Post mission

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Als wäre sein Körper unter Hypnose gesetzt worden starrte Bucky an die pechschwarze Decke seines Schlafzimmers. Das regelmäßige Ticken des Sekundenzeigers der Uhr im Flur machte ihn mit jeder Sekunde verrückter.
Zum dritten Mal innerhalb von wenigen Minuten vergrub er seinen Kopf unter seinem Kopfkissen. Nur, dass ihm dann wieder zu warm wurde und er das Kopfkissen von sich schieben konnte. Ehe der Teufelskreis erneut startete. Unwissend, was er tun sollte, da er nicht schlafen konnte, kickte er die Decke von seinem Körper, um sich dann aufzurichten. Im Dunkeln konnte er durch das Licht des Mondes, das durch die Jalousien hineinleuchtete, die schwachen Umrisse von Fernseher, Tür und verschiedenen Kommoden erblicken. 
"Wie wär's mit ner Taschenlampe in meinem Zeigefinger? Oder ein Laserpointer?", sprach Bucky leise zu sich selber, ehe er sich für diese Gedanken innerlich ohrfeigte. Er sollte schlafen und nicht über so einen Mist nachdenken! 
Stöhnend ließ er sich in das warme Bettlaken zurückfallen, nur um sich, genervt von der Uhr, sein Kissen erneut auf den Kopf zu drücken.

Ein leises Klirren ließ Bucky aus seinen sonst so festen Schlaf schrecken. Auch, wenn es ein minimales Geräusch gewesen war - dort war etwas gewesen. In seiner Wohnung, die er sich mit Steve teilte. War es dann nicht also ihre Wohnung? Immerhin bezahlen sie beide die Miete. Obwohl, Tony finanzierte gefühlt eh ganz New York...
Erneut ein leises Scheppern, gefolgt von einem kleinen Fluch. Amüsiert hob Bucky nun die Augenbrauen, als er sich aus dem Bett schwang, um in den Flur zu schlendern.
"Gute Nacht, Captain Tollpatschig", sagte er zufrieden, lehnte sich gegen den Türrahmen und machte das Licht im Flur an. Dort stand tatsächlich Steve, der gerade das heruntergefallene Bild von sich und dem Team wieder auf die Kommode stellte. Dann ließ er seinen Schlüssel in die kleine Schüssel sinken, die neben dem Bild stand. Er sah Bucky in die müden Augen.
"Habe ich dich geweckt?", hakte Steve nun entschuldigend nach und sah sich im Spiegel an, ehe er komplett im Bad verschwand ohne die Tür zu schließen.
"Gut, dass du auch auf eine Antwort von mir wartest", murrte Bucky knapp und folgte seinem besten Freund. Dieser stand vor dem Spiegel und betrachtete sein zum Teil verdrecktes Gesicht, das an manchen Stellen auch einige blutende Schnitte zeigte. "Und ja, hast du."
"Entschuldige."
Steve öffnete den kleinen Kosmetikschrank, um einen Waschlappen aus dem Stapel zu ziehen. Er drehte den Wasserhahn auf, wartete kurz, bis das Wasser eine passende Temperatur hatte, und befeuchtete dann den Waschlappen, der sich innerhalb von wenigen Sekunden mit Wasser vollsaugte. Er wusch sich das dreckige Gesicht.
"Was war es heute?", fragte Bucky und ließ sich auf dem Badewannenrand nieder. Er sah Steve von der Seite an. "Irgendwelche chemischen Explosionen? Verrücktgewordener Roboter? Eiskalter Assassine, der gefühlt jeden umbringen will?" Seine Stimme wurde gegen Ende leiser und Steve sah aus dem Augenwinkel zu ihm, ehe er ein Pflaster aus einer Schublade zog.
"Nein, nein und natürlich nein." Steve klebte sich das Pflaster auf die Wange und stellte sich dann vor Bucky. Der Braunhaarige sah zu seinem besten Freund hinauf und senkte dann seinen Blick auf den gefliesten Fußboden. "Buck?"
Bucky sah wieder nach oben zu Steve, der nur aufmunternd lächelte. Er klopfte seinem Kumpel auf die Schulter und nickte dann Richtung Badezimmertür. Wissend, was Steve wollte, erhob Bucky sich und trottete wie ein Hund aus dem Bad. Toll, jetzt hatte er es geschafft, irgendwie einzuschlafen, und war von Steve geweckt worden.
Grinsend blieb Bucky plötzlich stehen, als ihm einfiel, dass er Peter tatsächlich mal die Hölle heiß gemacht hatte, als er mitten in der Nacht vor ihrem Fenster gelauert hatte und gewartet hatte, bis Bucky sich im Halbschlaf umdrehen wollte... nur um dann zu fragen, ob er sich etwas ausleihen konnte. Um drei Uhr in der Nacht. Hatten Spinnenkinder keinen Schlafrhythmus?
"Was grinst du denn so?", riss Steve ihn aus seinen Erinnerungen, und Bucky zuckte zusammen.
"Was? Nichts", machte Bucky hektisch und verkrümmelte sich wieder in sein Bett. Er zog die Decke über seinen von Shorts und Shirt bedeckten Oberkörper. Steve sah zwischen den zwei Einzelbetten, die sie, wie in ihrer Kindheit schon, zusammenschoben, hin und her.
"Denkst du, du kannst alleine schlafen?"
Bucky schluckte und sah auf seine Bettdecke, ehe er etwas unverständliches murrte. Konnte er das? Steve fragte ihn jeden Abend, ob er alleine schlafen konnte oder ob er sich komisch fühlte, weil alte Bilder immer wieder vor seinem inneren Auge aufflackerten. Dann machten sie es wie damals vor dem Krieg als sie noch Kinder gewesen sind. Sie gaben sich die Hand. Auch, wenn Bucky früher immer Steves Hand halten musste, da der Junge ein schreckhaftes Kind gewesen war und oft von Albträumen heimgesucht worden war. Heute war Bucky derjenige, der von Vergangenem träumte und heimgesucht wurde.
Als plötzlich Steves Decke auf seinen Kopf geworfen wurde schreckte Bucky zurück und zog sie von sich. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und er knurrte kurz. Steve war bereits dabei, sein Bett leise zu verschieben. Dankend lächelte Bucky mit hochgezogenen Augenbrauen. Gott, wie kindisch das alles herüberkommen musste...

