Kapitel 3

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So war es dann morgens öfter, bis auf das missglückte Eierbraten.

Irgendwann im Juni kam ich von der Arbeit nach Hause und betrat meine vollkommen stille Wohnung.

„Samuel?" Er kam lächelnd aus dem Wohnzimmer und zog die Tür hinter sich zu.

„Gut, dass du da bist. Ich muss mit dir reden." Er kam auf mich zu.

„Worüber denn?" Ich meinte aus dem Wohnzimmer Stimmen zu hören. Wahrscheinlich war es nur der Fernseher oder das Fenster stand offen.

„Lass mich bitte ausreden. Ich werde dir jetzt etwas erklären." Ich nickte, nahm aber den Blick nicht von der Wohnzimmertür.

„Ich habe gelogen, als ich sagte, ich wohne nicht in dem Haus. Es war aber nicht gelogen, dass ich an dem Haus arbeite. Ich gehöre zu den vierzehn Bauarbeitern, die das Haus renovieren sollen. Es gehört mir. Ich habe es gekauft, um es umzubauen. Aber nicht nur für mich. Ich will dort mit jemandem zusammenwohnen... Ich möchte dir jemanden vorstellen." Er öffnete die Wohnzimmertür und bedeutete mir mit einer Handbewegung einzutreten. Ich sah ihn fragend an, ging aber, an ihm vorbei, in den Raum. Auf einem Stuhl saß eine Frau, ungefähr Mitte dreißig. Sie hatte ein paar Falten im Gesicht, sah aber nicht alt aus. Eher reif und elegant. Ihre hellen Augen standen im völligen Kontrast zu ihrem rabenschwarzen Haar. Sie starrte mich an und ich starrte zurück. Ich brachte es nicht fertig den Blick abzuwenden.

„Helena, das ist Cloe. Ihr gehört die Wohnung." Sie stand auf und reichte mir die Hand. Ich schüttelte sie und lächelte, ihr Gesichtsausdruck blieb ernst. Dann warf sie Samuel einen bösen Blick zu.

„Du wohnst also in jemandes Wohnung.", spottete sie ihn aus. Dass ich als „jemand" bezeichnet wurde, störte mich nicht weiter. Aus dem Flur hörte ich die Toilettenspülung, danach ein paar Schritte. Plötzlich stand ein Mädchen im Wohnzimmer. Sie war ungefähr sechzehn. Anstatt sich zu Samuel, der ein Stück zu mir rutschte, zu setzen, holte sie sich vom Esstisch einen weiteren Stuhl und setzte sich neben Helena. Diese beobachtete sie dabei und als das Mädchen sich gesetzt hatte, deutete Helena mit einer Kopfbewegung zu mir. Das Mädchen stand auf und reichte mir die Hand, ich stand ebenfalls auf und schüttelte sie.

„Ich bin Britta." Sie sah zu Samuel, dann setzte sie sich.

„Cloe." Ich setzte mich ohne den Blick von ihr zu wenden und landete halb auf Samuels Schoß.

„Tut mir leid.", flüsterte ich. Er lächelte nur.

„Ich muss dir das erklären." Dabei deutete er mit der Hand auf Britta und Helena. Diese warteten nur darauf, dass er etwas sagte. Ich nickte zur Bestätigung, dass ich zuhören würde.

„Das sind meine Ex-Frau und meine Tochter. Für sie will ich das Haus umbauen. Wir können uns kein neues Haus leisten. Daher habe ich das Haus gekauft, den Abriss verhindert und mir vorgenommen es umzubauen." Ich sah zu Helena, die die Augen verdrehte.

„Wie willst du das denn schaffen? Du lässt dich von einer fremden Frau beherbergen. Woher willst du dir das Geld nehmen?"

„Hör auf." Britta sah zu Boden. Samuel und Helena boten sich ein Blickduell. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie mal verheiratet waren.

„Ich werde das schaffen und wir werden dort wohnen. Du, Britta und ich." Helena schnaubte.

„Wie stellst du dir das vor? Wir sind nicht mehr verheiratet."

„Aber wir haben eine Tochter. Du kannst mich nicht aus deinem Leben streichen, aus ihrem Leben. Außerdem willst du doch nicht für immer bei deiner Mutter bleiben." Seine Stimme wurde lauter.

„Will ich nicht, aber das geht dich nichts an. Sei lieber für deine Tochter da, anstatt Pläne zu schmieden, die du nicht verwirklichen kannst."

Britta stand auf und verließ den Raum, dabei fiel ihr Stuhl um. Samuel wollte ihr folgen, doch ich hielt ihn mit meinem Arm zurück.

„Lass. Ich geh schon." Alles war mir lieber, als diese angespannte Stimmung. Nachdem ich im Bad nachgesehen hatte, ging ich in mein Zimmer und setzte mich neben Britta auf das Bett.

„Das macht sie immer." Ich sah sie an, sagte aber nichts, weil mir nichts Passendes einfiel.

„Sie sagt ihm immer, dass er für mich da sein soll, aber ist es selbst nicht. Immer lästert sie mit Oma über Sam."

„Sam? Du... nennst deinen Vater Sam?" Sie nickte, als wäre das selbstverständlich.

„Er will dieses Haus für uns umbauen, für meinen Bruder."

„Bruder?"

„Er hatte Krebs und ist gestorben, vor einem Jahr. Meine Mutter sagt er soll für mich da sein, weil er es nicht für meinen Bruder war und nicht für sie. Er hat uns verlassen, nach seinem Tod. Dann hatte er ein schlechtes Gewissen und ist zurückgekommen. Sie hat ihm nicht verziehen und jetzt denkt er, er macht es wieder gut mit diesem kaputten, alten Haus." Ich nickte. Plötzlich hörten wir ein lautes Knallen, wir beide zuckten zusammen. Samuel kam ins Schlafzimmer.

„Was war das?" Ich sah ihn fragend an.

„Sie ist weg.", sagte Britta leise und sah mich an. Ihr lief eine Träne über die Wange.

„Sie kommt nicht mehr zurück."

Samuel and CloeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt