Chapter 5

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Ich schultere meinen Rucksack und laufe langsam in Richtung Schulgebäude. Aus der Ferne sehe ich, wie sich Malte, Kalle und der Rest der HP-Gang gerade durch das Gebüsch zurück auf den Pausenhof zwängen. Die einzige Erklärung für ihr Erscheinen aus dieser Richtung ist, dass sie sich schon vor der Schule getroffen haben, um noch eine Runde zu rauchen. Warum haben sie bloß genug Energie dafür, früher aufzustehen, um sich noch vor Schulbeginn zu versammeln, aber keine, um ihre Hausaufgaben zu machen oder wirklich den ganzen Schultag
durchzuziehen ohne zu schwänzen?! Kopfschüttelnd und selbst Richtung Eingang laufend, beobachte ich die leicht scheinbar schlecht gelaunte Gruppe, bis sie eine kurze Zeit vor mir ins Schulgebäude gehen und dadurch aus meinem Blickfeld verschwinden. Zusammen mit irgendeinem Sechstklässler, der mir netterweise die Tür aufhält, es gibt sie also doch noch, die jüngeren Schüler mit Respekt, betrete nun auch ich das, von vielen so gehasste, Gebäude. Anders als die vielen Schüler um mich herum und bestimmt auch die Gruppe die ich bis eben beobachtet habe, gehe ich nicht die Treppe zu meiner Linken hoch, sondern durchquere das Untergeschoss einmal, um dann auf der anderen Seite wieder den Ausgang zu benutzen. Mein absolutes Lieblingsfach wird nämlich zu allem Überfluss auch noch in einem meiner Lieblings"räume", den Containern, unterrichtet und die stehen bekanntlich Draußen.

Schon als ich die Tür aufstoße erkenne ich Anne unter den Schülern, die in der morgendlichen Sonne vor den Containern stehen. Sie unterhält sich gerade angeregt mit Elisa und Franka. Franka ist eine sehr gute Freundin von Jessi Mill und dementsprechend vor allem auf Partys ein bisschen bitchig unterwegs. Anders als Jessi ist sie jedoch, alles andere als eine nervige "Streberin". Ehrlich gesagt ist sie in nüchternem Zustand wirklich nett und ein guter Gesprächspartner in Religion oder, wie auch in diesem Fall, Französisch.

"Tina!! Da bist du ja endlich!!", schreit Anne erfreut über den halben Schulhof, als sie mich erblickt. Sie stellt ihre Tasche und den Kuchen, den sie bis gerade in der Hand gehalten hat, hektisch auf dem Boden ab und kommt mir entgegen gelaufen. Sobald sie mich erreicht hat, zieht Anne mich in eine feste Umarmung und murmelt: "Alles alles Gute Geburtstagskind!!". "Danke!!", antworte ich und löse mich langsam aus der Umarmung, eine beste Freundin ist doch einfach das beste was einem passieren kann! "Schicke Brille, der Rucksack ist auch neu oder?", fragt sie direkt, während wir entspannt Richtung Container "zurück" schlendern. "Danke.. und Joa", sage ich und strahle sie glücklich an.

Wir gesellen uns zu Annes vorherigen Gesprächspartnern, wo mich Elisa auch sofort in ihre Arme zieht und mir, ebenso wie Franka, alles Gute zum Geburtstag wünscht. Wir beginnen ein Gespräch über meine anstehende Party am Samstag. Zum Glück waren mein Vater und ich am Wochenende schon ein bisschen produktiv, sodass ich meinen Freunden stolz verkünden kann: "Also für die Musikanlage ist schon alles vorbereitet, das Zelt liegt schon bei uns im Wohnzimmer und das wichtigste, die Getränke liegen schon im Keller!". "Sehr cool.. das wird bestimmt super!!", sagt Elisa und grinst mich an. In diesem Moment kommt unsere Lehrerin im Stechschritt auf uns zu gelaufen, was Anne dazu veranlasst, ihre Sachen wieder vom Boden aufzuheben. Unsere Lehrerin läuft hochmotiviert an uns vorbei und schließt die Tür zu dem kleinen, aus vier Räumen bestehenden, Komplex auf. Wir trotten weniger motiviert hinter ihr her.

Gerade als ich den letzten Schritt in die Klasse machen möchte, drehe ich mich noch einmal um. Ich hoffe vielleicht noch einen Blick auf Frederike erhaschen zu können, die dort eigentlich, zwischen den anderen stehen müsste, die ich aber bis jetzt noch nicht gesehen habe. Anstatt auf Frederike, fällt er jedoch auf Benedikt, der sich gerade mit seinem besten Freund Fahid unterhält. Ich bleibe für einen winzigen Augenblick stehen und beobachte die zwei. Benedikt hat sich Heute, trotz der gefühlten 35 Grad, für eine "lange", graue Hose entschieden. Das wäre ja nicht weiter auffällig, wenn diese nicht ungefähr in der Mitte seiner Wade aufhören würde und das "freie" Stück durch weiße Adidas Socken verdeckt wäre. Über seinen Geschmack in Sachen Kleidung lässt sich auf jeden Fall streiten. Bevor noch irgendwer etwas bemerkt, gehe ich weiter. Im Augenwinkel sehe ich jedoch, wie Benedikt hochschaut und für einen kurzen Moment auch in meine Richtung blickt. Leicht durcheinander lasse ich hinter mir die Tür ins Schloss fallen.

One Day Maybe He Will StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt