You are my lifesaver

Kapitel 5

Kurz vor 19 Uhr stand ich am besagten Treffpunkt. Es handelte sich dabei um eine Volksschule, die einen großen Turnsaal besaß, und wo wir üben konnten.

"Marie!" Lukas winkte mir von Weitem zu. Er stand mit ein paar anderen Leuten vor dem Eingang. Langsam ging ich auf die kleine Gruppe zu. Warum ich dem zugestimmt hatte, wusste ich nicht mehr genau. Eigentlich war ich bescheuert, dies überhaupt getan zu haben. Ich hatte schon lange nichts mehr Spannendes oder Lustiges erlebt, oder irgendetwas, was nicht dem Alltag entsprach. Mein Leben bestand hauptsächlich aus arbeiten gehen, einkaufen, Wäsche waschen, sie dann aufhängen und bügeln, dann hin und wieder für meinen Vater etwas kochen, was er dann ohnehin wieder bemault, und ans Grab meiner Mutter gehen.

"Hey.", sagte ich, als ich bei ihnen angekommen war.

"Das ist Marie, und sie sprang kurzzeitig für Rita ein.", stellte mich Lukas vor.

"Hey Marie. Ich bin Jonas." Ein Junge mit wunderschönen blauen Augen und braunem Haar, stellte sich bei mir vor. Die anderen taten es ihm gleich. So erfuhr ich, dass Lisa, Sonja, Paul und Marcel auch hier standen.

"Die anderen sind schon drinnen. Da wir nun vollzählig sind, sollten wir hineingehen.", meinte Paul.

Drinnen angekommen, stellte mich Lukas ein weiteres Mal vor, und ich erfuhr, dass wir insgesamt acht Tanzpaare waren.

"Unser erstes Lied wird Shallow von Bradley Cooper und Lady Gaga sein. Das zweite Lied ist von Queen, und zwar Don't stop me now.", teilte uns der Tanzlehrer mit, welcher mir gleich sympathisch vorkam. Er strahlte so viel Liebe für seine Leidenschaft, dem Tanzen, aus. Generell fand ich alle die mittanzten sympathisch. Keiner jammerte oder meckerte herum, alle schienen sich auf das Tanzen zu freuen. Selbst als ich Lukas ansah, hatte er einen glücklichen Gesichtsausdruck und plauderte noch kurz mit Jonas.

"Jungs und Mädchen sollten sich bitte an die gegenüberliegende Seite hintereinander aufstellen. Die Paare sollten allerdings so stehen, dass sie zum Tanzpartner finden, wenn sie losgehen." Und so ging es die nächsten zwei Stunden weiter. Wir bekamen Anweisungen, wie wir uns zu stellen hatten und probten alles nacheinander wieder und wieder durch. Bis wir schlussendlich das erste Lied bei der ersten Probe fast fertig bekommen hatten. Es waren sogar ein paar Hebefiguren dabei, bei der ich auch einmal zum Handkuss kam.

"Wie bitte? Ich soll da rauf?", war alles was ich sagte, als Lukas mir entgegenkam.

"Vertraust du mir etwa nicht?", war seine Gegenfrage.

"Wenn ich ehrlich bin, nicht wirklich. Aber das hat nichts mit dir zu tun. Ich vertraue nur generell nicht viel."

"Dann soll dich am Anfang jemand halten, damit du das Gefühl der Sicherheit bekommst." Ich konnte darauf nicht einmal erwidern, dass ich das nicht wollte, da rief er auch schon nach Jonas. "Jonas, deine Hilfe wird benötigt!"

"Was gibt's?", fragte dieser und zwinkerte mir zu. "Soll ich der Lady etwa hinaufhelfen?"

"Das kann ich ganz gut alleine.", meinte ich. Doch innerlich pochte mein Herz wie wild. Ich hatte große Angst hinunterzufallen. Auch wenn ich nur auf Lukas seiner Schulter saß. Sonja und Paul hatten genau die gleiche Hebefigur, wobei sich Sonja und ich, wenn wir erstmal oben waren, an den Händen griffen, und die andere freie Hand ausstreckten. Diese Figur war schön, keine Frage, dennoch hatte ich so etwas noch nie gemacht und ich fragte mich immer wieder, warum ich dem zugestimmt hatte. 

Doch als ich auf Lukas seiner Schulter saß und er mich hochhob, fühlte ich mich sicher. Er hielt mich an der Hüfte fest und als ich Sonjas Hand ergriff, hatte ich keine Angst mehr zu fallen. Es machte mir irgendwie sogar Spaß. Lukas und Paul drehten sich mit uns dann im Kreis und ich kam mir in dem Moment wie eine Königin vor. Auch wenn es verrückt klang, aber es fühlte sich gut an. Vor allem fühlte es sich gut an, etwas gewagt zu haben, was ich mir niemals erträumt hätte jemals zu tun.