Kapitel 2

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Durch ihren Wecker wurde Yvonne am nächsten Morgen geweckt. Sie schlug die Augen auf. Verschlafen tastete sie nach ihrem Wecker, schaltete ihn aus und drehte sich wieder auf die Seite. Aufzustehen kam ihr gerade nicht in den Sinn, denn sie hatte seit langem mal wieder richtig durchgeschlafen und wurde nicht von diversen Albträumen heimgesucht. Seitdem sie mit Lucas zusammen war, war ein ruhiger Schlaf nämlich leider nur noch ein Traum.
Bereit, wieder in einen gemütlichen Schlaf zu verfallen, schloss sie ihre Augen. Doch dieser war ihr nicht gegönnt, denn in dem Moment klingelte ihr Handy. Ein übertreiben frustriertes Seufzen überkam ihre Lippen. Blind griff sie nach ihrem Handy und nahm den Anruf entgegen. „Ja?" „Hyvää huomenta!", begrüßte sie eine ihr definitiv nicht unbekannte Stimme. Yvonne musste augenblicklich Lächeln. Samu hatte schon immer eine besondere Bindung zu ihr gehabt, beinahe so, als ob sie sich schonmal irgendwo getroffen hätten. Sie verstanden sich wirklich gut miteinander, konnten gemeinsam über alles lachen, sich aber auch über ernste Themen unterhalten, etwas, was Yvonne sehr schätzte. Leider hatte das in ihrer derzeitigen Situation große Nachteile, denn der Finne hatte sie schon des Öfteren gefragt, ob alles in Ordnung sei. Natürlich war er nicht der einzige, der diese Frage bereits gestellt hatte, aber für Yvonne war es am schwersten, ihn anzulügen. Seine blauen Augen waren so von Sorge durchtränkt, sein Blick so flehend und gleichzeitig fesselnd, dass es beinahe unmöglich erschien, ihn zu belügen. Ganz davon abgesehen, dass Yvonne es überhaupt nicht wollte. Sie wollte mit jemandem über ihre Probleme reden, sie wollte sich jemandem anvertrauen, sie wollte weg von ihrem gewalttätigen Freund, doch sie konnte nicht. Denn Lucas hatte ihr immer wieder gedroht, würde sie sich jemandem anvertrauen, würde er denjenigen krankenhausreif prügeln und das wollte Yvonne unter keinen Umständen. Sie wollte niemanden mit in diese Sache hineinziehen und deswegen schwieg sie über ihre Probleme, weihte niemanden ein, nicht einmal Samu.
„Guten Morgen", erwiderte die Sängerin verschlafen, „Wie komme ich zu der Ehre, dass du mich jetzt schon anrufst?" „I wanted to ask you, if I can come over in...30 minutes? Ich bringe auch Frühstück mit!" Sofort saß Yvonne kerzengerade in ihrem Bett. „30 Minuten?! Das schaffe ich doch niemals! Inzwischen müsstest du das aber wissen, Haber! Wir kennen uns schließlich auch nicht erst seit gestern." Samu lachte. „Da wir uns nicht erst seit gestern kennen, solltest du auch wissen, dass ich the most unpunctual Person in the whole world bin, also meine ich mit 30 Minuten eher 45 Minuten. Forgot?" Erleichtert atmete die Sängerin auf. „Kurzzeitig ja. Also ich rekapituliere: Du kommst in 45 Minuten vorbei und bringst Frühstück mit und ich muss quasi nur aus meinem Bett aufstehen und mich fertig machen?" „Exactly." Sie musste grinsen. „Ich denke, das kriege ich hin. Könnte zwar schwer werden, aber ich werde mich bemühen." Samu lachte. „You're Crazy. Good for you, I like crazy people. Ich will dich jetzt auch nicht länger aufhalten, aber one question habe ich noch; Ist dein Freund da?" Bildete sie sich das nur ein, oder betonte er das Freund auf irgendeine Art und Weise abwertend? „Nein, Lucas ist nicht da." „Okay. More time for us!" Yvonne konnte förmlich hören, wie er grinste. „But first, you have to get up! Also steh auf now! I'll be there in my way of 30 minutes!" „Ist ja schon gut Papa, ich stehe schon auf. Bis gleich!" Sie legte auf und hielt kurz inne. Ihre Laune war um einiges gestiegen, was sich deutlich an dem Grinsen, welches auf ihren Lippen lag, abzeichnete. Yvonne stand auf, lief sie ins Bad, entledigte sich dort ihrer Kleidung und stieg unter die Dusche.
