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Als er wiederkommt, sitzt Corinna im Bett und liest. „Wie geht's dir?", fragt Stefan und gibt ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er sich zu ihr aufs Bett setzt. „Besser. Aber mir ist stinklangweilig. Hast du das Einzelzimmer veranlasst?" – „Ja, aber jetzt bin ich ja da und kann dich ablenken. Außerdem ist das kein Einzel – sondern ein Familienzimmer, ich bleibe heute Nacht bei dir" – „Was?". Ungläubig sieht sie ihn an. „Willst du das nicht?", fragt er leise. Corinna schaut auf das Magazin, das in ihrem Schoß liegt. „Ich weiß es nicht, Stefan", antwortet sie. „Corinna, ich weiß, ich hätte dir mehr erzählen müssen. Aber es war auch zu deinem Schutz" – „Es ist nicht nur das" –„Sondern?". Sie sagt lange nichts. „Corinna, bitte" – „Du schläfst mit ihr, während wir in einer Beziehung sind?", flüstert sie. „Bitte was? Nein, das hab ich nicht" – „Und woher soll ich wissen, ob das jetzt die Wahrheit ist?" – „Engelchen, ich hab dich nie belogen. Ich hab dir nicht alles erzählt, ja, aber ich lüge nicht! Seit ich dich kenne, gibt's nur noch dich für mich". Stefan nimmt sie in den Arm, doch er merkt, dass sie sich sträubt und lässt sie wieder los. „Okay, das hab ich wohl nicht anders verdient", murmelt er und rutscht ein Stück von ihr weg, dreht sich aber so, dass er sie ansehen kann. Er nimmt ihre Hand und streicht ihr sanft darüber, während er sie nachdenklich mustert. Corinna sieht auf ihre Hände und bemerkt, dass er seinen Verlobungsring nach wie vor trägt. „Lass mich bitte allein, Stefan", sagt Corinna nach einer Weile. „Corinna ..." – „Bitte" – „Und wenn ich nicht gehe?" – „Dann lasse ich dich rauswerfen" – „Das würdest du wirklich tun?". Sie nickt und wischt sich ihre Tränen vom Gesicht. „Ich muss mir klar werden, was von dem, was ich glauben will, ich auch tatsächlich glauben kann". Stefan sieht sie verletzt an, dann steht er auf. „Es tut mir leid, Engelchen". Er beugt sich noch zu ihr und gibt ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, dabei rutscht seine Kette über sein T-Shirt, an dem ihr Ring baumelt. Als er an der Tür steht, wirft er noch einen Blick zurück, doch Corinna hat sich abgewendet und schaut aus dem Fenster.

Daheim legt sich Stefan auf sein Bett, seine Gedanken fahren Karussell und an Schlaf ist erst mal nicht zu denken. Irgendwann fällt er aber doch in einen unruhigen Schlaf. Als er wieder aufwacht, ist es fast Mittag und er fährt ins Krankenhaus, nachdem er eine Kleinigkeit gegessen hat. Dort steht er in einem leeren Zimmer. „Wo ist Frau Satoro?", fragt er eine Krankenschwester, die zufällig vorbeigeht. „Die wurde heute Vormittag entlassen". Fassungslos sieht er sie an, dann geht er zu seinem Auto und fährt zu Corinnas Wohnung. Sandro öffnet ihm die Tür. „Ciao Stefano. Sie will dich nicht sehen" – „Sandro, bitte" – „Nein, ich lass dich nicht rein. Lass ihr Zeit, du hast sie wirklich tief verletzt, Stefan". Sandro schiebt ihn etwas zurück und schließt die Tür. Stefan lehnt sich an die Tür und bleibt lange so stehen, bis er sich schließlich aufrafft und wieder zu seinem Auto geht. Traurig und gleichzeitig wütend auf sich selber fährt er zur Arbeit. Martin wirft ihm nur einen kurzen Blick zu, steht auf und nimmt ihn in die Arme. „Ich hab sie verloren, Martin", flüstert Stefan. „Das glaub ich nicht, Stefan. Wo ist sie denn?" – „In ihrer Wohnung, Sandro lässt mich nicht zu ihr. Sie hat mich gestern weggeschickt, Martin, und ist heute einfach aus dem Krankenhaus verschwunden". Stefan lässt sich auf seinen Stuhl fallen und stützt den Kopf in seine Hände. „Du hattest ihr nichts erzählt, oder?" – „Nein. Sie sollte nichts wissen" – „Na, überleg mal. Sie wurde zweimal entführt und hat keine Ahnung warum, und dazu diese Briefe. Überleg mal, wie's dir da gehen würde" – „Diese Briefe haben überhaupt nichts zu sagen. Ich musste sie irgendwie schützen" – „Warum hast du die Briefe – Liebesbriefe wohlgemerkt - zu Hause aufgehoben?". Stefan antwortet lange nicht. „Ich weiß nicht", meint er dann leise. „Ich wär stinksauer an ihrer Stelle", sagt Martin. „Ich versteh sie. Ich fahr jetzt zu ihr, ich brauche noch eine Aussage wegen Tamara". Er schlüpft in seine Jacke und geht aus dem Büro.

Sandro lässt Martin eintreten. „Wo ist sie?" – „Im Wohnzimmer". Martin geht ins Wohnzimmer. „Hallo Corinna" – „Martin?" – „Ja, ich brauch eine Aussage von dir" – „Ja, klar". Sie legt ihr Buch zur Seite und schaut ihn abwartend an. „Wie geht's dir?", will er zuerst wissen. „Beschissen, aber das ist ja egal", sagt sie mit einem bitteren Unterton in ihrer Stimme. „Das stimmt nicht, Corinna" – „Was willst du wissen?" – „Wie du zu Tamara gekommen bist" – „Ich wurde hier abgefangen, als ich die Haustüre aufsperren wollte. Gegen zwei starke Männer komme ich nicht an. Sie haben mich in ein Auto gezerrt und dann in diese Villa gefahren. Diese Frau – Tamara?". Martin nickt. „Diese Frau hat mir klar gemacht, dass sie Stefans Frau ist und sie heiraten wollen". Martin will etwas sagen, doch Corinna hebt abwehrend eine Hand. „Sie könne keine Kinder bekommen, und ich wäre quasi die Leihmutter für ihr gemeinsames Kind. Sobald sie auf der Welt wäre, würde Stefan mich töten", sagt sie und ihre Stimme bricht. „Corinna!". Martin ist entsetzt. „Das glaubst du doch nicht? Stefan ist mit dir so glücklich wie schon lange nicht mehr und ihm geht's im Moment auch nicht gut" – „Martin, ich weiß nicht mehr, was ich glauben kann. Ich weiß nur, dass ich nicht mehr kann. Ich will doch nur in Frieden leben, meine Schwangerschaft genießen und meine Tochter in Ruhe aufziehen, ob mit oder ohne Partner an meiner Seite ist mir egal. Hast du noch Fragen? Wenn nicht, dann lass mich bitte wieder alleine". Aufmerksam mustert er ihr Gesicht, in dem sich Trauer, Müdigkeit und Schmerz widerspiegeln. „Corinna, gib ihm noch eine Chance. Er liebt dich mehr als sein Leben und du liebst ihn auch" – „Und warum hebt er dann Liebesbriefe einer anderen Frau auf? Einer Frau, die er neben mir trifft, auch wenn das sein Job war in dem Moment? Man hebt sowas nicht auf, wenn einem das nichts bedeutet. Ich weiß nicht, ob ich das nochmal kann", antwortet sie leise. „Komm her", murmelt er und zieht sie in seine Arme und Corinna beginnt zu weinen.

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