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Stefan wundert sich, dass ihr Auto nicht neben der Garage steht, als er nach ein paar Stunden wieder heimkommt. Er geht ins Haus und fühlt Leere. Er runzelt die Stirn. Was zum Teufel ist hier los? Er schaut auf die Garderobe, wo nur noch seine Jacken hängen, wirft einen Blick in den Schuhschrank, der auch halb leer ist und läuft dann nach oben ins Schlafzimmer. Fassungslos steht er vor dem leeren Schrank, in dem nur noch die zwei Kleider hängen, die er Corinna gekauft hat. „Engelchen, was ...?". Ihm fällt seine Bürotür auf, die leicht offen steht. Er geht hinein und sieht die Briefe auf dem Schreibtisch liegen, daneben ein Blatt Papier – und der Verlobungsring von Corinna. „Nein", flüstert er und lässt sich in seinen Stuhl sinken. Er schiebt den Ring zur Seite und nimmt das Blatt, um zu lesen. Bereits nach dem ersten Satz laufen ihm Tränen übers Gesicht.

„Stefan ... ich brauchte nur ein Blatt Papier – und habe das gefunden. Ich verschwinde aus deinem Leben, such mich nicht, lass mich einfach in Ruhe. Sandro wird irgendwann mal meine Sachen holen, ich kann dich nicht mehr ansehen.
Ich hab diese Lügerei satt – und als Lückenfüller/Platzhalter/Tarnung, was auch immer ich für dich war, bin ich mir zu schade. Ja, vielleicht war ich naiv, wie diese Frau so schön schreibt, aber ich habe dich geliebt, ich hab dir immer wieder verziehen und dir geglaubt, wenn du sagtest, das hat was mit diesem Fall zu tun. Dabei war es nicht der Fall, sondern du. Du hast mich nur benutzt, wahrscheinlich hast du mich schon lange vorher beobachtet und mich als ideales Naivchen abgestempelt. Ich hab sogar mit meinen Großeltern gebrochen, sie hatten mich vor dir gewarnt, aber ich wollte es nicht glauben.
Ich werde meine Tochter allein aufziehen, du brauchst dich gar nicht um sie bemühen, und dein Geld kannst du dir auch behalten. Ich war glücklich mit dir, aber du hast nur mit mir gespielt. Und das tut verdammt weh. Leb wohl. Corinna"

Er lässt den Brief sinken und starrt mit leerem Blick auf die Wand gegenüber. „Ich bin so ein Idiot. Ich hätte es ihr sagen müssen. Warum habe ich diese Briefe hier aufgehoben? Wie kann man nur so bescheuert sein?". Wütend haut er mit seiner Faust auf den Tisch, wieder und wieder, bis er irgendwann seine Arme auf dem Schreibtisch verschränkt, seinen Kopf darauf sinken lässt und hemmungslos weint.

Als er sich nach einer Weile beruhigt hat, nimmt er sein Handy. „Engelchen, lass es mich erklären. Bitte!". Es dauert nicht lange, da läutet es. „Also?", sagt Corinna mit kalter Stimme. „Nicht am Telefon, Engelchen" – „Dein Engelchen kannst du dir sonstwo hinschieben. Entweder so oder gar nicht. Ich will dich nicht sehen" – „Corinna ...", flüstert er in sein Handy. „Okay. Ja, am Anfang solltest du meine Tarnung sein. Ich wurde undercover in diese Kreise eingeschleust, um den Geldwäschering auffliegen zu lassen, lange bevor ich dich kennenlernte. Es lief alles gut, bis einer der Jungs durchdrehte und diese Familie umlegte. Daraufhin wurden die Bosse misstrauisch und nachdem ich  mit der Tochter von einem eine Affäre hatte, die grade nicht gut lief, war ich natürlich gleich mal der Erste, der unter Verdacht geriet. Eng ... Corinna, Tamara hasst, was ihr Vater treibt, weil sie ihr eigenes Ding durchziehen will, dafür braucht sie mich. Wir dachten, wenn ich die Beziehung wegen einer anderen Frau beenden würde, wäre ich wieder sauber und könnte weiter meine Arbeit tun. Und da kommst du ins Spiel. Was wir nicht bedacht hatten, dass ich mich tatsächlich in dich verlieben könnte. Tamara hatte das schon vermutet, lange bevor es mir klar wurde und sie würde alles tun, damit ich wieder zu ihr zurückkomme. Corinna, als dich Karl auf ihre Anweisung entführt hat, dachte ich, ich dreh durch. Da wurde mir richtig bewusst, was ich für dich empfinde und dass das so schnell wie möglich aufhören muss. Engelchen ... meine Liebe zu dir ist unendlich groß, du bist mein Leben,das hab ich dir nie vorgespielt, das musst du mir glauben! Ich hasse dieses Doppelleben!". Es ist lange still in der Leitung. „Bist du noch dran?", fragt er irgendwann leise. „Warum hast du nie erzählt, dass du undercover arbeitest? Ich habe so oft nach deiner Arbeit gefragt, Stefan" – „Um dich du schützen. Je weniger du weißt, desto weniger könntest du ausplaudern, wenn es hart auf hart geht. Die Jungs merken, wenn man ihnen was verheimlicht und haben ihre eigenen Methoden, um etwas rauszufinden – aber das brauche ich dir ja nicht zu erzählen, meine kleine Mafiabraut", sagt er sanft. „Tamara ist diese scharfe rothaarige Frau, die schon öfter auf den Fotos mit dir war?" – „Du findest sie scharf? Ja, das ist Tamara" – „Ihr seht sehr vertraut aus" – „Das waren wir auch, als diese Fotos geschossen wurden, aber das war vor dir, Corinna. Aber – warte, warum sagst du das so?" – „Weil ich noch eins hier habe und es gerade anschaue. Es gibt anscheinend sehr viele Fotos von euch, während es von uns kein einziges gibt" – „Woher ...? Corinna, wo bist du?" - „Egal, Stefan". Corinna legt ohne ein weiteres Wort auf und Stefan sieht fassungslos auf sein Handy. Er versucht sie nochmal zu erreichen, aber es geht nur noch die Mailbox ran.

Corinna sieht zu der Frau, die mit einem boshaften Grinsen vor ihr steht. „Das hast du gut gemacht, Süße. Dachte gar nicht, dass du so gut schauspielern kannst" – „Warum machst du das?" – „Du hattest ihn mir weggenommen. Denkst du wirklich, ich lass das auf mir sitzen? Aber er ist wieder mein Mann". Entsetzt sieht Corinna sie an. Tamara lacht. „Das wusstest du wohl nicht, hmm? Ja, wir treffen uns seit Wochen wieder und haben vermutlich mehr heißen Sex als du. Und der Balg in deinem Bauch ist meiner" – „Nur über meine Leiche" – „Na, eine mehr oder weniger ist auch egal. Du weißt jetzt eh zuviel. Ich mach mir nur nicht selber die Hände schmutzig, dafür hab ich andere. Und jetzt steh auf!". Unsanft wird Corinna hochgezogen und wieder in ein Zimmer im Keller geschubst wird, wo sie sich auf der Matratze am Boden zusammenrollt und zu weinen beginnt. Sie spürt noch einen Stich im Nacken, dann driftet sie weg.

Love conquers allWo Geschichten leben. Entdecke jetzt