Diogenes war ein antiker griechischer Philosoph und soll angeblich 413 vor Christus in Sinope geboren worden sein und ist vermutlich 323 vor Christus in Korinth gestorben. Als Todesursache nennt Diogenes Laertios - ein Schüler des Diogenes - dass sein Lehrer absichtlich den Atem angehalten haben soll.
Über Diogenes von Sinope sind kaum gesicherte Daten erhalten, die meisten Informationen, die wir heute über ihn haben, sind in Form von Anekdoten übertragen worden. Jedoch hat Diogenes Laertios später Berichte über ihn veröffentlicht, welche sich auf ältere Autoren stützen. Auffällig ist hierbei, dass er sich teilweise in seinen Angaben widerspricht. Laut Sosikrates von Rhodos und Satyros von Kallatis hat Diogenes selbst gar keine Schriften verfasst. Es ist zu vermuten, dass sich schon vor Diogenes Tod so viele Anekdoten über ihn verbreitet hatten, dass nach seinem Tod noch viele hinzuerfunden wurden.
Das, was Diogenes für mich so sympathisch macht, ist sein Leben. Er ist nicht grundlos "der Hund" genannt worden, wobei er sich selbst auch mit diesem Beinamen benannt hat. So ist in einer der vielen Anekdoten überliefert, dass Diogenes sich selbst Alexander dem Großen als Diogenes, der Hund vorgestellt hat. („Ich bin Alexander, der große König." Worauf Diogenes sagt: „Und ich Diogenes, der Hund.)
Heutzutage ist Diogenes eher als "Diogenes in der Tonne" berühmt. Er selbst hat ein sehr armes Leben geführt. Dies jedoch nicht, weil er nicht die Möglichkeit hatte, ein besseres Leben zu führen, sondern weil er sich freiwillig der Bedürfnislosigkeit zugeschrieben hat. Angeblich habe er laut Diogenes Laertios nur einen Wollmantel, einen Rucksack mit Proviant und einen Stock besessen. Nach einer weiteren Anekdote heißt es, er habe seinen Trinkbecher und seine Essschüssel weggeworfen, nachdem er gesehen habe, wie Kinder aus den Händen trunken und Essen in ausgehöhlten Broten aufbewahrten. Die meiste Zeit habe er in einer Tonne oder einem Fass gelebt, deshalb auch der Name "Diogenes in der Tonne".
Zu Diogenes Zeit war es eigentlich unanständig, in der Öffentlichkeit zu essen. Er machte sich aber nichts daraus. Auch seinen sexuellen Trieb befriedigte er vor den Augen der Öffentlichkeit, wobei er sich nach einer Erzählung wohl gewünscht haben solle, genau wie seinen sexuellen Trieb auch seinen Hunger durch Reiben über seinen Bauch stillen zu können.
Nicht selten lief er am helllichten Tag auf dem Marktplatz von Athen mit einer Laterne umher. Dies begründete er mit der Suche nach einem wirklichen Menschen.Aber was wollte "Diogenes in der Tonne" eigentlich durch sein Philosophieren erreichen?
Da seine Schriften verloren sind - oder wenn man Sosikrates von Rhodos und Satyros von Kallatis glauben mag, er gar keine geschrieben hat - lässt sich nicht genau sagen, welche Ansichten Diogenes genau vertreten hat. Diogenes war ein Aktionsphilosoph. Er war nicht einer, der Thesen aufstellte und diese dann untersuchte, sondern jemand, der seine Erkenntnisse öffentlich und demonstrativ in die Tat umsetzte. Grundsätzlich kann man vermuten, dass Diogenes meint, man selbst könne nur glücklich sein, wenn man sich von jeglichen überflüssigen Bedürfnissen frei mache, wobei vor allem die Selbstgenügsamkeit eine große Rolle spielt: "Es sei göttlich, nichts zu bedürfen, und gottähnlich, nur wenig nötig zu haben."Gehen wir zunächst einmal auf die Bedürfnislosigkeit ein. Diogenes erkannte nur die wichtigsten Bedürfnisse wie Essen, Trinken, Kleidung, Behausung und Geschlechtsverkehr an. Unter Behausung ist aber nichts Großes zu verstehen, denn wie wir ja vorhin schon erfahren haben, lebte Diogenes selbst in einem Fass bzw. in einer Tonne.
Um seinen Körper an die Bedürfnislosigkeit zu gewöhnen, habe Diogenes sich im Sommer im glühend heißen Sand gewälzt und im Winter vereiste und verschneite Skulpturen umarmt. Geistig trainierte er, sich Wünschen zu entsagen, in dem er steinerne Statuen um Gaben anbettelte.
Etwas absurd klingt jetzt vielleicht, dass für Diogenes Lust und Lustempfinden nicht wertvoll und nicht unbedingt notwendig sind, wobei er Lust, die man bei sexuellen Betätigungen empfindet, als unvermeidlich hinnimmt. Sexuelle Betätigung wie Masturbation sei dennoch naturgemäß und deswegen eines der wichtigen menschlichen Bedürfnisse.Weiterhin war für Diogenes aus Sinope wichtig, sich von äußeren Zwängen loszusagen. So sei gerade Geschlechtsverkehr mit Frauen ein Beispiel für Abhängigkeit, so wird ihm auch eine gewisse Frauenfeindlichkeit nachgesagt. Zwar ist Geschlechtsverkehr für ihn notwendig, um das Überleben der Menschen zu sichern, jedoch ist die Ehe eine zu enge Bindung.
Andere Arten von Zwang sind für Diogenes zum Beispiel gesellschaftliche Konventionen, die er selbst stark anlehnte - so aß er in der Öffentlichkeit usw.Etwas anstößigere Standpunkte, welche der Mann in der Tonne vertritt, sind etwa, dass nichts gegen das Essen von verstorbenen Menschen und als Opfer geschlachteten Kindern spreche und man sexuelle Beziehungen zu Müttern, Schwestern, Brüdern und Söhnen haben dürfe. Es ist leider nicht wirklich klar, ob Diogenes wirklich dazu auffordern wollte, seine eigenen Eltern zu essen und mit dem Bruder zu schlafen oder ob er eigentlich nur auf die Unwichtigkeit äußerer Zwänge hinweisen wollte, damit sich jeder von ihnen frei mache und sein Glück selbst in die Hand nehme.
Verrückt scheint auch, dass Diogenes die Abschaffung der bekannten Staatsformen gefordert habe, da die einzige wahre Staatsordnung die Ordnung des Kosmos sei.
Außerdem soll nach seiner Meinung die traditionelle Bildung, welche aus Grammatik, Rhetorik, Mathematik, Astronomie und Musik bestand, unnütz und überflüssig sein.Von anderen Philosophen hielt Diogenes nicht viel. Er hat zwar an den Lehren von Antisthenes angeknüpft, aber die Person Antisthenes und dessen Umsetzung seiner Lehrern stand er negativ gegenüber. Nach einer Anekdote, soll Diogenes ihn als weich bezeichnet und mit einer Trompete verglichen haben, die zwar laute von sich gibt, sich selbst aber nicht hören kann.
Auch das Verhältnis zwischen Platon und dem Mann aus der Tonne war nicht das beste.Als Platon die Definition aufstellte, der Mensch ist ein federloses zweifüßiges Tier, und damit Beifall fand, rupfte Diogenes einem Hahn die Federn aus und brachte ihn in dessen Schule mit den Worten: ‚Das ist Platons Mensch '.
Allgemein kann man also sagen, dass über Diogenes nicht viel Sicheres überliefert ist, sondern eher Anekdoten. Deswegen und wegen seiner eher andersartigen Standpunkte, scheint er eine nicht sehr bekannte historische Persönlichkeit zu sein. Aber aufgrund seiner verrückten Lebensart ist er für mich ein doch ziemlich interessanter und durchaus auch sympathischer Außenseiter.
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Philosophie Für Anfänger
Non-FictionIn diesem Buch möchte ich versuchen, einige wichtige Texte berühmter Philosophen einfach zu erklären und euch ein bisschen Wissen über verschiedene Philosophen zur Aneignung darbieten. Dabei möchte ich auch auf eher unberühmte Philosophen und versto...