Kapitel 2: Verbannung

133 11 17
                                    

Der heißeste Tag des Jahres war angebrochen und ich spürte den Schweiß am ganzen Körper. Mein Schlafanzug, mehr eher ein Nachthemd, klebte förmlich an meiner Haut. Die Haare standen ab, feucht als kämen sie aus der Dusche und wurden nur angeföhnt. Ich strich mir kurz durchs Haar, ehe mein Blick auf die Uhr fiel. Es war kurz nach acht.

‚Verflucht!', dachte ich und war schon auf den Beinen. Von unten hörte ich meine Mutter, wie sie nach mir rief, nein eher brüllte. Um neun Uhr begann die Versammlung am Rathaus an dem jeder gesunde Bürger teilnehmen musste, auch ich, denn ich sah eher weniger totsterbenskrank aus wie manch andere. Bei dieser Versammlung wurden die Ereignisse der Woche wiederholt und die Pokémon der Reichen zogen irgendeine vorher festgelegte Show vor. Immer schön vor den Anderen angeben. Das konnten sie sehr gut.

Nach einer halben Stunde war ich gewaschen und angezogen. Ich band mir die Haare zu einem Zopf, damit Mutter nicht sah, dass ich sie nicht so gut durchgekämmt hatte, wie sie es sich vorstellte und lief an ihr vorbei ins Freie. Meine Güte war es heiß. Ich wollte wieder gerne den Rückzug ins Haus antreten, als meine Mutter mich weiter nach vorne schob und es fertig brachte mir dabei einen Hut aufzusetzen. Er ließ mich richtig doof aussehen, doch als ich anstalten machte ihn abzusetzen, strafte mich meiner Mama mit einem bösen Blick. Mürrisch setzte ich mich in Bewegung. Am Rathaus warteten schon alle Bewohner der Stadt Little Town und sahen gebannt zu der Bühne hinauf. Der Bürgermeister ein bulliger Mann mit einer Glatze und einen riesigen Schnauzer vor dem Mund nahm das Mikrofon in die Hand und begrüßte die Leute. Ich konnte den Bürgermeister eigentlich gut leiden, doch sein Nachwuchs war mir ein Dorn im Auge, denn dies war meine Feindin Judy. Diese stand ein wenig weg von ihrem Vater und hatte dabei ein blütenweißes mit Verzierung bedecktes Kleid an, das sie wie eine Prinzessin wirken ließ. Sie lächelte, zeigte dabei ihre strahlenden Zähne, während einige Jungen gut drei Meter neben mir sie schmachtend ansahen. Bei diesem Anblick wandte ich mich schaudernd ab.

Plötzlich tippte mich jemand an die Schulter und ich fuhr erschrocken herum. Ein Junge aus meiner Klasse, gut zwei Zentimeter kleiner als ich mit grünen dichten Haaren und blauen Augen lächelte mich so breit an, als wäre es das Schönste so ein missmutiges und miesgelauntes Gesicht anzusehen, welches meines gerade abbildete.

„Hallo Katarina", sagte er mit seiner im Stimmbruch liegenden Stimme.

„Hi, Yoshitaka", sagte ich langsam und wollte mich von ihm wegdrehen.

Nicht das ich etwas gegen diesen Jungen hätte. Er war einer der wenigen Jungen, die Judy nicht nachliefen oder sie gar anbeteten. Im Gegenteil er fand sie langweilig, wie er mir einst gestanden hatte, da er sie viel zu mädchenhaft und zickig fand. So und nun kam die Frage: Auf welches Mädchen stand er stattdessen? Richtig – mich...

Öfter als einmal hatte ich ihn beobachtet, wie er mir nach der Schule nachlief und mir oft zugeschaut hatte, wenn ich mit unserem Giflor trainieren musste. Denn er war auch einer der Wenigen in der Stadt, der Pokémon eher interessant fand, statt gefährlich. Das klang alles schön, doch ich fand Yoshitakas unbeholfene und kindliche Art abstoßend, weshalb ich ihm keine Motivation gab, dass ich seine Zuneigung erwiderte.

Während der Bürgermeister von dem Turnier und dessen Sieger berichtete, dass vor einigen Tagen stattgefunden hatte, tippte Yoshitaka mir auf die Schulter.

„Schau mal da drüben", flüsterte er und zeigte auf etwas Großes kastenförmiges, dass mit einem weißen Tuch abgedeckt wurde. Eine Silhouette von etwas Großem war zu erkennen und ich hob verdutzt die Augenbrauen hoch.

„Was das wohl sein mochte?", fragte Yoshitaka gespannt und ich zuckte die Achseln.

„Vielleicht ein Pokémon. Etwas langweiliges wie letztes Mal, bei dem sie eine Horde Ratzfratz gefangen hatten", erwiderte ich gelangweilt.

Pokécircle - Generation 1 - Der Baum des Lebens + HörbuchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt