Sechster Teil

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Im Kaminzimmer lag Thalisha und hielt die Augen geschlossen. Sie spürte das Unheil näher kommen, wie man ein heran nahendes Gewitter spürte. Ihre Härchen stellten sich auf und sie musste gegen den Drang ankämpfen sofort die Flucht zu ergreifen. So dankbar sie dem Mädchen und ihren Freuden auch für ihre Rettung war, sie konnte nicht bleiben. Nicht einfach nur weil sie, Talisha gefährlich war, sondern auch weil sie die Gefahr hier her bringen würde, das spürte sie in ihren Knochen.
Und als sie fremde Schritte auf dem Flur hörte und der seltsame Elf mit den vier Armen dem Eindringling hinterher lief, wusste sie das es begonnen hatte.

Sie sprang auf. Ihr Blick huschte in dem Raum umher, auf der Suche nach einer Möglichkeit zu fliehen. Ihre Sinne sagten ihr, das an zwei Seiten des Anwesens gekämpft wurde. Sie musste also einen Weg hinaus finden, ohne entdeckt zu werden. Oder sollte sie die Feinde von hier fort locken?
Es wäre nur fair. Immerhin hatte das Mädchen sie gerettet.

Sie betrachtete das für sie so seltsame Geschöpf, das friedlich schlief. Das Gesicht entspannt, als kenne sie keinen bösen Gedanken.
Talisha schüttelte den Kopf um diese Idee los zu werden. Sie würde sich ganz sicher nicht für irgendjemanden in Gefahr bringen, Rettung hin oder her. Sie hatte erfahren wie schnell einen solche Leute fallen ließen und sie würde nicht den Fehler begehen auf freundliche Worte herein zu fallen.

Schon wollte sie los preschen, da begegnete sie den grünen Augen des kleinen Drachens, der bis eben auf dem Schoß des Mädchens geschlafen hatte. Talisha befürchtete er würde ein Geräusch von sich geben und seine Herrin damit wecken, aber er saß nur ganz still da und betrachtete sie, irgendwie.. wissend.

Das musste sie sich einbilden, entschied sie schließlich. Ein solch kleines Wesen konnte nichts wissen.
Also erhob sie sich endlich. Ein letzter Blick umher, bei dem ihr die Uhr ins Auge fiel. Halbzwölf. Eine Halbe stunde bis Mitternacht. Höchste Zeit, das sie von hier verschwand.

Schon hatte sie das Fenster erreicht und es lautlos geöffnet, da erklang eine Stimme hinter ihr.

„Wo gehst du hin?"
Es war ihre Retterin, die sich den Schlaf aus den Augen rieb und verwirrt zu ihr hinüber sah.

„Nirgends", log sie.
„Schlaf weiter."

Doch die Andere hörte nicht auf sie.
„Du willst abhauen. Warum? Du hast dich noch nicht ganz erholt. Bleib lieber hier."

„Ich kann nicht. Glaub mir es ist besser wenn ich verschwinde."
Und damit schwang sie sich über die Fensterbank und landete draußen im Garten. Sie danke dem Höchsten, oder wem auch immer, das sie sich dieses mal im Erdgeschoss befand.

„Warte. Wo willst du den mitten in der Nacht hin. Bleib hier."
Virdana war ebenfalls aufgesprungen und machte Anstalten ihr zu folgen. Doch Mino verbiss sich in ihr Nachthemd und zerrte daran.

„Nicht jetzt, Mino. Wir spielen später. Du bleibst hier."
Dann tat sie es Talisha nach und sprang hinaus in den Garten. Den Schutzzauber, den sie damit hinter sich ließ, bemerkte sie nicht einmal.

„Lord Kailo! Bitte, so seien sie doch gnädig", flehten Freckels, als der Erzengel das Wesen in die Höhe hob, das ihn aus dem Haus gefolgt war.
Jetzt tat es Tim umso mehr leid, so unaufmerksam gewesen zu sein. Er hatte nicht gewollt das es verletzt wurde, hatte nur an sein Leben gedacht und nicht daran was seine Flucht mit sich bringen könnte.

„Gnade? Ein schneller Tot wäre eine Gnade", knurrte der Bote des Höchsten und griff mit der freien Hand nach seinem Schwert.

Chiara, die sich in seinem Griff heftig wand, erinnerte sich gerade noch rechtzeitig an ihre eigenen Schwerter. Sie hieb damit nach dem Arm des Engels, so das der sie los lassen musste, wollte er diesen nicht verlieren.
„Ich konnte gefiedertes Kreaturen sowieso noch nie ausstehen. Die schmecken so komisch", rief sie, Zähne fletschend und warf sich ihrem Gegner entgegen. Mit zwei Klingen war sie zwar deutlich beweglicher, als der blonde Riese, doch einer seiner Schläge hätte gereicht um sie in zwei Teile zu schneiden. Chiara verbrachte die meiste Zeit damit auszuweichen, den ein Treffer und es wäre vorbei mit ihr.

„Halt endlich still. Ich befehle es dir, im Namen des Höchsten!"
Der Erzengel wurde immer wütender, je länger sein Ziel ihm auswich. Er war eine solche Gegenwehr nicht von Irdischen gewöhnt. Normalerweise warfen sie sich alle vor ihm in den Dreck.

„Dein Höchster kann mich mal!", rief der Elf wieder und schaffte es tatsächlich Seren zwei blutende Striemen im Gesicht bei zu bringen.

Das war, was Kailos Gedultsfaden zum reißen brachte. Er hatte sich lange genug auf die Ebene dieser Sterblichen Kreaturen hinunter begeben.
Er hob seine freie Hand und eisig, blaues Licht sammelte sich zwischen seinen Fingern.

„Herr, Nein!", hörte er Freckels noch schreien, dann warf er die so entstandenen Lichtsperre.

Wie Laiser durchschnitten sie die Landschaft und brannten Löcher in den Boden vor ihm. Erde flog auf und einen Moment war alles Weiß.
Als er wieder hinsah, konnte er es nicht fassen. Der Elf hatte überlebt. Zwar prankte ein riesiges Loch in seinem Schenkel, mit dem er sicher nicht wieder würde laufen können, doch er lebte.
Er kauerte am Boden, schaufend. Seine Schwerter waren ihm aus den Händen gefallen und er versuchte verzweifelt die Blutung zu stoppen.

Mit einem siegessicheren Grinsen trat Seren näher, das Schwert zum tötlichen Schlag bereit. Da ließ ihn eine Bewegung in seinem Blickfeld den Kopf heben.

Ihr Kampf hatte sie um das Anwesen herum laufen lassen und nun sah der Engel das Mädchen, wegen dem er gekommen war, wie es auf den Waldrand zulief. Ihr folgte eine zweite Gestalt. Ebenfalls weiblich, wenn auch völlig anders von Gestalt.
Und von der Aura.
Hatte er geglaubt das erste Mädchen hatte eine seltsame, bedrohliche Ausstrahlung besäßen, so musste er nun fest stellen, das die Zweite noch einmal eine Stufe drauf setzte. Er konnte geradezu das Potenzial von unendlicher Macht um sie flirren sehen. Diese Gewissheit, das etwas aus ihr erwachsen würde, für das die Vernichtung der Welt eine leichte Übung wäre.

„Virdana! Geh sofort zurück ind Haus!"
Auch sein Gegner hatte die Mädchen entdeckt. Das dunkle Gesicht hatte darauf vor Schreck alle Farbe verloren.

Der Erzengel schnaubte. Selbst wenn das Mädchen jetzt noch umdrehte. Es war zu spät. Er würde bei ihr sein, ehe sie die Sicherheit der Mauern erreichen konnte.
Erst würde er sie töten, um den Elf konnte er sich später noch kümmern. Also verpasste er ihm einen kräftigen Faustschlag gegen die Schläfe und das Wesen sakte in sich zusammen. Dann sammelte er erneut Licht in seiner Hand und preschte über die freie Fläche auf die Mädchen zu.


„Sie ist hier drin. Ich hohle sie dir. Und rühr den Schatten nicht an!"
Als Aiana dies dem Vampir entgegen brüllte, erwartete sie fast, das er sie trotz allem in Stücke riss, doch er reagierte nicht im geringsten, als sie an ihm vorbei ins Innere stürzte. Drinnen fand sie einen herum hetzenden Kwarivu. Das Gesicht kalkweiß vor Sorge rief er:
„Sie ist weg. Das fremde Mädchen und Virdana. Sie ist nirgends hier im Haus."

Aiana meinte ihr Herz werde in einen Abgrund gerissen, um ihre Brust leer zurück zu lassen. Virdana war entführt worden? Aber Mino war doch bei ihr gewesen. Oder hatte die Fremde ihn getötet? Dann wäre alles zu spät. Dann hätte sie versagt.

Gehetzt rannte sie in das Kaminzimmer, wo sie ihre Schwester das letzte mal gesehen hatte. Es dauerte eine Sekunde, bis sie tatsächlich begriff, das sie nicht mehr dort war. Ihr Blick flog zur Uhr. Es war wenige Minuten vor Zwölf. Wenn Virdana noch ein paar Minuten überlebte, hätten sie gewonnen.
Dann entdeckte sie das geöffnete Fenster, das wohl wieder angelehnt worden war.
Vergessen war der Schatten, der bewusstlos und der Gnade des Blutsaugers ausgeliefert draußen vor dem Eingang lag. Vergessen was sie dem bleichen Mann versprochen hatte. Nurnoch ihre Schwester war wichtig.

Und als sie sich aus dem Fenster schwang, konnte sie sie erkennen. Nur wenige hundert Meter von sich entfernt, wie sie auf den Wald zulief. Und von Rechts schnellte die weiße Gestalt des Erzengels heran. Licht glühte in seinen Händen auf und Aiana schrie.
Sie kannte die Waffe des Götterboten und wusste was sie anrichten konnte. Sie schrie den Namen ihrer Schwester aus vollem Hals, doch schon sah sie die leuchtenden Klingen fliegen.

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