"Gut so? Kein Glas Milch mehr?", fragte Steve schließlich, als er sich seinen Schlafanzug angezogen hatte. "Keine Kekse? Keine Wärmflasche?"
"Halt doch den Mund", murrte Bucky knapp und legte seine Metallhand auf die Ritze, die die Betten am Rand erzeugten. "Ich komme mir auch wie der letzte Idiot vor, weil mich das alles noch heimsucht."
"Aber du weißt, dass das kein Problem ist, Buck? Jeder hat schlimme Erfahrungen gemacht, die eine-", begann Steve einfühlsam und wurde dann unterbrochen.
"Aber nicht in meinem Alter."
"Du hast gefühlt siebzig Jahre nicht als du selbst gelebt. Das ist eine Entschuldigung."
"Aber ich hab's getan..."
Steve legte seine Hand in Buckys und verschränkte seine Finger um das eiskalte Metall herum. Irgendwie merkte Bucky trotz des Metalls, wie sanft und einfühlsam Steves Geste doch war. Er lächelte leicht und schloss seufzend die Augen.
"Steve?"
"Hm?"
"Ich will einen Hund", sagte Bucky prompt, und Steve übte kurz Druck auf seine Hand aus.
"Tony kann dir einen ganzen Raum voller Welpen organisieren", gähnte der Blonde und streckte sich kurz. Bucky lächelte. "Frag' ihn morgen."
Bucky nickte, was Steve natürlich nicht sehen konnte. Aber dann drehte Steve sich um und betrachtete seinen besten Freund so gut es ging von der Seite. Er bemerkte, wie Buckys Lächeln nach einigen Minuten verschwand und sein Atem immer regelmäßiger wurde. Der Druck, den er auf seine Hand ausübte, ließ nach und Steve konnte sich sicher sein, dass sein bester Freund eingeschlafen war. Deshalb widmete er sich nun auch seinem verdienten Schlaf.

Mit einem leisen Keuchen erwachte Bucky aus einem seiner Träume, den er in den letzten Wochen vermehrt immer wieder erlebte. Sein Körper zitterte, trotz dass ihm höllisch heiß war und seine Haut von kaltem Schweiß benetzt war. Sein Herz raste und sein Atem ging noch immer hektisch, als er sich aufrichtete und sich den krampfenden Magen hielt. Er kniff die Augen zusammen und biss die Zähne zusammen. Seine linke Hand wurde plötzlich fest gedrückt, ehe er neben sich sah, wo Steve auf dem Rücken lag und zufrieden schlief. Bucky schluckte und wandte den Blick ab. Als sich jedoch Steves Hand noch fester um seine schlang legte er sich wieder hin. Er befreite seine Hand aus Steves Griff und drehte sich mit dem Rücken zu dem Blonden. Er wusste, dass er ihn geweckt hatte.
"Tut mir leid...", sagte er leise, und Steve grummelte im Schlaf - er war doch nicht wach geworden.
Bucky lauschte kurz und maß seinen eigenen Puls, indem er ihn mit seinen Fingern an seinem Hals zählte. 

Nach wenigen Minuten, in denen er sich dann beruhigt hatte, hörte er, wie Steve sich anscheinend umdrehte. 
"S-steve?", fragte er kleinlaut, und Steve gab einen fragenden Laut von sich. "Bist du da?"
Plötzlich legte sich Steves Arm von hinten um Bucky und Steve zog ihn ganz sanft an sich, um sein Gesicht in den Haaren des Braunhaarigen zu vergraben.
"Immer...", sagte er unverständlich und schlief ruhig weiter.
Bucky spürte Steves Herzschlag an seinem Rücken, sodass sich sein Herzschlag dem des Jüngeren anpassen konnte.
Er schloss die Augen.

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