Alles gut werden, das verspreche ich dir.
Ich weiß wir haben uns lang nicht gesehen und ich kann gerade nicht bei dir sein, aber in Gedanken bin ich bei euch. Ich kann mir nur schwer vorstellen, was du gerade durchmachen musst.
Denke an eine Sache, egal was du tust, die Zeit wird nicht stehen bleiben. Vielleicht wird es dir wie eine Ewigkeit vorkommen, bis du irgendwas von Katie hörst, aber 60 Sekunden werden immer 60 Sekunden bleiben, egal wie lang sie dir vorkommen.
Es wird vorbei gehen. Und solange es dauert, bleib einfach dran. Ich bin für dich da und lasse dich in der Situation nicht allein.
Wir werden es jetzt einfach aussitzen müssen." erklärte mir Dad und durch seine Worte konnte ich mich endlich wieder hinsetzen.

Es fühlte sich an wie Stunden, nein Wochen die an mir vorbei zogen. Und wenn ich auf die Uhr sah, sind höchstens ein paar Minuten vorbei gegangen.

Was kann denn da so lang dauern? Je länger es dauert, desto schlimmer muss es doch sein, oder?

"Bist du noch da?" fragte ich in mein Handy, nachdem wir einige Minuten nicht mehr geredet haben.

"Es würde mir nicht einfallen einfach aufzulegen."

"Danke Dad.." murmelte ich und lehnte meinen Kopf an die Wand.

Ich weiß nicht, was ich ohne meinen Vater machen würde. Er gab mir schon mein Leben lang Halt und Sicherheit in allen Lebenslagen. Er wusste immer was zu tun oder zu sagen war.

"Was ist, wenn ich sie verliere?" fragte ich leise und ich hörte, wie mein Vater auf der anderen Seite der Leitung laut ausatmete. Er konnte mir nicht versprechen, dass sie überlebt und das weiß er auch ganz genau.

"Du wirst sie nie vollkommen verlieren. Die Menschen die wir lieben sind immer bei uns. Egal wie weit entfernt sie sind." sagte er und ich lächelte leicht.

Was er sagt stimmt schon, ich würde es trotzdem nicht verkraften Katie zu verlieren.

Ein Arzt kam angelaufen und er hatte ein Klemmbrett in der Hand.

"Gehören sie zu Katie Andrews?" fragte er mich und ich stand schnell auf und nickte mit dem Kopf, denn für Worte war ich viel zu nervös.

"Sie ist außer Gefahr."

S.M.|| Adventskalender||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt