Kapitel 3 Nichts als Ausreden

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Mist, ich würde so etwas von zu spät kommen. Ich radelte immer schneller und trat kräftig in die Pedale. Ich würde mich beim Schwimmtraining verspäten. Und eine zündende Idee, wie ich Anja schonend beibringen würde, dass ich aufhöre, hatte ich auch noch nicht. Ich überlegte, aber mir fiel kein glaubhaftes Argument ein. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ein Auto wie wild hupte. Erschschrocken fuhr ich hoch. Mist, ich wäre beinahe an einer roten Ampel vorbei gefahren. Den Rest meines Weges konzentrierte ich mich auf die Strasse und schob alles andere in meinen Hinterkopf. Als ich eine Viertelstunde später im Schwimmbad stand, wünschte ich mir, mir etwas überlegt zu haben. Anstatt mich umzuziehen marschierte ich in meinen Kleidern zum Schwimmbecken. Dabei achtete ich gut darauf, dass ich keinen Tropfen Wasser berührte. "Marina, wieso bist du nicht umgezogen? Wir haben viel zu tun. Heute ist Montag, am Samstag beginnen die Meisterschaften", wurde ich von Anja begrüsst. "Ähm ja, ich weiss. Darüber muss ich mit dir reden. Ich werde nicht teilnehmen können", versuchte ich es ihr schonend beizubringen. "Waaas? Sag, dass das ein schlechter Scherz ist, Marina. Du bist meine beste Schwimmerin. Du kannst das Team doch nicht im Stich lassen", antworte Anja erschrocken. "Ja ich weiss, aber ich habe chronische Rückenschmerzen. Der Arzt sagt, dass das ein paar Wochen dauert, bis ich wieder schwimmen darf, weil es zuerst besser werden muss. Es wird sonst nur schlimmer", schwindelte ich. Das war das Beste, was mir gerade einfiel und ich war damit sehr zufrieden. Anja war jedoch gar nicht zufrieden. "Das ist ja schade. Dann bring mir Morgen ein Arztzeugnis und ich streiche dich von der Liste!", meinte Anja und notierte irgendetwas in ihrem Notizheft. Oh nein, daran hatte ich gar nicht gedacht. So viel zu meiner tollen Idee. "Muss das sein? Ich bin gerade total im Stress, Schularbeiten und so", versuchte ich mich zu retten. "Tut mir leid Marina, aber aus der Liste für die Junioren Meisterschaften kann man nur mit einem Arztzeugnis gestrichen werden. Aber das ist ja kein Problem. Du gehst einfach kurz bei deinem Arzt vorbei und holst es dir!", lachte sie. Ich zwang mich auch zu einem lächeln. Aber innerlich schrie ich vor Verzweiflung. Wie fälscht man ein Arztzeugnis? Die einfachste Lösung wäre, wenn ich wirklich etwas hätte.

Das beschäftigte mich auch noch am Nachmittag. Doch dann hatte ich endlich eine Idee. Ich würde einfach chronische Rückenschmerzen vortäuschen und dann damit zum Arzt gehen. Ich hoffte einfach, der Arzt würde es mir abkaufen. Er könnte das doch nicht überprüfen, oder? So radelte ich zu meinem Arzt, bei welchen ich einen Termin wegen Rückenschmerzen hatte. Als ich angekommen war, schickte mich die Frau am Eingang ins Wartezimmer. Während ich einige Minuten da sass, blätterte ich in einer Zeitschrift und wartete. Endlich kam eine junge Arzthelferin ins Wartezimmer und rief mich auf. Ich folgte ihr in das Behandlungszimmer. "Marina, du musst noch kurz warten, Doktor Hansen kommt gleich. Zieh bitte dein Shirt schon einmal aus. So kann der Doktor deinen Rücken gleich abtasten", meinte die Arzthelferin. Ich nickte höflich. Die Arzthelferin drehte sich noch einmak kurz zu mir um und verliess dann den Raum. Als einige Minuten später die Tür sich wieder öffnete und der Arzt hinein kam, bekam ich einen Hustenanfall. Dieser war aber echt, denn ich hatte mich verschluckt. "Hoppla! Das ist aber eine stürmische Begrüssung. Hast du neben den Rückenschmerzen auch noch Husten?", fragte mich der Arzt. "Nein, nur die Rückenschmerzen, ich habe mich gerade verschluckt!", meinte ich und wurde ein wenig rot. "Na, dann wollen wir mal sehen, was dir fehlt!", sagte der Arzt und tastete zuerst meinen Rücken ab. "Hmm... okay... aber das ist ja...", murmelte er vor sich hin und sagte dann zu mir gewandt: "Soviel ich sehe, ist alles gut. Wir müssen wohl noch röntgen, damit ich feststellen kann, was dir fehlt, aber es ist nicht klar, ob ich es feststellen kann. Manchmal sind chronische Erkrankungen schwer zu bestimmen." So war ich ein paar Minuten später in einer kleinen Kammer und hatte eine Bleischürze oder so etwas ähnliches um mich herum. Das ging schnell vorbei und ich musste wieder zurück ins Wartezimmer. Als ich wieder ins Behandlungszimmer konnte, meinte der Arzt: "Marina, auf dem Röngtenbild ist nichts zu sehen. Alles ist volkommen gesund. Ich habe nichts gefunden. Wir müssten einen MRI (eine spezielle Untersuchung) machen. Aber zuerst musst du noch etwas machen", meinte Doktor Hansen. Er zeigte auf einen Ball, welcher am Boden lag und sagte, ich solle ich aufheben. Das tat ich und stöhnte einmal, damit es echter klang. Dann sagte der Arzt: "Ich gebe dir zuerst einmal ein Arztzeugnis für den Sportunterricht. Wenn es nicht besser wird, dann müssen wir weitere Untersuchungen machen" Puh, geschafft. Ich setzte mein schönstes Lächeln auf, als der Arzt mir das Arztzeugnis unterschrieb. Ich seufzte erleichtert, als ich aus der Praxis draussen war. Das war vielleicht kompliziert. Das nächste mal müsste ich mir eine Ausrede ohne Haken überlegen. Ich machte mich gleich auf den Weg zu Anja und überreichte ihr das Arztzeugnis. Es sah auch echt aus. Darauf stand, dass ich zwei Wochen Pause machen sollte. In zwei Wochen würde ich mir also etwas neues überlegen müssen. Denn wenn es bis dann nicht "besser war", dann müsste ich weitere Untersuchungen machen. Aber im Moment war ich mit dieser Ausrede glücklich, denn soweit hatte alles geklappt. Bis jetzt, denn das änderte sich einige Tage später.

"Marina, bist du zu Hause?". rief mein Vater einige Tage später, als er von der Arbeit nach Hause kam. "Ja, wieso?", rief ich aus meinem Zimmer. "Kommst du bitte mal?", rief er zurück und seine Stimme klang viel ernster als sonst. "Was ist? Ist etwas passiert?", rief ich nach Luft schnappend, als ich ausser Atem die Treppe hinuntergestürzt kam. "Allerdings! Ich habe gerade eine Rechunug von deinem Arzt bekommen. 150 Euro! Warst du beim Arzt ohne mir das mitzuteilen? Bist du krank?", fragte mein Vater. Nun klang er etwas besorgt. Na super, an die Rechnung hatte ich natürlich nicht gedacht. "Ähm ja.... ich habe chronische Rückenschmerzen bekommen und bin dann zum Arzt gegangen und der hat Untersuchungen gemacht um sicher zu sein, dass alles okay ist. Er hat aber nichts herausgefunden! Wenn es bis in zwei Wochen nicht besser ist, dann muss ich weitere Untersuchungen machen", gab ich ihm Antwort. "Marina, wieso hast du mir nichts gesagt?", seufzte mein Vater, "Du kannst doch nicht hinter meinem Rücken zum Arzt gehen und ich weiss nicht einmal, dass du krank bist" "Jaaaa, ich werde es dir nächstes Mal erzählen" Und damit er nicht verdacht schöpfte, erzählte ich ihm, dass ich an den Meisterschaften darum nicht teilnehmen können würde. Aber es war trotzdem ganz schön knapp.

Marina - Magie der Meere (H2o Fan Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt