"Aufwachen!".
Ein Donner an der Tür weckt ihn. Tinus wacht in seinem Gemächer auf.
"Ihr Vater ruft Sie!".
Er zieht seine Kleidung an, die Hose aus einer dünnen Seide gemacht, das Hemd aus normalen Baumwolle. Die gold-grüne Verzierung verläuft von der rechten Schulter bis zum Gürtel an der linken Seite. "Sind meine Brüder schon geweckt worden?". "Ja. Nun beeilen Sie sich. Der König ruft zu einer Versammlung!" Tinus nimmt sein Schwert, zieht seinen Umhang über und stampft mit seinen schweren Stiefeln aus der Tür. Sein Wächter, Sir Gandis, erwartet ihn und folgt ihm durch die Flure des Schlosses. Vorbei an den Fenster, die die ersten Sonnenstrahlen werfen und an den hohen Bäumen, die ihr Haupt wie stolze Bären heben. Im Innenhof findet sich ein Wasserfall vor. Die Wassertropfen spiegeln die Sonnenstrahlen und ein Regenbogen ist zu erkennen. Tinus überquert die unendlichen Flure und erreicht den großen Saal. Sein Vater erwartet ihn schon.
"Vater, ich muss mich für die Verspätung entschuldigen.".
"Setzte dich. Es ist vor zwei Tagen ein Vorfall vorgefallen.".
"Warte mal, Vater? Wo ist Elvia?".
"Das wollte ich dir gerade mitteilen. Deine liebe Schwester widersetzte sich meinen Befehlen. Sie hat sich aufgemacht, die besten Männer mitgenommen, und nach der schwarzen Krähe umgeschaut.".
Die schwarze Krähe also. Er kennt seine Geschichten. Die schwarze Krähe gehört zu den 7 Untoten vom Bösen. Er ist vor kurzem tief ins Reich eingedrungen und hat einiges angestellt. Die nordwestlichen Waldgebiete stehen in Flammen, große Teile der Wache wurden aufgelöst. Bisher sind hunderte Gefallene gemeldet worden. Er hatte noch an dem Abend mit seiner Schwester intensiv darüber unterhalten. "Ich werde nicht zulassen, dass die schwarze Krähe ohne jegliche Strafen davon kommen kann.", hatte sie gesagt. Sie wolle ihn fangen und zu einem Prozess im Wolkenschloss führen. Sie nahm die besten Männer. Waly, Niusten und Qualek. Die besten Soldaten. Nun werden sie als Tot gemeldet. Jegliche Verstärkung kam zu spät.
"Vater, was sollen wir nun machen?".
"Wir sollten Marolius zu Hilfe rufen. Er bewacht die westliche Hälfte von Ansonia vor Mirith. Er muss was gesehen haben!". Tinus Bruder Talgrus, der älteste von den dreien, erhebt sich von seinem Platz. "Das Reich muss wissen, dass das Böse sich wieder erheben wird. Marolius und wir sind die einzigen, was zwischen ihm und dem Reich steht. Wir können nicht zulassen..."
"Talgrus, komm endlich zu Sinn! Kind, Elvia ist schon weg. Willst du noch mehr verlieren? Marolius hat mehr Dreck am stecken, als du denkst.".
Sein Vater und sein Bruder streiten sich darüber, was die nächsten Schritte sein sollen. Tobra sieht ihn an und deutet mit einem nicken zur Tür. Tinus versteht, was sein anderer Bruder möchte und verlässt den Saal, hinter ihm Tobra.
"Tinus, Elvia ist schon weg. Die Grenzen sind nicht mehr sicher. Wir haben schon lange damit gerechnet, das eines Tages sowas passiert. Wie fändest du es, wenn wir beide nach Süden reiten und König Tards um Hilfe bitten?"
"Sei nicht naiv Tobra. Du weist, was Vater von ihm hält. Dieser kleine Typ ist nicht umsonst von der Wache abgerückt und ist nach Süden in die Tannenwälder geflohen.". Tinus sieht seinen Bruder an. Er ist gerade erst ein Mann geworden, mit der Ausbildung zum Panzerreiter, Führungsjäger fertig und schon ist er genau so hitzköpfig wie seine Schwester...
500 Meilen entfernt....in Mirith. Der eins an der Grenze erschienener Mann betritt einen dunklen Saal. An den steinernen Wänden verscheuchen Fackeln die Schatten und zeigen die einzelnen Malereien einstiger Hexenmeistern aus den vorherigen Jahrhunderten. Statt Fenster sind es einzelne Gitterstäben, die die raue Landschaft hinter den Wänden zeigt. Es riecht muffig und feucht. Schimmel bildet sich an einigen Stellen. 2 Wachen stehen an den Seiten. Ihre Rüstung ist mit Stacheln versehen, eine Axt, dessen klinge so scharf ist, das sie ganze Wände zerteilen könne und ein rabenschwarzer Helm, geschmiedet aus den Eisenvorkommen im Norden von Mirith. Härter als Stahl, aber leichter als Aluminium. In der Mitte befindet sich ein Sessel. Der Mann kniet sich hin.
"Meister, ich bin wieder zurück.".
Der Sessel dreht sich um. Die Gestalt kann man nicht erkennen. Eine tiefe Stimme, die den Saal zittern lässt, erhebt sich.
"Mein Sohn. War es erfolgreich? Konntest du die abscheulichen Grenzwachen zerschlagen?".
"Nicht nur das. Rate mal, wen ich fangen konnte? Elvia, Tochter von Silzus und Lestaia, Prinzessin von Malonien!".
"Gut gut, das ist wahrhaftig gut. Marolius wird uns die Tore nach Ansonia öffnen. Aber wartet mein Sohn. Wartet. Unsere Zeit wird kommen...!".
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Eine Kleine Kurzgeschichte
FantasiEin Schatten durchzieht ein friedliches Reich. Die Menschen werden von verschollenen Mythen wieder heimgesucht. Das dunkle bedeckt das Licht und alles gute wird drarin untergehen.