Kapitel 4 - Eine aufwühlende Nacht

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Als ich zu Hause die Türe öffne, ist es bereits dämmrig geworden. Mir war gar nicht aufgefallen, wie schnell die Zeit vergangen ist. Einen ganzen Tag hab ich im Wald verbracht. Der Waldgeist hatte Recht. So wie ich Papa kenne, macht er sich jetzt bestimmt große Sorgen.

Nach nur ein paar Schritten im Haus, kommt meine Schwester Molly auch schon die Treppen herunter gerannt.

Aufgeregt fragt sie: "Lillian, wo warst du? Ich habe Kaja schon angerufen. Sogar sie hat nichts von dir gehört!"

"Zuerst am Strand und dann in der Stadt. Wollte halt auch mal einen Tag alleine sein", antworte ich. Am besten erzähle ich meiner Schwester die Wahrheit morgen, wenn sie nicht mehr so aufgeregt ist.

Molly scheint jedoch schon bemerkt zu haben, dass irgendetwas faul ist: "Ach und du bist also ohne Surfboard, Badesachen und Geld am Strand und in der Stadt gewesen?"

Ich finde eine Ausrede: "Ja, Molly, ich bin halt einfach mal spazieren gegangen und habe ein bisschen Musik gehört. Außerdem weißt du ganz genau, dass ich es nicht mag, wenn du ohne zu fragen in mein Zimmer gehst! Woher wüsstest du denn sonst dass meine Badesachen und mein Geld noch zu Hause sind?"

Mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck mein Molly: "Ja, Entschuldigung. Hm, den ganzen Tag nur spazieren gehen, seit wann denn das?"

Ok, Molly kennt mich einfach zu gut und weiß, dass mir nur spazieren gehen eigentlich zu langweilig ist. Also versuche ich lächelnd vom Thema abzulenken: "Molly, wo ist eigentlich Papa?"

"Ach, der ist in der Arbeit die ganze Nacht. Oh, das hätte ich fast vergessen! Er hat für uns gekocht", antwortet sie mit einem Glänzen in den Augen. Und schon stürmt sie in die Küche und schiebt sich eine große Portion Nudelauflauf in die Mikrowelle. So verfressen wie meine Schwester ist, hat sie glatt vergessen worüber wir gerade gesprochen haben. Das ist kein Wunder, denn Vater kocht richtig gut. Warum hatte er denn nicht Koch gelernt? Das wäre viel besser gewesen. Ich merke, wie mir der Magen knurrt. Immerhin habe ich heute noch nichts gegessen, bis auf einen Apfel, den ich mir von einem Baum im Wald abgerissen hatte. Er schmeckte tatsächlich viel besser, als der, in einem Labor kreierte aus einem Supermarkt. Gemeinsam essen wir und schauen nebenbei Fernseher. Wenn Papa nicht da ist, nutzen wir das gerne aus. Eigentlich hat er nämlich verboten, im Wohnzimmer vor dem Fernseher zu essen. Tja, was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß! Wir schauen einen gruseligen Horrorfilm ab 16, was Papa ebenfalls nicht erlauben würde, da Molly ja erst 14 Jahre alt ist, aber egal.

Danach gehen wir in unsere Zimmer. So müde, wie ich bin, fallen mir schon bald die Augen zu. Der Abend lässt mich schon fast vergessen, was im Urwald passiert ist. Ich möchte, dass mein Leben so bleibt wie es ist. Die Waldgeister müssen verrückt geworden sein. Als ob das Leben gerettet werden müsste und dann auch noch von mir ganz allein. Das ist doch alles Humbug. Den Tieren sowie den Menschen geht es bestens.

In dieser Nacht träumte ich, dass eine dunkle Wolke den Himmel bedeckte und die Erde sogar tagsüber in völlige Dunkelheit gehüllt war. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Also suchte ich Papa, doch er war nirgends auffindbar. Ich hatte große Angst und war ganz alleine. Da erkannte ich in der Finsternis meine Schwester Molly und Kaja. Wir fasten uns an den Händen und ich schloss meine Augen. Nun war meine Angst deutlich kleiner. Nicht alleine zu sein, gab mir in der Kälte dieser dunklen Stunde Wärme, Sicherheit und es ließ alle dunklen Gedanken von mir weichen. Als ich meine Lieder wieder öffnete, sah ich die Sonne, die meinen Körper sogleich mit angenehmer Wärme erfüllte.

Schweißgebadet wache ich wieder auf. So einen Traum hatte ich noch nie. Alles war dunkel und so schrecklich kalt. Mir fährt es noch jetzt eiskalt den Rücken herunter und das, obwohl ich schwitze. Naja zum Glück war das alles nur ein Traum.

Waldgeister - Der DämonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt