Besuch zweier Zauberer
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Mona saß in ihrem Zimmer im Wool's Londoner Waisenhaus und blickte starr auf die sieben unterschiedliche Steine, welche sie auf das Fensterbrett gelegt hatte; die Fenster hatten Gitter, die ihr kleines Zimmer in dämmriges Licht tauchten. Sie betrachtete jeden der Steine ausgiebig und fokussierte schließlich den letzten und hässlichsten. Wie von Zauberhand flog er langsam ein paar Zentimeter in die Luft, und als Mona den Blick von ihm löste, fiel er wieder auf das Fensterbrett.
Mona hatte schon früh gemerkt, dass sie anders war. Sie konnte Dinge bewegen ohne sie zu berühren - das war eine der besonderen Dinge, die sie konnte.
Sie hoffte so oft darauf, dass jemand endlich kam und sie adoptierte, doch dies blieb zu ihrem Bedauern aus.
Mona war ein äußerst kluges und hübsches Mädchen. Sie hatte schwarze, wellige Haare und sturmgraue Augen, die, wenn sie wütend war oder Angst hatte, manchmal dunkler wirkten. Ihre blasse Haut gab ihr etwas eigenartiges, da es nicht wirklich zu ihren dunklen Haaren passte, doch trotz allem harmonierte alles perfekt. Mona war nie sonderlich groß gewesen, aber das, was sie wirklich aufregte war, wenn Leute ihr sagten, sie solle mehr essen und es grenze schon an einer Magersucht. Mona aß normal, sie hatte bloß eine Krankheit, bei der sie nicht schnell dick werden konnte.
Ihr Aussehen passte zu ihrem Charakter. Sie hatte gelernt, Menschen nicht zu vertrauen. Sie lächelte kaum, und wenn sie es tat, dann zeichneten sich leichte Grübchen auf ihren Wangen ab. Wenn sie jedoch ihre kalte Maske aufsetzte, traten ihre Wangenknochen hervor, die ihr etwas adeliges, gar arrogantes, gaben.
Sie seufzte und fragte sich so wie sie es schon oft getan hat, wann endlich jemand sie adoptieren wolle.
,,Ist es das, Albus?", ertönte eine schnarrende Stimme vor der Tür des kleinen Zimmers, dass Mona aus ihren Gedanken gerissen wurde.
,,Ja, ja, ich denke schon", erwiderte eine andere Stimme, die viel freundlicher klang. ,,Das müsste es sein, denke ich."
,,Haben Sie mal auf die Zimmernummer geachtet, Albus? Dreizehn! Dort war er auch!" Wieder sprach derjenige mit der ausladenden Stimme. ,,Und übrigens, sagt Ihnen der Name »Gaunt« nichts? Merope Gaunt?"
,,Natürlich sagt mir der Name etwas, Severus, aber wenn wir keine Probleme haben, sollten wir uns auch keine machen, habe ich Recht?", fragte die andere Person.
Es klopfte an der Tür. ,,Herein!", rief Mona, da sie sonst nie Besuch hatte, außer, wenn Mrs Cole, die Heimleiterin, mal nach ihr guckte.
Zwei Männer betraten das Zimmer und guckten sich um, ehe deren Blicke auf Mona fielen. Mona fand die beide äußerst komisch, denn sie waren das genaue Gegenteil. Der eine von ihnen wirkte älter als der andere und trug gewöhnliche Kleidung, während der andere einen schwarzen Umhang hatte, welcher sich hinter ihm aufbäumte, während er das Zimmer betrat.
,,Kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragte Mona leicht säuerlich. ,,Sie sind im falschen Zimmer - falls Sie die süße Claire suchen, die ist im Zimmer nebenan." Mona konnte Claire noch nie leiden, da sie viel öfter besucht wurde als Mona. Wenn jemand nach Claire fragte, dann sagte er oder sie immer »die süße Claire«.
,,Nein, nein, wir wollten dich sprechen, Mona", sagte der ältere Mann freundlich und lächelte ihr aufmunternd zu. ,,Darf ich?", der Mann deutete auf das Bett und Mona nickte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er einen langen weißen Bad trug und sie irgendwie an den Weihnachtsmann erinnerte.
,,Sie sind der Doktor, oder?", sagte Mona ängstlich und stand von ihrem Stuhl auf. Im Vorbeigehen schnappte sie sich einen der Steine und verstaute ihn in ihrer Hosentasche. ,,Ich kenne die Masche schon. Ich weise sie darauf hin, dass Claire nebenan ist, dann sagen sie mir, sie wollen mich sprechen und dann spritzen sie mir irgendein Zeug, dass ich mich nicht wehren kann und untersuchen mich auf irgendwelche Krankheiten, finden nichts und gehen wieder. Aber ich mache es Ihnen leicht. Hier." Sie hielt dem alten Mann erwartungsvoll den Arm hin, damit er ihr etwas spritzte.
Doch zu ihrer Verwunderung lachte der Mann auf. ,,Nein, Mona", sagte er und wischte sich die Lachtränen aus den Augen, doch setzte dann eine ernste Miene auf. ,,Ich bin ein Professor an einer besonderen Schule und -"
,,Ha!", fiel Mona ihm ins Wort. ,,Professor, Doktor, Arzt, alles dasselbe!"
,,Nein", sagte der Mann, ,,ich will dich nicht untersuchen. Und Severus auch nicht, oder, Severus?" Erwartungsvoll blickte der Alte zu dem anderen schwarzhaarigen Mann, der in der Ecke gestanden hatte und alles kommentarlos mitgesehen hat.
,,Nein", sagte der Schwarzhaarige mit dem hageren Gesicht schlicht und guckte sich desinteressiert im Zimmer um.
,,Dürfte ich Ihre Namen erfahren?", sagte Mona so freundlich, wie es nur ging.
,,Natürlich", sagte der Ältere, ,,ich bin Professor Dumbledore und der, der einer Fledermaus gleicht, ist Professor Snape." Das Ende flüsterte er, dass nur Mona es hörte. Sie grinste leicht, was wirklich selten war.
,,Nun, welche Schule meinten Sie, Sir?"
,,Hogwarts", sagte Professor Dumbledore, ,,Hogwarts ist eine Schule für besondere Menschen, für -"
,,Verrückte", unterbrach Mona ihn wirsch, ,,für Verrückter wie mich. Wie gesagt, ich kenne das Spiel, welches Sie spielen."
,,Nein", sagte Professor Snape nun. ,,Hogwarts ist eine Schule für Hexen und Zauberer. Für jemanden wie dich."
,,Sie wollen mich doch nur reinlegen!", sprach sie ihre Gedanken aus, während sich ihr Kiefer sichtlich nachdenklich anspannte. ,,Es gibt keine Hexen und Zauberer!"
,,Doch."
,,Beweisen Sie es!"
,,Gerne", sagte Professor Snape und zog ein langes geformtes Stück Holz aus seinem Umhang, welches nach Monas Vorstellungen einem Zauberstab glich. Er schwang den Stab und aus ihm schoss ein silbernes Tier. Eine Hirschkuh.
Das Tier strahlte Wärme aus, welche Mona hoch nie verspürt hatte. Sie fühlte sich sicher und geborgen. Die Hirschkuh drehte seine Kreise um Mona, die lächelnd mit dem Kopf der Hirschkuh folgte.
,,Was war das?", fragte sie, als die Hirschkuh verblasste.
,,Ein Patronus", sagte Professor Dumbledore. ,,Willst du lernen, so einen zu erzeugen? Das lehrt man dir auf Hogwarts."
,,Wirklich?", hakte Mona ungläubig nach. ,,Können Sie auch Steine zum Schweben bringen mit bloßen Gedanken? Können Sie auch mit Schlangen sprechen? Können Sie auch machen, dass Menschen sich vor Schmerzen winden? Können Sie auch die Kleidung eines Menschen durch Gedanken in Brand setzten?"
,,Nun ja", sagte Professor Snape, ,,ich denke, dass ich einiges davon können würde, wenn ich keinen viel praktischeren Zauberstab hätte."
,,Ich will nach Hogwarts", beschloss Mona.
,,Hier." Professor Dumbledore reichte ihr einen Umschlag. ,,Da ist das Zugticket dabei. Wir sehen uns aber bestimmt noch vor dem ersten September, da du noch in die Winkelgasse musst."
"Tschüss", sagte Professor Snape und verschwand mit einem Plopp.
,,Das nennt man apparieren", sagte Professor Dumbledore und verschwand ebenfalls mit einem Plopp, als wäre er vom Erdboden verschluckt.
Mona lächelte an diesem Tag öfter als sonst, denn endlich würde sie weg von dem Waisenhaus sein.
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Das Cover wurde von Misery6 gemacht. Danke, es ist fantastisch!💗
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Mona Marvolo Gaunt
FanfictionMona Marvolo Gaunt, eine Waise. Sie dachte, dass ihr zweites Jahr in Hogwarts entspannt sein würde, doch sie hatte sich mächtig geirrt... Durch Hogwarts streift ein Monster, welches ganz bestimmte Schüler angreift... Wann schlägt es wieder zu? Warum...