25 - Fleischwunde! Oder doch mehr?

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"Dann liegt es an mir, Gerald, dir den Gnadenstoß zu geben!" Oh gott... bitte keinen Kommentator. Tja. Was soll ich sagen? Gerald stirbt so schnell wie er herumposaunt hatte, dass er eine Frau wie mich flach legen kann. Schnell. Als ich über ihm stehe, mit verschwitztem Körper, schweißnaßen Klamotten und klebenden Haaren, grinse ich sogar ein wenig, nachdem ich mein Messer in seine Brust gerammt habe. "Wer hat wen flachgelegt?" frage ich leise und spüre dann im nächsten moment, wie sich etwas in meine linke Seite bohrt. Überrascht reisse ich meine Augen auf und rolle mich sofort von ihm weg, bevor ich aufstehe.

Ich sehe auf meine linke Seite, an der der Schmerz gerade explodiert ist. Der Bastard hat mir doch tatsächlich noch eines seiner Messer da rein gerammt! Auch dieses reisse ich raus und schmeiße es auf die Seite. Ich verkneife mir einen Aufschrei und wanke ein wenig, bevor ich mich auf den letzten konzentriere, der meiner Meinung nach der gefährlichste ist. Stille Wasser sind tief und er hatte genügend Zeit, mich und meine Techniken zu beobachten. Dadurch, dass ich nicht viel kann, wiederholt sich bei mir eine bestimmte Abfolge immer wieder, sodass ich vorhersehbar bin. Zumindest, wenn man mich beobachtet hat.

Meine Hoffnung, dass Adrian noch kommt, schwinden in das nichts. Und eine Erkenntniss trifft mich wie ein Schlag. Ich werde hier sterben. Entweder durch den Kerl, der mich weiterhin nur aniseht und nichts macht, oder durch die Zeit. Denn ich schaffe es nicht mehr zur Stadt. Zu weit ist der weg und zu unbefahren die Strecke, an der der Überfall passiert ist. Auch, wäre kein Bauernhaus in der Nähe, zu dem ich flüchten könnte. Die Wunden werden mich langsam töten. Jetzt muss ich nur sehen, WIE ich sterbe. Langsam, oder schnell. Graue Wolken ziehen nun langsam herein und verdüstern die Szenerie.

Das klischee eines guten Kampfszenarios ist geschaffen, würde ich sagen! Ich muss anfangen zu schmunzeln und sehe dann runter zu meiner Wunde. Das Blut hat den Stoff schon lange durchtränkt und alles klebt an mir. Das Salz des Schweißes brennt in jeder einzelnen Wunde und ich schüttle den Kopf, damit ich meinen Gegner wieder klar sehen kann. Dieser kommt langsam auf mich zu und scheint nicht wirklich vor zu haben, zu kämpfen. Eher, als würden wir uns auf dem Markt treffen und er schlendert zu mir, um mir die neuesten Gerüchte zu erzählen, die so umherwandern und gestreut werden.

Er bleibt vor mir stehen und ich sehe leicht wankend und mit verschleiertem Blick zu ihm hoch. Als er seine Hand hebt, zucke ich zusammen, doch er macht weiter. Legt seine Hand auf meinen Kopf und sieht mich weiterhin an, als wäre ich kein Feind. Sondern ein Tier, mit dem man mitleid haben sollte. "Ich gebe dir den Gnadenstoß." sagt er mit monotoner Stimme und holt sein Messer hervor, dass er unter seinem Mantel mit Kapuze versteckt hat. Zitternd, aber nicht vor Angst, bleibe ich stehen. Er hat sofort richtig eingeschätzt, dass ich so oder so sterben werde und will mich von meinem Leid erlösen.

Im nächsten moment stößt er zu und ich keuche trotzdem irgendwie überrascht auf. Das Messer bohrt sich in meinen oberen Bauch und ich beuge mich nach vorn. Blut kommt aus meinem Mund geschossen und ergießt sich über den schwarzen Mantel meines Mörders. Der unsägliche Schmerz, der nun in jeder Faser meines Körpers steckt, ist fast unterträglich. Doch ich schreie nicht auf, sondern schlucke das Blut hinunter, dass einen metallenen Geschmack auf meiner Zunger hinterlässt. "Gib auf. Kämpf nicht dagegen an." Ich muss schmunzeln und richte mich auf. Sehe ihn mit dem letzten rest an Stolz an, den ich über habe.

Nur um dann, mit dem letzten bischen Kraft dass ich zusammengekratzt habe, nach vorn zu schnellen und ihm selbst das Messer in die Brust zu rammen. Wir fallen durch meinen Schwung, den ich nicht mehr wirklich abfangen kann, auf den Boden. Ich auf ihn drauf. Die Kapuze des Mantels fällt und enthüllt ein mir unbekanntes, aber junges und vorallem überraschtes Gesicht. "Ich habe dich... erlöst! Wie...so?!" fragt er, doch ich richte mich auf ihm sitzend auf. "DAS IST FÜR ADRIAN, DER MICH NIE WIEDER SEHEN WIRD!" brülle ich und stoße ihm das Messer bis zum heft in die Brust. Genau in sein Herz.

Seine Augen treten hervor und in dem moment, in dem er sein Leben aushaucht, verlassen mich meine Kräfte. Wie ein Sack Kartoffeln, falle ich auf die Seite und liege auf dem Rücken. Mein Blick auf den grauen und mit Wolken behangenen Himmel gerichtet. Das einzige, was in meinem Kopf ist, ist Adrian. Sein lachen, wenn ich mal wieder etwas dummes gesagt oder getan habe. Die wohlige wärme, die er immer abstrahlt. Ich fange an zu lächeln. "Ich liebe dich... Adrian...!" hauche ich, bevor ich meine Augen schließe und auf dem Boden liegend auf den Tod warte.

Das Blut läuft mir aus allen Wunden und aus meinem Mundwinkel. Meine Hände sind offen und in ihnen sind die Messer, die einfach in meinen Handflächeln liegen. Blutbeschmiert. Tote Menschen um mich herum. Und ich werde bald zu ihnen gehören. "SERA!" höre ich eine bekannte Stimme. Doch nur ganz dumpf und nicht wirklich klar. Dennoch bringe ich noch einmal alles auf, was ich kann. Ich spüre, wie ich hoch gehoben werde. Ein bekannter Geruch mischt sich unter das Blut und ich bekomme es hin, meine Augen ganz leicht zu öffnen. Nicht viel, aber ich kann Adrian erkennen. Wie er panisch und verzweifelt ist.

Ich fange an zu lächeln. "Wir kriegen das hin! Es... Es wird alles wieder gut, in Ordnung?" Ich lege meinen Kopf an seine Brust und schließe die Augen. Wir beide wissen, dass es nicht mehr gut werden wird. Dass alles zu spät ist. Dass ich kurz davor stehe, zu sterben. Aber es tut gut, ihn noch einmal gesehen zu haben. Seine wärme an meinem langsam erkaltenden Körper zu spüren. Ich habe es nicht geschafft. Ich konnte nicht zu ihm nach hause kommen! Ich atme noch einmal tief ein, bevor ich ein langes und letztes mal die Luft ausstoße und nie wieder neue in meine Lunge bekomme.

Ein Todesgott mit GefühlenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt