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Grace wachte auf. Schweißgebadet. Ein Alptraum hatte sie in der vergangenen Nacht heimgesucht. Es war einer ihrer ersten Alpträume, die sie über ihre Ermittlungen hatte.
„Komisch", murmelte sie resigniert.
Als sie registrierte, dass es schon 11:00 Uhr war, stand sie müde auf. Gestern hatte so ein schlimmer Sturm gewütet, dass sie nicht zur Ruhe kommen konnte. Außerdem hatte sie immer wieder an diesen Mann denken müssen. Und natürlich auch an Officer Baskin und seine Worte.
Müde schlurfte sie nun zum Kühlschrank und holte drei Eier heraus. In eine saubere Pfanne schlug Grace zu erst ein Ei hinein, dann zwei und zum Schluss das dritte. In der Zeit, wo sie brutzelten holte sie sich Gemüse und schnippelte es. Als die Eier zur Hälfte gebraten waren, gab sie das Gemüse hinzu.
Den Tisch deckend dachte sie schon wieder nach.
Was ist wenn der Officer recht hatte?, stellte sie sich immer wieder die Frage.
Bald schon waren die Spiegeleier fertig und sie konnte sich diese auf den Teller kratzen. Gierig schaufelte Grace sie sich in den Mund.
Nach dem Frühstück beschloss sie, wieder zur Arbeit zu fahren. Zwar war sie eher eine verdeckte Ermittlerin, dennoch wollte sie mehr herausfinden.
Sie zog sich heute etwas eleganteres an. Es war eine hellblaue Bluse mit einem weißen Rock dazu. Ihre Handschuhe waren ebenfalls weiß und ihre Schuhe waren blau, genauso wie die Schleife an ihrem Haarband.
Grace schwang sich elegant in ihr Automobil und fuhr los. Entspannt beobachtete sie die vielen kleinen Läden, die schon um 7:00 Uhr aufmachten, um lange arbeiten zu können. Gerade stellte ein junger Mann ein Schild vor den Laden.
Johnny's Snacks
Sandwich-Day
Nur heute!
Zu allen Sandwiches
bekommen sie eine heiße Schokolade gratis dazu!Das klang nach einem verlockendem Angebot für Grace, doch im Moment hatte sie keine Zeit dort anzuhalten. Des Weiteren hatte sie sowieso schon gefrühstückt. Vielleicht würde sie über Mittag hierher kommen.
Das Café war einfach wunderschön. Das Ambiente war amerikanisch, aber die Sandwiches schmeckten wie damals in ihrer Kindheit. Früher hatte sie in London gewohnt, bis ihre Mutter ihren Bruder und sie mit nach New York nahm. Ihr Vater war reich, weswegen die damalig schwere Scheidung viel Geld hinterließ.Irgendwann verstarb ihre Mutter und sie zog nach Chicago, um ein neues Leben anzufangen. Robert - ihr älterer Bruder - erbte sowieso die New Yorker Wohnung. Er hatte einen Job als Bankier angenommen. Kinder hatte er noch keine, aber eine wunderschöne Frau. Audrey. Er hatte wirklich Glück mit ihr.
Gerade jetzt bekam Grace Heimweh. Sie wollte unbedingt nach New York zu Robert, also beschloss sie, ihn später mit ihrem Fernsprecher anzurufen. Sie hatte sich erst vor kurzem einen angeschafft und es machte ihr so unglaublich Spaß, damit zu kommunizieren.
*
„Ich bin erstaunt, Miss Hallington."
Grace wurde bei Zeiten von Officer Baskin in sein Büro gerufen.
„Sie haben tatsächlich eine wichtige Information aus ihm herausgequetscht!", rief er freudig.Grace lächelte. „Natürlich. Sie kennen mich doch, ich kriege immer meine Antwort", scherzte sie. Eigentlich war es kein Scherz, doch vor ihm sollte es so aussehen.
Officer Baskin lachte amüsiert über ihre Antwort. „Sie haben sich verdient den Nachmittag die Füße hochzulegen. Die letzten Tage waren sicher anstrengend."
Er war zufrieden, das bemerkte Grace auf der Stelle. Und das, war ein sehr gutes Zeichen.
„Also, machen Sie etwas daraus und denken Sie nicht allzu sehr daran. Wir sind ganz dicht daran, diesen Fall zu lösen." Euphorisch grinste er und stand dann auf. „Bis morgen, Miss Hallington."„Ich danke Ihnen, Mr. Baskin." Zum Abschied lächelte Grace ihn einmal an und verließ dann das Büro. Zwar wusste sie noch nicht ganz genau, was sie tun wollte, aber irgendetwas würde ihr schon einfallen.
