6 Kapitel

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Damon liebte schon immer Autos. Damals schon hatte ihn schon jegliche Entwicklung der Fortbewegung interessiert. Ob es nun Fahrräder waren oder Autos, Hauptsache, es rollt auf der Straße. Und in dieser modernen Zeit gab es immer größere Autos. Ausgestattet mit den neusten Feinheiten, wobei einige davon selbst für ihn absolut absurd sind. „Kaffeemaschinen in einem Auto? Kein Wunder, dass die Zahl der Todesopfer auf den Straßen stetig steigt.“ Er blättert durch eine Autosportzeitung. Der Luxus der Menschheit hat zwar seinen Reiz, aber er selbst empfindet es als absoluter Schwachsinn. Er streicht sich kurz durch sein schwarzes Haar, welches aktuell schulterlang ist. Seine Haut ist blass, beinah schon kränklich und er hat ein sehr strenges Gesicht, was wohl auch seiner Vergangenheit zuschulden kommt. Aber das ist lange her. Er arbeitet nun auf einem Friedhof und kümmert sich um die Grabpflege. Er besitzt einen blauen Ford Mustang, den er nicht ganz ehrlich verdient hat. Eine Geschichte, die er bis heute bereut. Eifersucht ist eine Krankheit, die auch ihn befallen hat und ihn für wenige Tage zu einem Mann werden lassen, den er selbst hasste. Bis heute hat er es sich nie verziehen, was er tat, vor genau vierzehn Jahren. „Finde ich auch, Schatz.“ Liv lächelt. Trotz ihres Lebens hat sie ein breiteres Lächeln, als die meisten Menschen auf dieser Welt. Wenn man etwas verliert, lernt an mehr zu lächeln und das Leben mehr zu schätzen. Für Liv war der Tag, der alles veränderte, der Tag, an dem sie im Rollstuhl landete, unfähig ihre Beine zu bewegen, stets auf diese Gerätschaft angewiesen. Einen schwerbehinderten Ausweis hatte sie erhalten, die meisten behandeln sie wie ein kleines Kind. Dabei ist Liv eine junge, dreiundzwanzigjährige Frau, die ihr Leben selbst bestimmt und trotz aller Tatsachen sich niemals unterkriegen lässt. Anne hatte ihr stets geholfen, seit dem Kindergarten schon. Manchmal erscheinen die Tage, in denen die beiden im Sand spielten und schaukeln wie eine lang zurückliegende Vergangenheit. Eine Art Traum, der nie stattgefunden hat. Ihr hübsches Gesicht samt der kurzen, braunen Haare wirkt stets freundlich und sie ist eine Person, die stets Ratschläge gibt und zuhört. Aber der Schmerz ihrer Behinderung kommt ab und an durch und erinnert sie an das, was sie nun ist. Umso schöner ist es, einen Mann an ihrer Seite zu haben, der sie liebt. Sie fragt sich, warum Damon ausgerechnet sich in eine Frau im Rollstuhl verliebt, die dazu nichts wirklich Besonderes vorzuweisen hat. „Du bist für mich etwas kostbares, Liv. Höre auf, dir Gedanken zurechtzulegen, die ohnehin nicht stimmen. Du bist eine wunderschöne Frau, mit einem kostbaren Herz, eines, dass so viel größer ist als meines je sein kann und sein wird.“ Er erhebt sich von seinem Stuhl, geht auf Liv zu und haucht der Frau seiner Träume einen zarten Kuss der Liebe auf die Lippen. Dann saß sie halt im Rollstuhl. Und? Was kümmert es ihn? Er ist glücklich, Liv scheint mit ihm glücklich, also ist alles bestens. „Und ich hasse den Kosenamen Schatz.“ Er lächelt Liv an, streichelt ihr über die Wange. Momentan besucht Liv ihn, in Melissas… Villa? Anwesen? Es ist auf jeden Fall groß und steckt voller Prunk, um sich das Leben in vollen Zügen zu geben. Damon und sie verbindet eine Vergangenheit. Keine Liebe, kein Sex, aber da war eine tiefe Freundschaft, die Damon einst zerbrach. Eifersucht. „Ich mag ihn. Klassisch, aber ich mag ihn. Es drückt eben aus, dass ich dich nie mehr loslassen möchte, Damon.“ Liv schaut ganz verzaubert drein in Damons Augen, welche auch in ihre blicken. Das grau-grüne Augenpaar ihres Liebhabers wirkt manchmal anders, als sei er etwas anderes, als ein Mensch, von einer anderen Welt. Aber das ist auch kein Wunder. Damon ist schließlich heiß, zumindest in Livs Augen. Zudem ist er ein guter Mensch. Wenn Liv wüsste…
„Das bekomme ich wohl nicht aus deinem Schädel geschlagen, oder? Na gut, dann halt Schatz.“ Er seufzt gekünstelt aus, was Liv nur dazu bringt, zu lachen. Diese helle klare Stimme verdreht Damon jedes Mal den Verstand. „Du bist süß, Damon“, kichert sie nur heraus, was ihren Freund nur zum grinsen bringt. „Magst du heute chinesisch essen? Das magst du doch am liebsten.“ Damit kann man Liv immer eine Freude bereiten, aber sie schüttelt den Kopf. „Ich mag dich und Anne mehr als chinesisch. Dann kommt Melissa und dann kommt das essen. Aber zu einer Einladung sage ich nicht nein.“ Gebratene Nudeln mit knuspriger Ente und einer scharfen Soße. Wenn Liv nur daran denkt… Dafür würde sie töten, im übertragenen Sinn natürlich nur. Nebenbei weichen ihre Gedanken an Anne ab, ihre beste Freundin, die gerade mit Melissa im Ausland ist, in Australien. Wie es ihr wohl geht? Etwas Sehnsucht hat sie doch schon nach Anne. „Dann fühle dich eingeladen, Liv. Lass dich verwöhnen. Du hast es mehr als verdient.“ Dagegen wollte sie tatsächlich protestieren. Verwöhnt zu werden ist nicht so ihre Lieblingssache. Sie hat schon das Gefühl, bemuttert zu werden, weil sie im Rollstuhl sitzt. Aber heute kann sie da sicher eine kleine Ausnahme in Kauf nehmen, vor allem, wenn man mit so einem Mann essen geht. Nicht unbedingt sehr romantisch, aber lecker. Für Romantik könnte man hinterher immer noch Sorgen. Vielleicht einen Film schauen? Kuscheln im Bett? Wer weiß schon, was aus dem Abend wird. Ganz gleich, was passiert, es würde schön werden. Sie kennen sich erst seit ein paar Wochen und trotzdem kommt es Liv vor, wie ein wunderschöner Traum. Liebe. Sie hätte nie gedacht, diese zu finden, gerade weil sie im Rollstuhl sitzt und es sicher für einige Menschen immer noch eine absolute Blockade ist, über Sexualität behinderter Menschen nachzudenken oder in Erwägung zu ziehen, mit einer Frau im Rollstuhl etwas anzufangen, etwas Festes, etwas Wahres. Damon will aber genau das. Liv lieben, rein seelisch. Über die körperliche Beschäftigung miteinander haben sie bisher noch nicht gesprochen, aber es wird wohl bald zur Ansprache kommen. Schließlich ist dies ein ganz normales Bedürfnis für sie beide. Für Liv und Damon zählt aber mehr die Zweisamkeit, die Freude, einen Menschen zu haben, mit dem man Herz und Seele teilen kann. Das ist es, was ihre Beziehung besonders werden lässt. Ihre Herzen. Ihre Seelen.

liebe hält für immer GirlxGirl Wird Überarbeitet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt