Verteidigung von Berk

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Der kalte Nachtwind peitschte mir ins Gesicht wie kalte Striemen die meine Haut bearbeiteten. Die Luft war deutlich wärmer geworden und der Mond war über den Nachthimmel gewandert. In der Ferne sah ich die allzu bekannte Insel aufragen, deren Bewohner friedlich vor sich hinschlummerten. Keine Spur von Drago weit und breit, doch es konnte nur eine Frage der Zeit sein. Frostflügel flog kurz über der Wasseroberfläche, seine raschen Flügelschlagen verursachten mittelgroße Wellen von denen ab und zu ein paar Wassertropfen auf mir landeten. Mein Magen zog sich zusammen an dem, was sich mir bald in den Weg stellen würde. Wir flogen an den zwei steinernen Vikingern vorbei, die aus dem dunkelblauen Wasser hervorragten um den Eingang zu Berk zu signalisieren. Frostflügel landete direkt in der Dorfmitte; zwischen der Schmiede und der großen Halle. Sofort sprang ich aus dem Sattel und rannte mit meinen, vom Flug steifen, Beinen los um mir dir erstbeste Waffe zu nehmen die ich finden konnte. In diesem Fall war es eine Axt die nicht ganz scharf, aber auch nicht stumpf war. Entlang des Weges waren mehrere Fackeln aufgebaut um den Weg zu beleuchten. Ohne zu zögern schnappte ich mir eine aus der Halterung und stürmte auf das erstbeste Haus zu. Verdammte Axt, wo sollten die ganzen Berkianer hin? In den Wald oder in die Große Halle? Die Große Halle wäre meine erste Wahl gewesen, denn sie gab es schon seit Generationen und hatte bestimmt schon viele Vikinger beschützt, aber wenn Drago es durch die massive Tür schaffen würde wären sie in die Ecke gedrängt. Der Wald? Das bietet zwar mehr Fluchtmöglichkeiten aber absolut keine Verteidigung. Da hörte sich die Große Halle doch gar nicht so schlecht an. Ich öffnete die Tür und stürmte in das Haus hinein. Nachdem ich die Einwohner alarmiert hatte und ihnen sagte sie sollen ihre Freunde und Nachbarn auch aufwecken und in die Große Halle führen, rannte ich wieder nach draußen. ,,Luna? Soll ich helfen?'' Unterbrach mich Bastiaan in meiner Nervosität. ,,Ja! Nimm so viele Waffen aus der Schmiede wie du kannst und bring sie in die Große Halle!'' Der Schwarzhaarige nickte und rannte in die Schmiede. Um mich herum begann das Dorf langsam aufzuwachen; mehrere Fackeln leuchteten auf und lauter verwirrte Gespräche fingen an, jedoch waren alle auf dem Weg in die Große Halle. Ich strich mir eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und machte mich auf den Weg, mehr Leute zu alarmieren.


Die Luft war stickig und gefüllt mir Anspannung und Angst. Alle redeten verwirrt durcheinander und die Drachen schlugen aufgeregt mit ihren Flügeln. In der Mitte der Halle brannte das große Lagerfeuer. Ich stieg auf einen der Tische und überblickte die Lage. ,,HÖRT MIR MAL ALLE ZU!'' Schrie ich um mir Aufmerksamkeit zu verschaffen und nach kurzer Zeit verstummten alle. Ich holte gerade Luft um eine Erklärung zu liefern, als- ,,Wo ist Haudrauf?'' Natürlich brachen danach wieder die Diskussionen und Forderungen los. ,,Ich weiß nicht wo Haudrauf ist, aber Drago ist auf dem Weg hierher! Ihr müsst euch hier drin verschanzen solange es geht! Er darf unsere Drachen nicht bekommen und Berk nicht zerstören! U-'' Mit einem ohrenbetäubenden Knall fing die Erde an zu beben. Kleine Steine rieselten von der Decke und die Tische wackelten ächzend. Eine Welle von Übelkeit überrollte mich und drückte auf meinen Magen. Er war hier. Mein Griff um die Kampfaxt verstärkte sich und mit Herzklopfen sprang ich vom Tisch. Mit weichen Knien bahnte ich meinen Weg durch die Menschenmenge, die inzwischen verstummt war. Vor der massiven steinernen Türe angekommen fühlte es sich an als würde sich die Welt um mich herum drehen und meine Beine gleich nachgeben. ,,Ihr bleibt hier und verriegelt die Tür.'' Bevor jemand etwas erwidern konnte erschütterte ein weiterer Knall die Halle und ließ die Erde beben. Dieses Mal schallten Angstschreie durch die Luft, Kinder drängten sich an ihre Mütter und einige knieten zusammengekauert an den Wänden. In der ganzen Aufregung öffnete ich die Tür einen Spalt, trat hinaus und drückte sofort wieder mit meinem Rücken dagegen um sie wieder zu schließen. Mit geschlossenen Augen atmete ich noch einmal tief die kühle Nachtluft ein und richtete meinen Blick noch vorne. Mein Atem stockte. Berk war übersät mit scharfen Eiszapfen die majestätisch und tödlich in die Höhe ragten; die Häuser durchbohrt und alles verwüstet. Doch es gab noch ein größeres Problem; die Drachenarmee die über Berk schwebte, bestehend aus allen Drachen die ich kannte. Der gesamte Nachthimmel war bedeckt mit Drachen, als wären sie schon immer dort gewesen und gehörten dorthin. Im Zentrum von allem stand der Alpha und hatte seinen eiskalten Blick auf mich gerichtet. Ich hielt meine Axt fest in der Hand als wäre es meine Rettungsleine, als könnte diese kleine Waffe mich tatsächlich beschützen. Neben dem gigantischen, grauen Drachen flog Drago auf Ohnezahn. Seine rote Schwanzflosse wehte leicht im Wind. Obwohl ich ihn nicht genau sehen konnte wusste ich genau wie Drago sein Gesicht vor Enervation verzog, denn nach seinem Plan hätte ich schon längst tot sein müssen. Wie in Zeitlupe sah ich wie sich das Maul des Alphas öffnete. Sofort rannte ich los und spürte wie hinter mir eisige Spitzen meinen Platz einnahmen. Ich rollte mich ab und rannte sofort weiter. Meine Beine berührten kaum den Boden, der Wind rauschte mir in den Ohren und ich kapierte auf einmal wie schutzlos ich bin. Nur eine kleine Axt reichte nicht zur Verteidigung, und ohne Schattenklinge hatte ich weder die Möglichkeit zu fliegen noch ihre Plasmasträhle zu benutzen. Ich fühlte mich nackt, doch ich hatte mich darauf eingelassen mit genau diesem Wissen und jetzt konnte ich nicht einfach den Schwanz einziehen! Ohne einen Plan wich ich den weiteren eisernen Beschuss aus, wenn auch nur immer knapp. Es fühlte sich komisch an dass niemand sprach, es war viel zu still. Sollte in solchen Situationen normalerweise kein Wortwechsel zwischen den beiden Seiten geschehen? In anderen Situationen vielleicht, doch das hier war anders. Beide Seiten wussten ganz genau was der Andere vorhatte, und man brauchte keine Worte um diesen Kampf zu führen. Ich kletterte auf einen der Eiszapfen und hielt mich mit aller Kraft fest. Ein kalter Sturm war aufgezogen und meine Haare wehten mir ins Gesicht. Gegenüber von mir befanden sich weitere Eiszapfen, die noch höher gingen als der, an dem ich mich momentan festhielt. Ich hörte wie der Alpha vor mir zu einem weiteren Schuss ausholte und bekam kaum mit wie meine Gedanken sich auf einmal ausschalteten und ich einfach sprang. Ich konnte mich gerade so an dem Eis festhalten ohne herunterzurutschen. Schon wieder fühlte ich mich schutzlos wie ich dort, wortwörtlich am seidenen Faden hing. Meine Muskeln brannte, doch ich kämpfte mich durch und zog mich an dem rutschigen Eiszapfen hoch. Ich war genau richtig. Mit ausgestreckten Armen balancierte ich auf Ohnezahn und Drago zu; ein leichtes Grinsen umspielte meine Lippen. Ich sah wie Drago seine Augen hektisch aufriss als er bemerkte was ich vorhatte. Er begann seinen Eisenstab in der Luft umherzukreisen und wollte gerade einen seiner ohrenbetäubenden Schreie von sich geben als ich von dem Eiszapfen absprang und mit all meinem Gewicht mich gegen ihn schmiss. Er rutschte aus dem Sattel und wir fielen gemeinsam in die Tiefe. Das schnelle Gefühl des Fallen das mir immer Bauchschmerzen verursachte war schnell vorbei, denn sofort kam ich auf dem Boden auf. Mein rechter Arm schmerzte und mein Kopf dröhnte als würden eintausend Drachen darin brüllen. Mein Sichtfeld verschwamm in bunte Punkte die vor meinen Augen tanzten, doch ich rappelte mich auf. Drago lag noch am benommen am Boden aber griff aus Gewohnheit um sich um seine Waffe zu finden. Er schaute auf und griff unkoordiniert und langsam nach dem Stab. Ich stürzte vorwärts, griff nach der Waffe und zog sie mit einem Ruck aus der Erde. ,,Es ist vorbei, Drago.'' Ich hielt den Stab fest in beiden Händen mit der scharfen Seite auf Drago gerichtet. Er schaute mich von unten an mit einem übermütigen Grinsen an. ,,Ach wirklich?'' Hinter mir wurde das Schreien und Gurren der Drachen lauter und ich drehte langsam meine Kopf um hinter mich zu schauen. Verdammte Axt. Flammen leuchteten in den Mäulern der Reptilien auf und alle Augen waren auf mich gerichtet.

Drachenzähmen leicht gemacht 2- eine etwas andere Geschichte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt