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l a n g u i d

september 2012

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Allison || In Momenten wie diesen wünsche ich mir, dass ich unsichtbar werden und einfach durch die Wand verschwinden könnte. Doch die Macht der Versprechen hält mich in dieser überfüllten Menge des Clubs fest, während ich versuche, mir einen Weg zu Harry Styles durchzukämpfen. Meine Würde verschwindet mit jedem weiteren Meter, während ich mit jedem Zentimeter bösere Blicke zugeworfen bekomme.

‚Girls Just Want To Have Fun' dröhnt durch die Boxen des Clubs und lässt die Umgebung vibrieren, während ich mich bücke, um mich zwischen zwei besonders hysterischen Damen hindurch zu quetschen, die ihre Arme in Harrys Richtung ausstrecken.

Er schenkt der Menge ein gequältes Lächeln und keinem der Mädchen scheint aufzufallen, dass er sich unwohl fühlt. Ich kann ihn durchaus verstehen, denn bei dem Andrang wäre ich selbst schon völlig in Panik ausgebrochen.

Unter normalen Umständen würde ich das gerade laufende Lied durchaus genießen und mich wahrscheinlich sogar auf die Tanzfläche trauen, doch heute kommt es mir vor wie die Ironie des Schicksals.

Ich weiche einem besonders spitzen Ellbogen aus und ignoriere einen beleidigten Blick, als ich mich zwischen zwei Freundinnen weiter nach vorne schlängele. Dabei bin ich froh, dass ich mit zwei Brüdern aufgewachsen bin, denn in einem Armkampf weiß ich mich durchaus zu behaupten.

Als ich endlich vor Harry Styles zum Stehen komme, muss ich mir den Platz mit drei anderen Personen teilen und meine Haare hängen mir sicherlich im Gesicht, als wäre ich gerade durch einen Gewittersturm gerannt. Außerdem laufen mir immer noch Wassertropfen aus den Spitzen auf meinen Pullover herab, dessen Rückseite mittlerweile völlig durchnässt ist. 

„Hey, Harry." Ich räuspere mich, doch er bemerkt mich nicht einmal, während er versucht, sich weiter in die Ecke zu flüchten.

Unsicher zupfe ich an seiner Anzugsjacke, was zumindest seine Aufmerksamkeit erreicht. Er dreht sich in meine Richtung und eine Sekunde lang kann ich einen genervten Ausdruck auf seinen Zügen erkennen, bevor sich ein halbes Lächeln auf seine Lippen legt.

„Tut mir leid, aber ich mache heute keine Fotos. Willst du vielleicht ein Autogramm?"

Ich starre ihn an. „Nein, natürlich nicht!"

Stirnrunzelnd begegnet Harry meinem Blick, während er erfolgreich einem weiteren Paar Hände ausweicht, das nach seinen Haaren greifen will. Seine Pupillen sind durch den Alkohol und das gedämpfte Licht des Clubs, das immer wieder durch Lichteffekte durchbrochen wird, leicht geweitet.

„Kann ich dir sonst irgendwie weiterhelfen?" Harry schenkt mir ein charmantes Lächeln, von dem ich schwören könnte, dass es nicht echt ist. Doch es ist bloß eine Vermutung, denn ansehen kann man ihm sein Unwohlsein nicht, wenn man sich nicht auf die angespannte Schulterpartie achtet, die wirklich kaum zu bemerken ist.

„Ich bin deine Rettung", entgegne ich und muss lachen, als ich die Verwirrung in seinem Blick erkennen kann. „Das Mädchen vom Telefon? Du wolltest eigentlich April erreichen und hast mich letztendlich dazu überredet, dich abzuholen?"

Es dauert zwei Sekunden, dann breitet sich Erkenntnis aus und Harry schenkt mir ein erleichtertes Lächeln. „Ich erinnere mich daran."

„Super", meine ich und muss mich dazu zwingen, nicht die Augen zu rollen. Sein Verhalten macht mir wieder einmal deutlich, warum ich jeglichen Alkohol meistens meide.

Serendipity || h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt