Gefühlschaos

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Eine Woche später:

,,Mussten die das Interview genau auf diesen Tag legen und warum können es nicht Hannes und Nowi zusammen machen?" ,,Thomas jetzt reg dich nicht so auf. Wir wollen das kleine Wunder noch für uns behalten, also müssen wir auch öffentliche Termine wahrnehmen. Und du weißt ganz genau, dass Hannes bei Vera ist und er es schon länger geplant hat. Also stell dich nicht so an und geh einfach mit Nowi zu dem Interview und ich gehe alleine zum Frauenarzt." So langsam nervt er, wie ein kleine Kind quengelt Thomas herum, da er heute nicht zum ersten Ultraschalltermin mit kann. Aber wir müssen den Schein in der Öffentlichkeit wahren. ,, Es ist der erste Termin, wenn ich wirklich schwanger sein sollte werden noch viele weitere folgen." meine ich schmunzelnd zu ihn. ,, Ja wenn, und wenn nicht bist du ganz alleine. " ,, Ja ich weiß, aber Nowi alleine bei dem Interview zu lassen ist auch keine Option. Zum Schluss vergisst er vor lauter Nervosität noch den Namen von unserem Album." meinte ich lachend, eigentlich wollte ich nur vor meiner eigene Angst und Nervosität ablenken und vernahm dankbar das Kichern von Thomas. ,, Da hast du allerdings recht, dass können wir nicht riskieren. Aber falls irgendwas sein sollte meldest du dich" ,, Ja klar mach ich , versprochen." Es ist ein Versprechen , dass ich nicht einlösen werde. Wir wissen es beide, doch keiner sagt etwas, weil niemand den anderen verletzen will. Ich hingegen hoffe einfach nur, schwanger zu sein. Denn das Strahlen, dass sich die letzen Tage in Thomas Augen breit gemacht hat will ich nicht mehr missen. Zulage war es verschwunden. ,,So dann mache ich mich auf den Weg und du grüß Nowi schön von mir." ,,Ja mach ich, bis später."

So aufgeregt war ich schon lange nicht mehr. Ich hasse es zum Arzt zu gehen, aber dennoch mache ich alle Checks regelmäßig. Aber jetzt war es was anderes, ich meine es geht darum ob sich unser Leben verändert oder zerbricht. "Ach Steff jetzt reiß dich aber mal zusammen" ermahne ich mich in Gedanken selbst. So kann es nicht weitergehen, du bist ja ein reines Nervenbündel bis zu ankommst. Einmal tief luftholen und schon steige ich in die stickige Tram  ein, nein das Auto wäre keine Option gewesen, dafür bin ich viel zu unkonzentriert. Kurze Zeit später bin ich auch schon angekommen.

Langsam steige ich die Stufen nach oben, auf den Aufzug verzichte ich in der Hoffnung so noch ein wenig von dem Adrenalin abbauen zu können. Was leider nicht funktioniert. Als ich ankommen bin, atme ich nochmal tief durch, als wie wenn das heute schon mal etwas gebracht hätte und gehe rein um mich am Empfang anzumelden.

,,Hallo ich habe um 13 Uhr einen Termin bei Dr. Haller" ,, Hallo Frau Kloß sie können gleich in Zimmer 2 gehen ,die Frau Doktor wird gleich da sein. " ,,Vielen Dank" während ich das Behandlungszimmer aufsuche werde ich noch nervöser wenn es überhaupt noch geht. Langsam nehme ich auf einen der Stühle platz. Die ganze Praxis war in Pastelltönen gestrichen, wie sehr ich dieses Farben doch hasste. Aber sie sind immerhin noch besser als dieses sterile Weiß. Gedankenverloren lasse ich meinen Blick streifen. ,, Hallo Frau Kloß" ,,Hallo Frau Haller." ich nahm die Hand die sie mir zur Begrüßung entgegenhält und war auf eine leichten Händedruck gefasst. Leicht war dieser allemal nicht, was mich zusammenzucken ließ. ,, So dann möchte ich sie nicht länger auf die Folter spannen, legen sie sich doch gleich auf die Liege, das Gespräch können wir auf danach verschieben." dankend lächele ich sie an. Um mich dann hinzulegen und den Bauch frei zu machen. ,, Sie haben den Test vor einer Woche gemacht?" ,, Ja genau " und schon schlich sich wieder ein Lächeln auf meine Lippen. ,, Naja dann wollen wir mal schauen. Achtung das Gel ist kalt" Gleichzeitig mit ihrer Wahrung lässt sie das Ultraschallgel auf meinen Bauch tropfen und ich zucke zusammen. Was wiederum ihr ein Schmunzeln auf die Lippen legt. Dann nimmt sie Ultraschallkopf und fängt mit der Untersuchung an. ,,Frau Kloß können Sie bitte trotz allem weiter atmen, damit wäre uns dreien sehr geholfen." meint sie immer noch lächelnd erst jetzt wird mir bewusst dass ich die Luft vor lauter Anspannung angehalten habe. Wie mir befohlen nehme ich eine Atemzug, und lasse ihren Satze mir nochmal durch den Kopf gehen. 'Damit wäre uns dreien sehr geholfen.'
Wie drei? Schießt es mir durch meine Gedanken wir waren doch nur zu zweit im Raum. Heißt das etwa? Mit großen Aufgerissenen Augen schau ich sie an.

,,Ja Sie haben richtig gehört. Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft." ,, Danke" und schon wieder einmal füllen sich meine Augen mit Tränen. ,,Wie weit bin ich denn?" ,, Wenn ich mir so die Maße anschauen würde ich sagen in der 12ten Woche." ,,So weit schon und ich habe elf Wochen nichts von diesen Wunder in mir gemerkt." ,,Das kann schon vorkommen, grad wenn man im Stress ist." ,,Ja aber...aber es ist doch alles in Ordnung?" ,,Schauen sie mal auf den Monitor, hier ist das Herz und es schlägt kräftig" Langsam drehe ich meinen Kopf, ich blinzle einige Male um wieder klar sehen zu können. Nur um nachdem ich die Umrisse und das schlagende Herz erkannt habe wieder Tränen in den Augen haben zu können. Ich bin schwanger nach unendlichen Versuchen und als wir es schon aufgeben haben. Völlig ungeplant aber dennoch perfekt irgendwie und ich bin in der zwölften Woche, also muss ich nicht lange Bangen ob dieses Wunder die ersten drei Monate überleben wird. Die ja bekanntlich die Risikoreichsten sind. Nein es hat sich von ganz alleine entschieden. Sich erst am Ende davon bemerkbar zu machen. Dass wir uns nicht unnötig Sorgen machen müssen.

Langsam tauche ich aus meinen Gedanken wieder auf. Und richte dem Blick auf meine Ärztin die jetzt ihre Stirn in Falten zieht. ,, Was ist los was haben sie gefunden?" sofort klinge ich verzweifelt. ,,Naja, also die Nackenfalte." ,, Was ist mit ihr?" darüber habe ich gehört, daran kann man irgendein Syndrom erkennen. Verdammt welches war es? ,,Sie ist vergrößert." nun nimmt sie den Ultraschallkopf von meinem Bauch und reicht mir Tücher zum abwischen. ,, Nehmen Sie doch nochmal auf dem Stuhl platz." Langsam richte ich mich auf und gehe rüber. ,,Also was bedeutet es?" woher die Ruhe auf einmal kommt, weiß ich selbst nicht. ,, Es ist ein Hinweis nur eine Möglichkeit, dass ihr Kind das Down - Syndrom haben könnte." ,,Down - Syndrom wie sicher ist es?" ,, Dass kann ich Ihnen leider so nicht sagen, dafür müssten Sie in der Klinik eine Fruchtwasserpunktion machen lassen. Diese ist aber erst ab der 14ten Schwangerschaftswoche möglich. " ,,Furchtwasserpunktion? Das war das wo mit der Nadel in die Fruchtblase gestochen wird." ,, Ja genau Frau Kloß."

Völlig in Trance verlasse ich die Praxis, ob ich mich verabschiedet hatte weiß ich nicht mehr. Ich bin schwanger, es ist ein Wunder. Aber warum kann das Schicksal nicht einmal fair spielen? So ganz nach dem Motto : Hier ist euer lang ersehntes Kind, aber da sind noch so ein paar Hürden die ihr nehmen müsst. Entscheidungen sind zu treffen, aber dürfen wir sie treffen und wie bringe ich es Thomas bei?

Wie so oft in der letzten Zeit ist mein Blick von Tränen verschleiert, als ich den Schlüssel in Haustür stecke. Mit einem Knall fällt die Tür ins Schloss. Und genau so plötzlich fühle ich mich kraftlos, zu schwach um in den zweiten Stock zu laufen. Deshalb lehne ich mich gegen die raue und kalte Wand. Normalerweise würde es mich jetzt frösteln, aber ich spüre nichts. Kalt - in mir ist es völlig kalt.

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Passend zur Debatte über den Bluttest hier also das neue Kapitel. Was übrigens Zufall ist. Ich würde mich über Feedback freuen, man sitzt als Autor oft Stunden bis Tage an manchen Kapiteln. :)
LG

Life without colorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt