Vermessen.

~2~

Der restliche Arbeitstag verlief zwar ruig, trotzdem ertappte ich mich alle zwei Sekunden dabei wie ich an den Obdachlosen und meine Mutter dachte. Irgendwo musste doch ein Zusammenhang bestehen. In Gedanken ging ich alles durch was ich über meine Mutter wusste. Eigendlich war das ja nicht mal viel. Ich wusste dass meine Mutter in einem kleinen Dorf aufgewachsen war und mit 20 umgezogen war. Mit 25 hatte sie meinen Vater kennengelernt und sie waren schon nach zwei Jahren zusammengezogen als meine Mutter von mir schwanger war. Meine Mutter arbeitete als Sekretärin, mein Vater mal hier mal dort. Vier Jahre später wurde meine Schwester geboren und wir zogen in einen Vorort. Hier gingen wir auch zur Schule. Dann, ich weiß selbst nicht warum, war mein Vater vom einen auf den anderen Tag verschwunden.

Vielleicht war der Kerl mit meiner Mutter zusammen aufgewachsen, oder er kannte sie über ihren Job.

"Marc hörst du mich? Hallo Marc!". Meine Sekretärin holte mich aus meinen Gedanken. "Was hast du gesagt?" fragte ich ein wenig peinlich berührt. "Ich gehe jetzt nach Hause, es ist schon fast sieben." "Oh na klar, sicher doch, sorry" antwortete ich ihr. "Du solltest auch gehen, wenn du keine Entwürfe mehr fertig machst" sagte sie und deutete auf das Blatt vor mir.

Ich hatte, ohne dass ich es gemerkt hatte, den Verkäufer der Obdachlosenzeitschrift gezeichnet, bevor er mich angesprochen hatte. Er lehnte an der Wand und sein Blick war weit in die Ferne gerichtet. "Ja ich geh dann auch gleich" versicherte ich ihr. "Okay dann bis morgen" verabschiedete sie sich und verschwand aus meinem Büro. Ich hielt die Bleistiftzeichnung noch einige Minuten lang in den Händen, bevor ich sie in meine Tasche steckte, mein Zeug zusammenraffte und mich auf den Weg zur U-Bahn machte.

Mit der Bahn kahm ich ohne weitere Zwischenfälle nach Hause. Ich holte mir noch schnell einen Burger zum Abendessen und betrat dann meine Wohnung. Mit meinem PC machte ich es mir vor dem Fernseher bequem.