Trans sein macht das Leben schöner

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Erst einmal eine sehr verwirrende Aussage, denn macht Trans sein, das Leben nicht nur schwerer?

Wenn es in Dokumentationen, Filmen oder Büchern um Trans Personen geht, wird sich meist nur auf das Leiden der Trans Person fokussiert. Dies ist natürlich ein Teil des Trans seins und darf nicht außen vor gelassen werden, aber viel zu selten, geht es um die positiven Wirkungen, die Trans sein mit sich bringt.

Ein wichtiger Punkt ist der Name. Man darf sich seinen Namen aussuchen! Das ist ziemlich cool und kann einem das Leben erleichtern. Es gibt sehr viele Cis Menschen, die mit ihrem Namen nicht zufrieden sind und ihn am liebsten austauschen würden. Als Trans Mensch hat man die Möglichkeit, den Namen seiner Träume auszuwählen. Ich zum Beispiel wollte als Kind immer einen Zweitnamen haben. Also habe ich mir einen ausgesucht, als es an meine Namensänderung ging. Auch bei meinem Erstnamen habe ich lange überlegt. ich habe mich erst Jamie genannt, weil der Name englisch und unisex ist und ich mich damals noch nicht vor jedem outen wollte. Mittlerweile heiße ich Jasper. Das ist der Name, den mein Vater mir eh geben wollte, im Falle ich sei ein Junge. Er hat sich sehr darüber gefreut, als ich ihm erzählte, dass ich nun Jasper heiße und die Umgewöhnung von Jamie zu Jasper war nicht einmal halb so schwer für ihn, wie die Umgewöhnung von meinem Geburtsnamen zu Jamie.

Noch ein positiver Aspekt des Trans seins ist die Weltanschauung, die man entwickelt. Ob man will oder nicht. Denn man versteht als Minderheit das Leid anderer besser und somit fällt es einem leichter, andere richtig unterstützen zu können und diese auch zu verteidigen.

Man lernt durch sein Outing und durch die harte Zeit danach, sich selbst so anzunehmen, wie man nun einmal ist und versteht, dass nur weil man nicht der Norm entspricht, man noch lange nicht falsch ist. Ja, ich habe anfangs auch höllische Angst davor gehabt falsch angesprochen zu werden. Wenn es heute passiert, berichtige ich die Person und fühle mich dabei sicher. Ich muss mich nicht rechtfertigen und ich muss mich schon gar nicht schämen. Denn wenn man Trans ist, hat man Mut man selbst zu sein. Und wenn man das schafft, kann einen fast gar nichts mehr aus der Bahn werfen. Es ist ein langer Weg zur Akzeptanz und zu diesem Selbstbewusstsein, aber wenn man es geschafft hat, erlebt man das Leben durch andere Augen. Durch einen besseren Blickwinkel.

Trans sein ist schwer, aber es bereichert auch das Leben. Man trifft Menschen, die so sind wie man selbst und man bekommt die Möglichkeit, seine Geschichte zu erzählen und anderen beizubringen, was es für einen bedeutet Trans zu sein. Ich habe es lang als Strafe gesehen, diese Art von Position zu haben, aber ich habe meine Meinung geändert. Menschen können sich vielleicht nicht grundlegend verändern, aber ich habe schon oft mitbekommen, wie sich Menschen um mich herum wegen mir entwickelt haben. Mehr verstehen und sich für etwas einsetzen, dass ihnen vorher nicht als Problem bewusst war. Meine Therapeutin zum Beispiel, hatte vor mir noch keinen Patienten, der Trans ist und ich musste ihr vieles erklären. Vor einigen Wochen habe ich erfahren, dass sie sich zu einer Weiterbildung angemeldet hat, um Menschen wie mir besser helfen zu können. Das ehrt mich sehr und wäre ich nicht Trans, wäre das nie passiert.

Ich will nicht Cis sein. Wieso? Weil ich weiß wie es ist als Frau unterdrückt zu werden und wie es ist als Mann Macht zu haben, die andere nicht haben. Ich erlebe jeden Tag wie sehr Feminismus noch in unserer Gesellschaft gebraucht wird. Als Mädchen wurde von mir bei meiner Großmutter immer erwartet, dass ich mit den Tisch abräume. Nach meinem Outing blieb ich ohne Probleme sitzen und keiner hat was gesagt. Das ist ungerecht und einigen scheint es nicht aufzufallen, aber ich wurde schon in beide Geschlechterrollen gesteckt und kann sagen, dass vieles für Männer nicht das Gleiche ist wie für Frauen.

Durch das Trans sein habe ich mir Gedanken ums Geschlecht gemacht und was es bedeutet Mann oder Frau zu sein (ja, ich rede hier nicht von nicht-binären Geschlechtern, weil diesen keine konkreten Rollen zugewiesen wurden). Und auch wenn ich anfangs eine Phase der Maskulinität hatte, bin ich nun in einem schönen Dazwischen angelangt, indem ich sowohl feminin als auch maskulin bin und weiß, dass die Farbe Blau, Bier und Fußball keinen Mann ausmacht, sondern das einzige, was einen Mann ausmacht, ist dass er sagt, dass er einer ist. Ich lasse mich nicht nochmal in eine Schublade stecken.

Was habt ihr durchs Trans sein gelernt? Wie merkt ihr die positiven Effekte?

Jasper

How To Be TransWo Geschichten leben. Entdecke jetzt