Es waren knapp fünf Stunden vergangen seitdem Avon und Berry das Dorf verlassen hatten. Nachdem sich der junge Mann von Erin und ihrer Großmutter verabschiedet hatten, lief das Flupp gezielt in den Wald, der am Dorf angrenzte. Hier war es erstaunlich idyllisch: Es roch wunderbar frisch, die Vögel zwitscherten zwischen den Ästen der grünen Bäumen, ab und zu konnte Avon das Summen von Bienen vernehmen und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Avon streckte sich beim Laufen und blickte nach vorne: Berry lief entspannt voraus, ihr flauschiger Schwanz schwang hin und her beim Gehen. Avon rieb sich die Augen und strich sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Aus der Ferne konnte er das Plätschern eines Baches vernehmen: ,,Hey Berry, da vorne wäre eine Gelegenheit zum Trinken, die sollten wir nutzen." Allerdings ignorierte Berry den jungen Mann und lief unberührt weiter. ,,Ich frage mich, wie es Erin und den anderen geht. Irgendwie vermisse ich sie jetzt schon, besonders Erin. Hach, ich fühle mich so nutzlos." Avon fuhr sich mit seiner rechten Hand über seine linke Handfläche.
,,Ich habe keine Ahnung wo ich nach dieser feigen Prinzessin suchen soll und auch wenn ich sie treffen würde, wäre ich wahrscheinlich nicht sonderlich ritterlich: Dieses verdammte Hemd rutscht mir ständig über die Schulter und meine Stiefel sind total verdreckt. Mal abgesehen davon, würde ich sie augenblicklich zur Rede stellen, weshalb sie damals einfach geflohen ist. Was denkst du, Berry?"
Das Flupp drehte ihren Kopf um und blickte Avon durchdringend an, jedoch ohne anzuhalten. Eine Brise wehte durch Avons zerzaustes Haar und er drehte sich um: ,,Weißt du Berry, es gibt eine Legende, dass in diesem Wald, ein Waldgeist namens Silva lebt. Meine Mutter hat mir damals Geschichten von ihr erzählt.
Vor langer Zeit gab es in diesem Wald ein Dorf, namens Orthalis. Die Menschen lebten mit ihm und der Wald mit ihnen. Sie entnahmen ihm Beeren, bauten Häuser aus dem Holz der Bäume und im Gegenzug pflanzten sie neue Sträucher und Bäume. Sie achteten auf den Wald und der Wald achtete auf sie. In diesem Dorf lebte eine Frau namens Silva.
Eines Nachts wurde Orthalis von Soldaten mit Fackeln angegriffen. Den Soldaten war langweilig und so begannen sie grundlos die Natur und das Dorf um sich herum in Flammen zu versetzen. Die Menschen aus Orthalis dachten alles sei verloren, doch dann trat Silva hervor und warnte die Soldaten, nicht die Natur um sich willkürlich zu zerstören, da die Natur sonst zurückschlagen würde. Allerdings nahmen sie Silvas Warnung nicht ernst und führten ihre Tyrannei fort. Im nächsten Moment gab es eine starke Windböe und Silva soll bekanntlich mit einer einfachen Handbewegung das Wasser aus dem Fluss kontrolliert haben. Somit waren die Flammen gelöscht. Mit einem einfachen Fingerschnipsen verwandelten sich die Füße der Soldaten in Baumwurzeln und nach wenigen Sekunden waren aus den rund fünfzehn Soldaten fünfzehn große Buchen geworden. So rettete eine einzige Person das ganze Dorf sowie den gesamten Wald vor den Untergang.
Meine Mutter meinte danach immer zu mir, dass die Natur nicht uns braucht, sondern wir die Natur. Dann hat sie mich immer in den Wald geschickt um Holz zu sammeln!", lachte Avon zupfte sich das braune Hemd zurecht. ,,Ich habe keine Ahnung, ob es diese Frau Silva wirklich gab, aber wenn doch, dann weiß sie bestimmt wo sich diese Prinzessin aufhält." Das Flupp blieb stehen und drehte sich zu Avon um.
,,Und...ich vermisse meine Eltern wahnsinnig. Am Tag des Thronsturzes war ich auf dem Marktplatz um Kartoffeln und Gemüse zu kaufen. Das Feuer brach aus kurz nachdem ich bezahlt hatte. Es dauerte nicht lange bis es sich ausgebreitet hatte und den ganzen Marktplatz verschlungen hatte, also rannte ich so schnell mich meine Füße tragen konnten nach Hause, aber leider war ich zu spät...das Haus meiner Eltern stand in Flammen. Ich kämpfte mir einen Weg durch das Feuer, doch leider fielen sämtliche brennende Balken vom Gerüst des Hauses und versperrten mir den Weg. Ich konnte nichts machen. Absolut nichts. Das Einzige was ich mitgenommen habe, war eine große Narbe an meinem linken Schulterblatt, dass ich von einem brennenden Bücherregal habe." Avon blickte in den blauen Himmel und kämpfte gegen die Tränen an, die sich bereits in seinen Augen gebildet hatten. Berry senkte betrübt den Kopf und lief weiter voraus.
Nach einer Weile erreichten sie einen kleinen See, der kristallklar war. Die Sonnenstrahlen konnte durch das Blätterdach hindurch scheinen und es sah so aus, als ob der See glitzerte.
,,Dieser Ort wirkt irgendwie...magisch. Findest du nicht, Berry?", sagte Avon und sah fasziniert hin. Plötzlich rannte Berry wie ein Blitz los zum Rande des Sees und berührte mit seiner rechten Pfote die Oberfläche des Wassers, sodass leichte Wellen entstanden. Avon rannte schnell nach und betrachtete das Flupp mit Verwunderung. Plötzlich intensivierten sich die Sonnenstrahlen und die Wellen, die Berry verursacht hatten, schwindeten. Als das glasklare Wasser wieder still war, bildete sich eine weibliche Silhouette auf der Oberfläche. Ungläubig rieb Avon seine Augen und blickte genauer hin: Die Silhouette wurde langsam genauer: Eine junge Frau in einem langen, wehenden hellblauen Kleid aus Seide mit silberne Spitze wurde sichtbar. Nach und nach wurde auch das Gesicht der Person klarer: Sehr lange, offene, lockige, goldene Haare waren jetzt zu erkennen. Zudem Augen die so blau wie der Himmel waren, blickten Avon an. Ihre Augen wurden von langen, schwarzen Wimpern umrahmt. Ein makelloser Teint, sowie ein schmale Nase und volle, rosa-farbige Lippen waren jetzt auch zu erkennen.
Avon fiel fassungslos auf seine Knie ohne den Blickkontakt mit der Frau zu brechen: ,,Du...das ist doch unmöglich. Du bist Prinzessin Lyria!"
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Das Feuer des Blitzes
FantasySpecilla ist ein Königreich in dem einzig und allein die Königsfamilie die Kunst der Magie beherrscht. Das ganze Land lebt in Frieden und Harmonie, bis Benji, ein Vertrauter des Königs, den Thron mit Gewalt an sich reißt und das Land in Schutt und A...