three

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Thomas, mein geliebter Thomas,

Ich habe eine schwierige Entscheidung treffen müssen, die in Deinen Augen möglicherweise nicht die Richtige war, aber ich bin mir sicher, dass Du mich nach diesen Zeilen verstehen wirst.

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Erinnerst Du Dich an den Tag, an welchem ich spät abends weinend vor Deiner Tür stand und Du mich besorgt und geschockt in den Arm nahmst? Du hattest mich schweigend umarmt und durch mein durchnässtes Haar gestrichen, während du mich immer fester an deine Brust gezogen hattest.

Ich war glücklich, dass Du da warst.

Du hattest mich in deine Wohnung gebeten, und hast Dich gemeinsam mit mir in dein hellgrünes Wohnzimmer, welches Mia so sehr liebte, gesetzt. Du reichtest mir eine heiße Tasse Kakao mit kleinen Marshmallows und eine warme blaue Decke, mit der Du mich liebevoll zudecktest.

Ich bemerkte Deinen besorgten Blick, während es völlig still um uns geworden war, und ich wusste, dass Du dich fragtest, was passiert war. Ich schätze, Du wolltest mich mit Deiner Frage nicht belasten, und wartetest darauf, dass ich es Dir selber erzählte.

Das tat ich. Doch leider, war es nicht die Wahrheit.

Ich erzählte Dir, dass Michael Schluss gemacht hatte. Ich wusste, ich brauchte einen guten Grund, denn Du würdest fragen, deshalb erzählte ich Dir, dass er mich betrogen hatte. Bis heute, weiß ich nicht, wieso ich Dir damals nicht die Wahrheit erzählt hatte.

Du warst wütend. So wütend, hatte ich Dich selten gesehen. Deine kleine Schwester wurde verletzt, man hatte ihr Herz gebrochen. Dachtest Du jedenfalls.

Du wolltest mit Ihm reden, obwohl Du nicht ahnen konntest, dass unsere Beziehung an einem Punkt angekommen war, der nahe zu perfekt war. Ich war glücklich mit Ihm und mir tat es leid, dass ich Dich anlügen musste, aber was wäre, wenn ich Dir die Wahrheit erzählt hätte?

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Heute ist der Zeitpunkt gekommen, um es Dir zu erzählen:

Am 19. September 2011, dem Tag, als ich weinend vor Deiner Tür stand, war etwas anderes passiert. Etwas, was mich bis heute verfolgte und in meinen Träumen heimsuchte und mich zu weiteren Tränen zwang. Ich hatte versucht es zu verdrängen, doch ich scheiterte.

An jenem Tag, als ich mich auf den Heimweg machte, durchquerte ich den Westquill Park.
Ich hatte mir meine schwarzen Kopfhörer in meine Ohren gesteckt und hörte laute Musik.
Dabei hörte ich Ihn und seine Schritte nicht. Vielleicht hätte ich wegrennen können, vielleicht hätte ich es geschafft und wäre ihm entkommen. Vielleicht..

Er hatte einen perfekten Moment abgepasst, ehe er näher kam und mich von hinten völlig überrumpelte und in einen der dichten Büsche zog und mich vergewaltigte.
Danach, ließ er mich auf auf dem kalten Boden liegen, und verschwand.
Ich fühlte mich elendig schmutzig.

Es war meine Schuld gewesen, nicht wahr?
Ich hätte versuchen sollen mich mehr zu verteidigen. Wieso war ich auch Nachts unterwegs? Wieso..?

Ich gab mir selber die Schuld, für eine Tat, für die ich praktisch selber nichts konnte. Es war vorhersehbar, dass ich mich niemals hätte alleine verteidige können.
Er war viel größer und stärker als ich, ich hatte keine Chance.
Doch trotzdem, obwohl mir klar geworden ist, dass ich es nicht verhindert konnte, gebe ich mir noch heute täglich die Schuld dafür und zerstöre mich innerlich selbst.

Deshalb hoffe ich sehr, dass du mich verstehen kannst, wenn ich sage, dass ich dass alles nicht mehr schaffe. Diese Erinnerungen zerfressen mich einfach. Immer.

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Wenn Du mir nicht verzeihen kannst, und mich nicht versteht, dann bitte tu mir dennoch einen Gefallen.

Bitte pass' auf Mia auf.
Vielleicht war es falsch, sie alleine zu lassen, aber ich kann einfach nicht mehr.
Ich weiß, dass es mich kaputt machen wird, nicht zu wissen ob es Ihr gut geht. Es gibt so viele schlechte Menschen auf der Welt, vielleicht ist sie gerade einem von diesem in die Arme gelaufen.. 

Dennoch hoffe ich, dass es einen Menschen, wenn auch nur einen einzigen, auf der Welt gibt, der Sie beschützt und Ihr nicht weh tut. Mia ist ein wundervoller, lebensfreudiger Mensch. Sie ist noch so jung, sowas hat sie einfach nicht verdient. Niemand hat das.

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Die Zeit ist nun gekommen.
Ich sollte mich nun von Dir verabschieden. Es tut mir weh zu wissen, dass ich dies nicht persönlich tun kann und Dich nie wieder sehen werde. 

Tommy, ich danke Dir für alles, was Du jemals für mich getan hast.

Du warst immer für mich da, wenn ich Hilfe brauchte und halfst mir, sogut Du konntest.
Du hast mich in sovielen Hinsichten auf mein Leben geprägt und gestärkt, und sobald es mir schlecht ging, zogst Du mich auf die Beine und sprachst mir Mut zu.

Ich habe Deinetwegen immer versucht zu kämpfen, und wärst Du nicht da gewesen, wäre ich viel früher gegangen, denn Du hast mich dazu bewegt, nicht aufzugeben.

Vergiss niemals, dass du wundervoll bist, ich liebe dich.
Maria.

»I Really Don't Care.«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt