Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker schon viel zu früh. Manu und ich haben gestern noch ziemlich lang geredet und es wurde sehr spät. Langsam quäle ich mich aus dem Bett und pflanze mich auf mein Yogakissen. Ich versuche, jeden Morgen fünf Minuten zu meditieren. Manchmal bilde ich mir ein, es würde mich entspannen, aber ich warte immer noch auf diesen Klick-Moment. Der ist bis jetzt noch nicht eingetreten. Nach dem Meditieren laufe ich ins Badezimmer und mache mich fertig. Heute Morgen fällt es mir außergewöhnlich schwer, meinen Eyeliner zu ziehen. Irgendwie kriege ich es dann aber doch hin und gehe, nachdem ich mir eine schwarze Jeans und ein T-Shirt mit einem Mond und einem Holzfällerhemd angezogen habe, runter in die Küche. Wie jeden Tag bin ich die erste und schütte mir Müsli mit Hafermilch in eine Schüssel. Immer noch halb am Schlafen ziehe ich mein Handy aus meiner Hosentasche und schaue, ob es etwas Neues gibt. Ich sehe eine neue Mitteilung auf Instagram. Ich klicke auf das Symbol und stelle fest, dass ich eine neue Freundschaftsanfrage habe:
@flin.schaffner möchte mit dir befreundet sein.
Mein Herz macht einen kleinen Sprung ehe ich auf Bestätigen klicke. Sofort kommen wieder Zweifel auf. Was, wenn sie durch meine Bilder, die ich hochgeladen habe einen schlechten Eindruck von mir bekommt. Dann ist sie selbst schuld, will ich mir fast antworten. Entschlossen schicke ich ihr auch eine Anfrage und schließe dann die App. Warum zweifele ich eigentlich sofort mich selbst an, sobald Flin auch nur mein Profil anschaut. Ist doch eigentlich ihr Problem, wenns ihr nicht gefällt, oder? Es ist mir nicht egal, was sie über mich denkt, aber warum ist das so? „Weil du so ein unterschwelliges Lächeln auf dem Gesicht hast." Höre ich Manus Stimme von gestern. Ich sollte mich jetzt echt wieder auf was anderes konzentrieren. Den Mathetest heute zum Beispiel. Verdammt, denke ich mir. Nachdem ich fertig gegessen und meine Zähne geputzt habe, gehe ich wieder nach oben und hole meine Tasche. Es ist so eine Aktentasche, aus hellem Fake-leder. Ich habe sie zum Geburtstag bekommen und liebe sie. Ich ziehe meine Karteikarten für den Mathetest, die ich gestern gemacht habe heraus und gehe nochmal alles durch. Anschließend, als es Zeit ist zu gehen, laufe ich zur Haltestelle und fahre zur Schule.
Der Vormittag verlief ruhig und eigentlich so wie immer. Der Mathetest war wie so ziemlich alles bei mir: Durchschnittlich. Eigentlich bin ich in allem außer Musik, Reli und Philosophie durchschnittlich. Musik ist mein bestes Fach, in den anderen beiden bin ich eigentlich nur mündlich ziemlich aktiv. Meine schlechtesten Fächer sind Biologie und Erdkunde. Wie auch immer, in der Mittagspause ist jedenfalls besagte Schülerzeitungsversammlung. Wir treffen uns in einem leeren Klassenzimmer. Ich komme mit Tobias an, weil wir gerade zusammen von Gemeinschaftskunde kommen (letzte Stunde vor der Klausur ahhhhh). Die meisten sind schon da. Wir setzten uns an einen Tisch neben Valery in die letzte Reihe und warten darauf, dass jemand als erstes das Wort ergreift. Dieser jemand ist Nova, sie stellt sich an das Ende hinter das Pult und eröffnet die Versammlung. „Hallo, freut mich, dass ihr alle her gefunden habt. Wir wollen heute brainstormen und uns Gedanken darum machen, was wir alles in der Schülerzeitung haben wollen. Wie sieht es aus, habt ihr Ideen? Immer her damit." Ein paar melden sich, doch bevor der erste seine Idee mit uns teilen kann öffnet sich die Tür. Flin kommt herein, lächelt entschuldigend und setzt sich in die erste Reihe, in der noch ein Platz frei ist. Valery sieht dabei ziemlich genervt aus. „Ich finde wir machen auf jeden Fall so eine Witzseite, auf der wir alle Insider und so was hinpacken." Schlägt ein Mädchen vor, mit dem ich noch nie ein Wort gewechselt hab. „Keine schlechte Idee" erwidert Nova, dreht sich um und notiert den Vorschlag an der Tafel. „Jeder Kurs sollte einen kurzen Text zum Unterricht und dem Lehrer schreiben find ich." Auch das wurde notiert. Das ging die nächste halbe Stunde so weiter.
Mein Kopf liegt mittlerweile auf der Tischplatte. Nicht falsch verstehen, ich hab prinzipiell nichts gegen die Abizeitung. Aber mal ehrlich, die sollten sich mal ein bisschen entspannen. Es ist doch noch unendlich Zeit. Brainstorming ist sinnvoll, klar, aber müssen wir wirklich schon die einzelnen Themenbereiche auf die verschiedenen Leute aufteilen? Vielleicht übertreib ich auch, kann schon sein, aber mir fallen gerade eine Millionen Orte ein, an denen ich lieber wäre. „Okaaaay, super, das war doch wirklich produktiv und ergebnisorientiert. Jetzt hab ich mir hier nur noch zwei Punkte notiert, die ich ansprechen möchte: Das Layout und die Fotos." Hat da irgendjemand ne bestimmte Idee bei den Fotos oder würde gern das Layout übernehmen." Keine Meldung. Stimmt nicht, Flin meldet sich. „Flin, das finde ich super, was würdest du gerne übernehmen?" „Ich kann gern beides machen, das ist für mich kein Problem." Neben mir merke ich, wie Valery entnervt ausatmet. Kurz darauf räuspert sie sich und hebt ebenfalls die Hand. „Ich mach die Fotos." Daraufhin dreht sich Flin nach zu uns um, und wow... sie sieht heute echt ziemlich gut aus. Ihre braunen, lockigen Haare sind wie immer verwuschelt, was bei ihrem Kurzhaarschnitt allerdings klasse aussieht und sie trägt so eine braune Vintage-Jacke, die so flauschig aussieht, dass ich gerne mal mit der Hand drüber gefahren wäre. Wieso ist mir das nicht vorhin schon aufgefallen, als sie hereingekommen ist? „Und wie wärs, wenn wir die Fotos zusammen machen? Ist doch kein Problem für dich oder Valery?" holt Flin mich wieder in die Realität zurück. Nun drehen sich auch alle anderen Köpfe zu uns nach hinten um, und ich kann mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. „Ähm also,... eigentlich..." „Also ich finde die Idee großartig, es ist immer besser, Dinge als Team zu erledigen, dadurch wächst auch der Schülerzeitungsspirit." Mischt sich Nova ein und dreht sich mit einem zufriedenen Lächeln zur Tafel um, um die beiden Namen zu notieren.
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Flin x Jean
Romance"Sacht drückt Flin mich an die Wand, sie schaut mir tief in die Augen, kommt mir immer näher. Ich lege meine Hand an ihre Wange und streiche ihr langsam die Haare aus dem Gesicht. Da ist immer noch so viel zu sagen zwischen uns, trotzdem fühlt es si...