„Wow, Sie haben einfach frei bekommen?" Henry stützte links neben ihr an der Wand.
Beinahe erschreckte Grace sich. „Nicht einfach so, mein lieber." Sie lief nach rechts in Richtung ihres Büros. Natürlich folgte Henry ihr, wie auch sonst? „Das war Arbeit, ich hoffe, dass Sie sich dem bewusst sind?" Beim Sprechen drehte sie sich nicht um, sondern lief einfach weiter.„Natürlich bin ich mir dem bewusst." Er war stets darauf bedacht einen guten Eindruck bei allen zu hinterlassen. Er bemühte sich sosehr einen guten Gentleman abzugeben, doch er wusste selber, dass er oft viel zu nervös war.
Grace öffnete die Tür zu ihrem Büro und nahm ein paar Akten aus dem Schrank. Damit konnte sie sich die Zeit bis morgen vertreiben.
„Was tun Sie da?", fragte Henry sie neugierig.
„Nichts Besonderes. Ich räume nur ein paar wichtige Akten aus dem Schrank, um sie mit nach Hause zu nehmen", antwortete sie beim Heraussuchen. Da sie eine verdeckte Ermittlerin war, hatte sie viele Privilegien, die sie auch keinesfalls verlieren wollte. Eine davon war, Akten der Verdächtigen und Opfer ihres jetzigen Falles bis zum nächsten Tag mit nach Hause nehmen zu können.
„Bei Ihnen ist ja alles nichts Besonderes."
„Nun ja..." Sie schmunzelte. „... nicht alles, aber vieles." Sie drehte sich zu ihm und blickte unter ihrem großen Hut hervor. „Wenn ich nun vorbei dürfte?"
„Nein", sagte Henry ernst.
„Wie bitte?" Grace wurde etwas ärgerlich.
„Erst wenn Sie mir versprechen, dass Sie Ihren freien Tag nicht an diesem Mord verschwenden." Er sah sie mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und einem Lächeln an.
Grace lächelte schief. „Das ist ja wirklich nett, aber wenn ich die Akten erst einmal habe, muss ich sie mir auch ansehen. Außerdem weiß ich nicht, wie ich mich sonst beschäftigen sollte."
„Ich wüsste da etwas." Er lächelte verschmitzt. „Wie wäre es, wenn wir heute Abend ins Voigt's gehen? Dort ist es wirklich schön. Und die Musik erst die wir-"
„Schon gut. Ich weiß das sehr zu schätzen, aber ich habe keine Zeit", unterbrach Grace ihn.
„Oh bitte, ich war schon lange nicht mehr aus." Er sah sie bittend an. „Von mir aus, können wir das Restaurant auch sofort wieder verlassen, wenn Sie wollen. Nur ich habe das Gefühl..." er stockte einen Moment. „... dass wir beide viel zu viel arbeiten", gestand er.
„Also schön. Ich gebe auf." Sie lachte einmal kurz auf.
„Ich werde Sie gegen 6 Uhr abholen. Wie lautet Ihre Adresse?"
Grace nannte ihrem Kollegen die Adresse und ging dann nach Hause.*
Es war zwar erst zwei Uhr, aber eigentlich hatte sie überhaupt keine Lust auf den Abend. Sie hatte bereits bei 'Johnny's Snacks' zu Mittag gegessen. Sie setzte sich auf ihre Couch und sah sich die Akten an. Sie konnte einfach keinen Zusammenhang finden. Nichts, wies auf irgendetwas hin.
Als sie das nächste Mal aufblickte, war es bereits halb drei. Sie schloss alle Akten und verschloss sie sicher in ihrem Schrank.
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Hi! Ich hatte einfach mega Lust, noch ein Kapitel hochzuladen!
Übrigens ist das Buch jetzt beim Colour Award 2019 dabei! Freue mich echt darüber.Bis zum nächsten Mal!
~KatnissBlondie

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Brother #ColourAward18
Mystery / ThrillerChicago 1947. Mord. Liebe. Eifersucht. Ein weiterer Mordfall wurde Grace Hallington zugeteilt. Doch der macht es ihr ziemlich zu schaffen. Zudem kommt noch, dass ihr alter Schulfreund und Verdächtiger sie verführen möchte. Und dann ist da noch ihr...