Eine halbe Stunde später war sie fertig, hatte sich eine einfache Jeans und ein langärmeliges Oberteil angezogen und dezent geschminkt. Nun deckte sie noch den Küchentisch, Kaffee hatte sie ebenfalls schon gemacht, als es an der Tür klingelte. Sofort bildete sich ein Grinsen auf ihren Lippen, sie lief zur Tür und öffnete diese. „Samu! Pünktlich wie immer!", begrüßte sie den Finnen, welcher wie versprochen eine Tüte mit Brötchen in der Hand hielt. Er erwiderte ihr Grinsen. „Immer doch." Sie umarmten sich kurz, dann kam Samu rein. Während er seine Schuhe auszog, schnappte Yvonne sich die Tüte und lief in die Küche. „Ich hab' schon Kaffee gemacht", sagte sie, als der Finne ebenfalls die Küche betrat. „You're an Angel", erwiderte er darauf und zwinkerte ihr zu. Gespielt genervt verdrehte sie die Augen. „Schleimer..." Der Sänger grinste nur und setzte sich an den Tisch, genau wie Yvonne.
Während sie frühstückten, unterhielten sie sich über "The Voice", die anderen Coaches, die Talente, Samu erzählte noch von dem einen oder anderem fragwürdigem Ereignis, welches auf der Tour passiert war und noch vieles mehr, jedoch blieb alles größtenteils im Bereich von Musik.
Für einen Moment war ein Schweigen eingetreten, welches durch Yvonne unterbrochen wurde. „Kannst du mich nachher mitnehmen? Lucas ist für ein paar Tage geschäftlich unterwegs und hat das Auto genommen." Samu nickte. „Of course", kurz musterte er sie, „You don't seem to be very sad about the fact that he's away for a few days." Ihr Herzschlag beschleunigte automatisch. „Ja...Wir haben im Moment eine kleine...Beziehungskrise und...deshalb ja..." Samu glaubte ihr zwar kein Wort von dem was sie sagte, beließ es aber dabei. Er wusste, dass er sowieso nichts aus ihr herausbekommen würde. Yvonne hatte sich in letzter Zeit sehr zurück gezogen und das bereitete ihm verdammte Bauchschmerzen. Zuerst hatte sie einfach gesagt, sie müsse an neuen Songs weiterschreiben, es ginge ihr nicht gut oder sie hätte einfach keine Lust irgendwas zu unternehmen. Doch ihre Ausreden häuften sich, aber egal wie oft er sie fragte, es war immer alles in bester Ordnung. Glauben tat er ihr das jedoch schon lange nicht mehr.

Schweigend frühstückten sie zu Ende, während sein Blick auf ihr ruhte. Yvonne machte dies leicht nervös. Samu's Blick konnte manchmal so durchbohrend sein, dass es beinahe schon unheimlich war. An irgendeiner Stelle schwand ihre Angst vor Lucas plötzlich und sie spielte immer wieder mit dem Gedanken, sich dem Finnen anzuvertrauen. Als sie gerade das benutzte Geschirr in die Spülmaschine stellte, nahm sie all ihren Mut zusammen. „Samu..", sagte sie mit trockener Stimme. „Hm?" Sie knetete nervös ihre Hände. „Ich wollte... ich... ich..." Sie schluckte, „Dir was sagen." Der Finne kam auf sie zu und legte zwei Finger unter ihr Kinn. „Yvi, was ist los? Du bist total blass." Besorgt sah er sie an. „Naja, ich wollte.." Sie stockte. Plötzlich hörte sie Lucas' Stimme in ihrem Ohr. Seine Drohung, wenn sie sich jemandem anvertrauen würde, würde er sie verprügeln. Jetzt setzte auch ihr Verstand wieder ein. Was tat sie hier gerade?! Sie war gerade im Begriff, sich dem Finnen zu offenbaren, obwohl sie wusste, dass Lucas ihn dann ebenfalls verprügeln würde. Schnellstmöglich suchte sie nach einer Ausrede, um die Situation noch irgendwie zu retten.

„Ich wollte dich fragen, ob....ob du...Also jetzt mal angenommen wir wären zusammen. Würdest du mich betrügen?" Eine schwache Lüge wie Yvonne fand, aber besser als die Wahrheit. Zumindest in ihren Augen. Samu sah sie geschockt an. „You're joking right?" Die Sängerin schüttelte den Kopf. „Mal ganz abgesehen davon, dass ich absolut nichts davon halte, jemanden zu betrügen, nein. I could never cheat on you. I mean, du bist eine wunderschöne Frau, du hast Humor, du kannst über dich selbst lachen, what is really important for men too, you have a big heart und man kann sich mit dir gut unterhalten. I mean, about serious things. Was mich aber viel mehr interessiert...Why are you asking?" Er musterte sie. „Betrügt Lucas dich etwa?!" Yvonne konnte ganz genau die leichte Wut in seiner Stimme hören. Schnell schüttelte sie den Kopf. „Nein, er ist mir treu. Ich hatte nur mal kurz das Gefühl gehabt und wollte mir eine zweite Meinung dazu einholen, aber es ist alles in Ordnung zwischen uns." Prüfend sah er sie an. „Soll ich mal mit ihm reden?" „Nein! Auf keinen Fall!", wehrte Yvonne, schon beinahe panisch, ab, „Bitte. Behalt das einfach für dich, in Ordnung? Das würde mir verdammt viel bedeuten." Akribisch hob er eine Augenbraue. „You know what? I don't really believe you. Du hast dich verdammt viel verändert, seitdem du mit diesem Lucas zusammen bist und das gefällt mir ganz und gar nicht. You're acting completely different. Du bist fast nur noch im Studio und hier Zuhause. This is not you. This is not the same woman I got to know last year. Verdammt Yvonne, ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Du weißt, was du mir bedeutest. Willst du mir wirklich nicht sagen, was los ist? Ich möchte dir doch nur helfen.." Flehend sah er sie an. „Ich kann es dir einfach nicht sagen Samu", erwiderte sie, „Versteh das bitte. Es geht einfach nicht." Entschuldigend sah die Sängerin ihm in die Augen. „Why?" Sie schüttelte nur den Kopf, um ihm zu zeigen, dass sie nicht darüber reden konnte. „Ich kriege anscheinend sowieso nichts aus dir raus, Right?" Yvonne antwortete ihm darauf nicht. Samu seufzte. „Ist schon gut. Es ist deine Sache und ich hätte dich nicht so bedrängen sollen. Anteeksi." Der Finne hauchte ihr einen federleichten Kuss auf die Stirn, dann wanderte sein Blick zu der Uhr, welche an der Wand hing. „Wir sollten uns fertig machen. We have to be at the studio in 30 minutes." Mit diesen Worten ging er in den Flur. Yvonne starrte für ein paar Sekunden nur an die Wand. Samu machte sich Sorgen um sie, sie war aber schlicht und einfach zu feige um irgendwas zu sagen und dann entschuldigte er sich bei ihr? So sollte es nicht laufen. Das war doch alles mehr als unfair. Yvonne ärgerte sich über sich selbst, lief dann aber ebenfalls in den Flur und zog ihre Schuhe an. Samu war bereits fertig. „Vergessen wir das einfach wieder?", fragte er. Sie nickte nur. „Yvonne, ich wollte dir wirklich nicht zu nah treten. I'm gonna respect your life a little more now. Ich sollte mich da wirklich nicht einmischen. Seriously, I'm sorry." Sie lächelte leicht. „Ist schon gut, ich nehm' dir das nicht übel." Der Finne lächelte schief. „Hug?" Er hielt seine Arme offen für eine Umarmung hin, welche Yvonne liebend gerne erwiderte. Von dem Sänger ging einfach eine riesige Geborgenheit aus, die sie sonst nie fühlte.
Nach einer Weile lösten sie sich wieder voneinander und sahen sich in die Augen. „We should go", flüsterte Samu, „Otherwise kommen wir noch zu spät." Die Sängerin stimmte ihm zu und so verließen sie das Haus und gingen zu Samu's Auto.






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Fear and violence from him- Love and help from a friendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt