Kapitel 5

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Ich betrat die Wohnung und lauschte. Samuel war nicht da. Ich seufzte erleichtert, denn ich hätte nicht gewusst, wie ich ihm noch länger aus dem Weg gehen konnte. Wieso musste ich mich in meiner eigenen Wohnung verstecken? Ich zog mich um und setzte Kaffee auf. Als ich dabei war, den Tisch zu decken, klingelte es.

„Cloe!“ Carol fiel mir um den Hals. Sie drückte mir eine Flasche Sekt in die Hand und verschwand im Wohnzimmer.

„Wie lang ist’s her?“ Mandy gab mir eine Schachtel Pralinen und steuerte auf das Bad zu. Ich folgte Carol ins Wohnzimmer und öffnete die Schachtel Pralinen. Dazu stellte ich Kuchen und Kekse.

„Gibt’s auch was zu trinken oder willst du die jetzt schon öffnen?“ Sie deutete auf die Sektflasche, die ich auf dem Tisch hatte stehen lassen.

„Heute Abend vielleicht. Jetzt kann ich dir Kaffee anbieten.“

„Klingt gut. Du hast ja echt was aus der Wohnung gemacht. Das letzte Mal, als wir da waren, standen hier überall Kartons.“

„Ich hatte ja auch genug Zeit.“, antwortete ich vorwurfsvoll.

„Ich hätte auch gern einen.“ Mandy ging in den Küchenbereich und wusch sich die Hände in dem Waschbecken, in dem noch kein Geschirr stand.

„Du, Cloe?“

„Ja?“

„Ich hab eben das Badezimmer gesucht, bin aber in deinem Schlafzimmer gelandet. Ich hab dann weitergesucht und bin in irgendeinem Raum gelandet, wo noch ein Bett war. Mit Koffern und Mädchensachen. Hast du Besuch?“ Also hatte sie Brittas Zimmer gefunden.

„Es ist kein Besuch in dem Sinne.“ Mandy und Carol sahen mich fragend an, also erzählte ich ihnen die ganze Geschichte. Von dem Haus gegenüber, bis hin zu dem Brief von Brittas Mutter, ich ließ jedoch weg, was zwischen mir und Samuel passiert war. Carol setzte grade zu einer Frage an, als es klingelte. Ich ging zur Tür und begrüßte Britta durch die Gegensprechanlage. Hinter mir spekulierten Mandy und Carol, wie es jetzt weitergehen könnte.

„Ist er das?“ Die beiden konnten es kaum erwarten Samuel zu treffen.

„Es ist Britta.“

„Seine Ex ist hier?“ Carol riss die Augen auf. Mandy schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.

„Britta ist die Tochter. Das passiert auch immer bei dieser Fernsehserie. Sie verwechselt andauernd die beiden Frauen, die-“ Ich unterbrach sie, indem ich ihr bedeutete still zu sein. Britta kam in die Wohnung und sah uns der Reihe nach an. Sie murmelte eine Begrüßung und sperrte sich in ihrem Zimmer ein.

„Nett.“ Ich warf Carol einen bösen Blick zu.

„Deine Kommentare kannst du dir sparen, Carol. Sie hat vor Kurzem ihre Mutter verloren, wahrscheinlich für immer. Ist doch verständlich, dass sie nicht glücklich durch die Welt hüpft.“

„Tut mir leid, aber sie kann auch nicht für immer trauern. Ihre Mutter ist nicht mal tot.“

„Es kommt ziemlich auf das gleiche raus. Ich kann verstehen, dass sie gerade keinen Smalltalk führen will.“

Mit einem Schulterzucken beendeten wir das Thema und setzten uns wieder ins Wohnzimmer. Während wir Kuchen, Kaffee und Kekse runterschlangen, lästerten wir über Arbeit, Chef und Kollegen. Dann klingelte es. Ich verkrampfte mich, jetzt war es soweit.

„Ich wette das ist er!“ Carol und Mandy grinsten vor sich hin. Ich stand auf und lief zur Tür. Bevor ich jedoch angekommen war, stürmte Carol an mir vorbei und begrüßte Samuel durch die Gegensprechanlage. Sie sagte belangloses Zeug, als würde sie am Telefon sprechen. Mandy stand daneben und kicherte, wie ein kleines Mädchen. Ich schaffte es ihr den Hörer aus der Hand zu nehmen, drückte den Türöffner und hängte den Hörer wieder auf. Man hörte das Echo seiner Schritte im Treppenhaus.

„Reißt euch mal zusammen! Benehmt euch, wenn ihr ihn begrüßt.“  Die beiden nickten heftig.

Dann kam er auf die Haustür zu.

„Ach ihr wart das.“ Er sah in die Runde und wir machten Platz, damit er die Wohnung betreten konnte. Er beobachtete mich, während er seine Schuhe und Jacke auszog. Ich wich seinem Blick aus.

„Samuel, das sind Mandy und Carol.“ Er nahm Mandys Hand und schüttelte sie. Sie lächelte schüchtern. Dann nahm er Carols Hand und tat dasselbe. Dabei sahen sie sich in die Augen. Länger als mir lieb war. Ich räusperte mich und die beiden lösten sich voneinander.

„Samuel?“ Ich bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung mir in mein Schlafzimmer zu folgen. Die beiden anderen verschwanden kichernd wieder im Wohnzimmer.

„Du redest wieder mit mir.“

„Ich hab nie damit aufgehört.“ Etwas in seinem Blick veränderte sich.

„Du hast Helena kennengelernt. Ich merke, wenn eine Frau anfängt mich zu ignorieren.“ Plötzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen. Er konnte schließlich nichts dafür.

„Es stimmt, ich habe dich ignoriert.“ Er sah mich schweigend an, wartete darauf, dass ich weitersprach.

„Nach dem was passiert ist, habe ich mich in deiner Nähe unwohl gefühlt.“

„Du warst plötzlich weg. War‘s so schlecht?“ Er lachte trocken.

„Nein. Es war wundervoll.“ Ich schüttelte den Kopf während ich sprach. Er kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. Ich presste mein Gesicht in sein Shirt und er stützte seinen Kopf auf meinem.

„Aber?“ Ich wollte nicht darüber nicht sprechen, den Moment nicht zerstören.

„Nichts.“ Ich presste mich fester an ihn und er küsste mein Haar. Plötzlich öffnete sich die Tür und Britta sah uns an. Erschrocken lösten wir uns aus unserer Umarmung.

„Britta.“ Samuel streckte seiner Tochter seine Hand entgegen. Sie nahm sie nicht.

„Ich hätte es wissen sollen. Wieso sonst sollte dich eine Fremde aufnehmen?“ Obwohl von mir die Rede war, fühlte ich mich fehl am Platz, also verließ ich, Brittas enttäuschtem Blick ausweichend, den Raum. Innerlich dankte ich Gott dafür, dass sie uns erst jetzt erwischt hatte. Im Wohnzimmer wurde ich von Carol und Mandy mit neugierigen Blicken begrüßt. Sie lagen auf dem Sofa und ich setzte mich ihnen gegenüber.

„Er ist so heiß.“ Carol riss die Augen auf.

„Du hast gar nicht erzählt, wie sexy er ist.“ Mandys Tonfall klang vorwurfsvoll. Ich verstand die beiden. Schließlich konnte ich seit wir miteinander im Bett waren an nichts anderes als an seine Küsse denken. An seinen Körper, sein Lächeln, seine Hände, wie sie meinen Körper erforschten.

„Du brauchst gar nicht so zu lächeln. Wie kannst du nur mit ihm zusammenleben ohne ihn zu bespringen?“ Wenn die beiden wüssten, was passiert war.

„Du darfst aber nicht vergessen, dass es ein fremder Mann ist, den du dir in die Wohnung geholt hast.“ Ich kniff die Augen zusammen.

„Er ist nicht vollkommen fremd. Außerdem warst du eben auch noch begeistert von ihm.“

„Schon, aber im Gegensatz zu der hier“, sie zeigte mit dem Kopf zu Carol, „kann ich noch klar denken. Ich finde nur, du solltest vorsichtiger sein. Ich meine er war nur ein paar Wochen hier und plötzlich hat er seine Tochter mit angeschleppt. Auch schöne Männer können gefährlich sein. Er gibt sich zwar nach außen ruhig und vernünftig, aber wer weiß, ob er nicht nur schauspielt.“

„Er hat sie nicht einfach angeschleppt, es war kompliziert. Außerdem kann ich die beiden nicht einfach auf die Straße setzten.“

„Was ist denn mit diesem Haus, das er hat?“, klinkte Carol sich wieder ein.

„Da habe ich ihn doch erst weggeholt. Da kann man nicht leben und mit Britta lasse ich ihn da nicht wieder einziehen.“ Die beiden nickten. Nach drei weiteren Runden Kaffee, machten die beiden sich auf den Weg nach Hause. Also verabschiedete ich die Beiden und räumte das Geschirr weg. Dann machte ich mich bettfertig. Als ich mich ins Bett legen wollte, sah ich Samuel und Britta dort liegen. Sie lag in seinem Arm.

„Sie ist gerade eingeschlafen. Tut mir leid.“, er flüsterte, um sie nicht zu wecken.

„Macht nichts. Schlaf gut.“ Er zwinkerte mir lächelnd zu. Ich schloss leise die Tür und legte mich in Brittas Bett, nur für den Fall, dass er noch was versuchte.

Samuel and CloeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt