Karma's a righteous bitch

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[Franks POV]




Was für ein blöder Wichser... nur wegen Fünf verdammten Minuten...

Genau das waren Franks Gedanken, als er zu gleichen Teilen demotiviert und frustriert aus dem großen Beton-Bauwerk heraus auf den vom leichten Regen gesprenkelten Gehweg trat. Ja, nur fünf Minuten waren es, die ihn abermals um einen potenziellen Job gebracht hatten. Fünf. Verfluchte. Minuten.
Er hasste dieses Konzept. Zeit ist Geld, hieß es. Wer zu spät kam, den bestrafte das Leben – da war ganz offensichtlich was dran. Allerdings war der wenig günstige Umstand seines unpünktlichen Eintreffens nicht Franks eigenes Verschulden, zumindest dieses eine Mal nicht. Er würde niemals abstreiten, dass er dazu neigte, hin und wieder mal etwas später zu kommen, als ausgemacht; aber natürlich in und zu einem Vorstellungsgespräch. Das machte schließlich keinen guten Eindruck. Doch heute konnte sich selbst der seiner Meinung nach recht wortgewandte 22-Jährige nicht aus seiner Verspätung rausreden. Nicht einmal die Wahrheit, und zwar die Tatsache, dass es in seinem U-Bahn-Wagon beinahe eine Messerstecherei gegeben hatte und jemand die Notbremse betätigte, konnte sie angemessen rechtfertigen. Dafür klang es trotz allem zu sehr nach einer schlechten Ausrede... Somit hatte Frank nun die mittlerweile sechzehnte Absage erhalten und damit auch die sechzehnte Chance auf einen Job verwirkt – einen Job, den er eigentlich dringend brauchte, denn von verschmutzter Stadtluft, schlecht gedrehten Joints und vorgegaukelter Liebe allein ließ es sich eben doch nicht so recht leben.
Nein, dazu brauchte man Geld; ein weiteres Konstrukt der Gesellschaft, das ihm ebenso wenig sympathisch war, wie das der Zeit. Zwei Erfindungen der Menschheit, die ihre Schöpfer zu Sklaven machten. Geißeln, die die Kontrolle über den Umgang der Menschen miteinander erlangt hatten und kontrollierten. Beides brachte so manche Individuen zu schrecklichen Gräueltaten, verleitete sie zu Verbrechen, zu denen sie sich schlichtweg gezwungen sahen, um in dieser Welt bestehen zu können. Und beides bereitete Frank Iero Kopfschmerzen. Weil er sich diesen beiden Systemen nämlich nicht so einfach entziehen konnte, zumindest nicht solange er in einer baufälligen Wohnung in einem ebenso heruntergekommenen Viertel dieser langweiligen Stadt lebte. Es war, genauer gesagt, der Begriff „Monatsmiete" das Schreckgespenst, das den jungen Halbitaliener derzeit um seinen dringend benötigten Schönheitsschlaf brachte. Ihm gingen nämlich langsam aber sicher seine mageren Rücklagen und die halbwegs ansprechenden Stellenausschreibungen, auf die er sich bewerben konnte aus.
So trottete er also in Gedanken und angebrachtem Selbstmitleid versunken durch den kalten, früh abendlichen März-Regen, der seinen Hoodie schnell durchdrungen hatte, zurück gen Heimat, wo ein großer Berg dreckiges Geschirr und ein wahrscheinlich recht unzufriedener Mitbewohner auf ihn warteten. Ein weiterer Anschiss von Letzterem war wirklich das Allerletzte, das Frank nun gebrauchen konnte, auch wenn er genau wusste, dass sein Mitbewohner und gleichzeitig guter Freund Ray im Recht war. Schließlich war Frank mittlerweile schon zwei Mieten im Verzug, und durch die heute neu errungene Absage ergab sich, dass Ray wohl noch länger auf sein Geld warten musste.
Bei dem Gedanken daran, ihn ein weiteres Mal zu enttäuschen, entkam dem 22-Jährigen ein leises Seufzen. Sein Kumpel war wie ein großer Bruder für ihn geworden, seitdem sie vor einigen Jahren ihre kleine Wohngemeinschaft gegründet hatten. Frank hatte ihm viel zu verdanken, musste sich vor einiger Zeit jedoch eingestehen, dass er in dieser Beziehung bisher mehr genommen als gegeben hatte, was sich nicht richtig anfühlte. Sein Plan war es deshalb gewesen, Ray künftig genauso sehr zu unterstützen, wie es andersrum auch passierte. Tja, aber natürlich kam alles anders als geplant. Wie immer.
Frank warf einen kurzen Blick über die Schulter, bevor er die Straße überquerte und überlegte angestrengt, was er machen konnte, um den Zorn seines Freundes nicht in vollem Maße auf sich zu ziehen. Natürlich konnte er lügen; behaupten, er wäre zum Probearbeiten eingeladen, dann zur Tarnung einen Tag lang irgendwo anders rumhängen, nur um im Endeffekt doch leider „entlassen worden" zu sein... Und wäre es nicht Ray, hätte er diesen Plan wohl auch tatsächlich in die Tat umgesetzt, um wenigstens etwas Zeit zu schinden... Allerdings plagte ihn auch ohne ein Gewirr aus schlechten Lügen schon ein mieses Gewissen, und das benötigte Geld hätte er dann ja trotzdem nicht. Daher verwarf er diese Option gedanklich und überlegte weiter. Das heißt, er hätte weiter überlegt, wäre er nicht von zwei jüngeren Mädchen angerempelt worden, die ihm entgegen kamen.

„Wie wär's, wenn ihr nächstes Mal einfach hintereinander geht?!", knurrte er dem kleineren, recht verschreckt dreinblickenden Mädchen und dessen Freundin entgegen. Es fühlte sich gut an, dem Ärger etwas Luft zu machen, auch wenn diese beiden Teenager nicht das geringste für Franks Problem konnten.

„Fick dich", zischte die Dunkelhäutige der beiden giftig zurück, packte ihre nach wie vor perplex wirkende Gefährtin am Arm und zerrte sie weiter, weg von Frank und seinem drohenden Blick.
Normalerweise hätte er so viel Respektlosigkeit von Jüngeren – oder generell irgendwem – nicht auf sich sitzen lassen, und ihnen eine ordentliche Lektion erteilt, diesmal machte er allerdings nur zu gern ein Ausnahme. Eines der Mädchen hatte nämlich bei dem Zusammenstoß etwas verloren – ein Stück Papier, das sich bei näherer Betrachtung als eine gefaltete 20 Dollar-Note herausstellte. Wenn das mal kein Karma war...
Ein schadenfrohes Lächeln legte sich über seine vom Regen feuchten Lippen , als er den Schein aufhob, tief in der Tasche seiner zerschlissenen, dunklen Jeans verstaute und seinen Weg fortsetzte. Nur wenige Augenblicke später formte sich ein nahezu genialer Einfall in seinem fixen Verstand.
Das ist es!, dachte er. Wenn es eines gab, das seinen Mitbewohner zuverlässig besänftigen konnte, dann war es gutes Essen. Und wenn er einen kleinen Umweg nach Hause nahm, konnte er das ihm vom Schicksal bereitgestellte Geld direkt in den Imbiss ihres Vertrauens investieren, ihnen dadurch ein leckeres Abendmahl bescheren und Ray das Restgeld als eine Art Anzahlung in die Hand drücken. Es war zwar nicht viel, aber immerhin ein Anfang.
Zufrieden mit seiner Idee tastete Frank in der anderen Hosentasche nach seinem Handy und erlitt einen kurzzeitigen Herzstillstand, weil er es dort nicht vorfand, schlug sich dann aber gedanklich selbst mit der Hand vor die Stirn, da er das Gerät ja absichtlich zuhause gelassen hatte. Es war nämlich einige Tage zuvor kaputt gegangen, daher hatte es keinen Sinn mehr, es mit sich herum zu tragen.
Der Umstand, dass es ihm somit auch nicht möglich war, Ray nach seinen Essenswünschen zu fragen, war glücklicherweise nicht allzu dramatisch, da der 26-Jährige Hauptmieter ihrer gemeinsamen Wohnung sowieso in den meisten Fällen etwas auswählte, dessen Bestellnummer und Preis Frank schon seit langem auswendig kannte. Seine absolute Leibspeise des kleinen Fast-Food-Restaurants: Überbackene Süßkartoffel mit Apfelraspeln und Garnelen. Mit diesem neuen Etappenziel vor seinem inneren Auge beschleunigte Frank seine Schritte, überlegte sich schon einmal, was er für sich selbst ordern sollte, und lauschte dem leisen Platschen seiner abgetragenen Vans auf den nassen Steinplatten des Gehweges.
Knappe 10 Minuten später trat der mittlerweile völlig durchnässte junge Mann dann in das angenehm warme Innere des Lokals, dessen Interieur zwar stark an ein typisch amerikanisches Diner erinnerte, das aber durch die ausgefallene und üppige Speisekarte in Kombination mit guten Preisen, heißen Angestellten und annehmbarem Service überzeugte und sich im Laufe der Zeit zum Stamm-Imbiss der WG entwickelt hatte.

„Fuck.. Iero, du siehst ja noch beschissener aus, als sonst", begrüßte ihn Brendon, der in seiner heutigen Schicht offensichtlich die Ehre hatte, hinter dem Tresen zu stehen, Bestellungen aufzunehmen und Getränke aller Art auszuschenken, und kommentierte damit die vom Wetter vollkommen ruinierte Frisur und klatschnasse Kleidung seines Kunden.
Die ihn umgebende Wärme genießend schob sich Frank die Kapuze seines Hoodies von Kopf und strich sich die trotzdem nassen Haare aus dem Gesicht, bevor er Brendons Bemerkung mit einem halbherzigen du-mich-auch-Blick beantwortete. Er wusste, dass der Kerl in der rot-schwarzen Arbeitskluft es in Wirklichkeit nett gemeint hatte.

„Ja ja... Sag mal, wo hast du eigentlich Ryan gelassen?", erkundigte er sich im Rahmen eines Themenwechsels, machte einer Bedienung Platz, die er vorher noch nie hier gesehen hatte und setzte sich dann auf einen der runden und mit rotem Kunstleder überzogenen Barhocker an der Theke.

„Der hat sich vor dir und deinen grottigen Flirt-Versuchen versteckt", grinste sein Gegenüber, ergänzte sich selbst dann aber mit der Wahrheit, wobei Frank die leichte Enttäuschung natürlich nicht entging, die in der Stimme des Angestellten mitschwang, „nein, er hat diese Woche Urlaub. Hängt irgendwo in Europa mit seiner Familie ab."

„Schade", entgegnete Frank, wenn auch in einem eher gleichgültigen Tonfall. Er mochte Ryan zwar, fand ihn sogar eigentlich wirklich niedlich und hätte ihn definitiv auch auf ein Date eingeladen, WENN er nicht gewusst hätte, dass Brendon – der sich selbst eigentlich für absolut hetero hielt – irgendwie trotzdem auf seinen Kollegen stand, und dass Ryan ebenfalls volle Kanne in Brendon verschossen war. Was die beiden wiederum aber nicht übereinander wussten, weil Frank ihnen versprechen musste, dem jeweils anderen nichts davon zu erzählen. Und auch, wenn es beinahe schmerzte, zu sehen, wie unglaublich seltsam sie teilweise miteinander umgingen, war es doch mindestens auch genauso unterhaltsam anzusehen. Deshalb hatte Frank sich geschworen, sein Wort zu halten und niemandem etwas davon zu erzählen.
Brendon nickte und erläuterte, wie langweilig die Arbeit ohne seinen Lieblingskollegen doch war, eh er Franks Bestellung aufnahm, sie an die Küche weiterleitete, und sich dann mit einem älteren Herren auseinandersetzen musste, der offenbar ein Problem mit seinem Gericht hatte, womit Frank allein an der Theke zurück blieb. Die Zeit, die er mit dem Warten auf sein Abendessen verbrachte, nutzte er, um sich die anderen Gäste und die neue Bedienung etwas genauer zu beschauen, fand jedoch niemanden unter ihnen, der ein tiefer gehendes Interesse in ihm erwecken konnte. Selbst den mit einem göttlichen Körperbau gesegneten Brendon bei der Arbeit zu beobachten wurde bereits nach ein paar Minuten uninteressant, weshalb das Kind in ihm durchkam und ihn dazu brachte, sich aus dem Halter zu seiner Linken einige viereckige Bierdeckel zu stibitzen und zu versuchen, daraus ein Kartenhaus zu bauen. Das war zwar ebenfalls keine besonders produktive oder anspruchsvolle Aufgabe, aber es genügte, um ihn vom ekligen Gefühl der nassen Kleidung an seiner ausgekühlten Haut abzulenken.
Weitere fünf Minuten verstrichen, in denen er einsam und verlassen auf seinem Hocker saß, bis er sein in zwei weiße Plastiktüten verpacktes Abendessen erhielt und sich endlich auf den Rest des Heimweges machen konnte, auf dem ihm das Essen als eine Art portable Heizung diente, die wenigstens seine klammen Finger etwas wärmen konnte. Sehr zu seinem Leidwesen hatte der Niederschlag um einiges an Intensität gewonnen und Frank verfluchte sich gedanklich ausgiebig dafür, sein Fahrrad vor ein paar Wochen für einen Spottpreis von 50$ auf Craigslist verkauft zu haben. Mit dem Rad hatte die Strecke nämlich nur ein paar Minuten gedauert, zu Fuß musste er nun allerdings eine knappe Viertelstunde laufen, bis er endlich die Tür zum Treppenhaus seines Wohnhauses aufstoßen konnte.

„Und? Wie lief's?", erkundigte sich der mit einem hellbraunen Afro gesegnete Ray, während er Frank mit vor der Brust verschränkten Armen beim Ausziehen seiner klatschnassen Schuhe, Socken, Jeans, Hoodies und T-Shirt zusah, nachdem dieser mit letzter Kraft alle Stufen zu ihrem Apartment im vierten Stock erklommen hatte.

„Es lief schon mal schlechter", wich der Jüngere von beiden der Frage aus, fischte das übrige Geld aus seiner Hose, nahm seine nassen Klamotten und verfrachtete sie direkt in den Schmutz-Wäschekorb im Badezimmer, bevor die von ihnen stammende Pfütze im Flur noch größer werden konnte.

„Frank..?", hakte sein Mitbewohner mahnend nach, der sich natürlich bereits denken konnte, wie das Bewerbungsgespräch gelaufen war und fixierte den Angesprochenen unnachgiebig mit unzufriedener Miene. Dieser huschte leichtfüßig zurück durch den schmalen Flur und in sein Zimmer, um sich eine Jogginghose und ein frisches Shirt zu holen, und drückte Ray, bevor er sich anzog, kommentarlos das Wechselgeld in die Hand.

„Was zum Teufel, Frank?"

„Was denn? Das ist für dich", entgegnete jener so unschuldig wie möglich, während er sich unter den forschen Augen seines Freundes ein Paar dunkelgrauen Sweatpants über seinen immer noch kalten Hintern zog.

„Ach so? Und wo sind die restlichen 426 Dollar?" Entgegen Franks Erwartungen schien das soeben erhaltene Geld Rays Laune nur zu verschlechtern, was dem Jüngeren ein übles Ziehen in der Magengrube bereitete, ihm gleichzeitig im Zusammenspiel mit seiner Erschöpfung und eigenen Enttäuschung über den Misserfolg aber auch an die nervliche Substanz ging.

„Okay, okay, ja, es ist nichts geworden. Aber diesmal war es wirklich nicht meine Schuld, wirklich. Ich –"

„Das sagst du jedes Mal", unterbrach ihn Ray wenig einsichtig.

„Aber diesmal war es ganz ehrlich so! Ich war nur fünf Minuten zu spät, und als ich dann da war, wollte der Typ nicht Mal meine Unterlagen durchsehen, sondern meinte direkt, dass ich wieder gehen kann. Aber für die Verspätung konnte ich nichts. Ich schwöre auf das fliegende Spaghettimonster."

„Und das macht es deiner Meinung nach besser?" Rays Blick war hart und kalt und Frank konnte ihm nicht lange standhalten, bevor er den eigenen beschämt zu Boden senkte. Was sollte er denn machen? Er hatte sich das doch auch anders vorgestellt.

„Es tut mir Leid, Mann. Du kriegst dein Geld bald, versprochen. Gib mir noch eine Woche, okay?" Franks Stimme war leise und ergeben, als er sprach. Er wollte seinen Freund nicht noch mehr verärgern.

„Es geht nicht nur um's Geld, Frankie. Ich mein, klar, ich bin auch alles andere als reich und du wirst mir das alles früher oder später zurückzahlen, aber... es geht hier auch um dich. Du musst was aus dir machen, Alter. Du bist keine 17 mehr. Dir kann nicht mehr immer alles am Arsch vorbeigehen, kapierst du das? Wenn du so weiter machst, landest du auf der Straße und das ist das Letzte, das ich für ich will." Zu dem strengen Ausdruck auf dem Gesicht des 26-Jährigen gesellte sich ein Hauch von Wärme und Fürsorge und dennoch schaffte sein Gegenüber es nicht, ihm in die Augen zu sehen, als er sich zur Antwort niedergeschlagen auf die Lippe biss und leicht nickte, wobei ihm einige feuchte Strähnen seines dunklen Haares ins Gesicht fielen.
Der Anblick des zierlichen 22-Jährigen zerriss Ray ein wenig das Herz, so verloren und niedergeschlagen wie er vor ihm stand; wohl wissend, dass er es ziemlich vermasselt hatte und ihn tatsächlich keine allzu schöne Zukunft erwartete, sollte sich an der momentanen Situation nicht bald etwas ändern. Auf ein solches Häufchen Elend konnte der Ältere nicht länger sauer sein, weshalb er den Kleinen in eine feste, von Herzen kommende Umarmung zog, welche dieser etwas zögerlich, beinahe kleinlaut, erwiderte. Ganz gleich, wie oft Frank ihm den letzten Nerv raubte, liebte er den chaotischen Satansbraten wie den kleinen Bruder, den seine Eltern ihm nie gegönnt haben.

„Ich hab übrigens Essen mitgebracht", nuschelte dieser gegen die Schulter seines Mitbewohners, löste sich wieder aus der Umarmung und konnte sich ein schelmisches Schmunzeln nicht verkneifen, als er den nassen Fleck auf Rays dunklem Hemd sah, den sein nasses Haar diesem soeben verpasst hatte. Dessen Träger schüttelte daraufhin lächelnd den Kopf, da das ziemlich typisch für Frank war – der Versuch, ihn durch gutes Essen zu besänftigen.
Ohne eine Antwort abzuwarten schnappte sich der Jüngere seine duftenden Mitbringsel, tapste damit in die Küche, knipste das Licht an, setzte sich an ihren wackeligen Esstisch und schob eine der beiden Tüten zu Ray hinüber, der sich ebenfalls mit knurrendem Magen auf seinem Klappstuhl niederließ und sich dann daran macht, über sein Abendessen her zu fallen.
Die beiden jungen Männer verfielen für eine Weile in gefräßiges Schweigen, bis Frank einfiel, dass an diesem Tag doch eigentlich jemand kommen sollte, um sich das frei gewordene Zimmer bei ihnen zu besehen.

„Du, war eigentlich dieser Typ hier?"

„Hm?" Ein leicht fragender Blick fand seinen Weg zu ihm.

„ Na, dieser Jared oder wie der heißt? Wegen des Zimmers?"

„Ach, Gerard meinst du? Ja, der war hier."

„Und?" Mit vor ehrlicher Neugier großen Augen schaute Frank zu Ray hinüber, der sich grade eine weitere Gabel voll Süßkartoffel-Matsche in den Mund gesteckt hatte und sich nicht die Mühe machte, diesen erst zu leeren, bevor er antwortete.

„Ich hab 'n gutes Gefühl. Wenn's nach mir geht, kann er das Zimmer haben", nuschelte er.

„Hm... Okay, cool." Frank überlegte kurz, während er selber auf seiner Falafel herumkaute, „Ist er heiß?"

Ray, der wahrscheinlich mit vielen verschiedenen Fragen, aber nicht mit dieser gerechnet hatte, lachte kurz auf und spuckte dabei ein paar Apfelstückchen quer über den Tisch, die dann auch seinen Mitbewohner zum loslachen brachten – es brauchte ganz offensichtlich nicht viel, um Frank zu unterhalten. Er war zwar nicht unbedingt auf den Kopf gefallen, aber sein Humor glich in großen Teilen dem eines Kindes.

„Ich finde ihn nicht heiß, nein", verkündete der Mann mit der ausgefallenen Frisur, als die beiden sich wieder einigermaßen zusammengerauft hatten.

„Woah, no shit... Hast du wenigstens ein Foto?", hakte Frank weiter nach, der die Vorstellung eines möglicherweise attraktiven neuen Mitbewohners äußerst reizvoll fand – Nicht, dass Ray seiner Meinung nach nicht auch wunderschön wäre, allerdings war Raymond 1) wie erwähnt quasi Familie, 2) nicht an homosexuellen Abenteuern interessiert und 3) in einer festen Beziehung mit einem Mädchen. Alles in allem also keine in Frage kommende Option für Frank, der mit 15 seinen ersten Blowjob erhalten hatte und seitdem stetig zunehmenden Gefallen an Vergnügungen jeglicher Art mit Männern fand.

„Ja, habe ich. Aber ich zeig's dir nicht. Das wäre unfair, ihm gegenüber", grinste Ray und wischte den auf dem Tisch verteilten Apfel mit einem Finger weg.

„Manno... Dann erzähl wenigstens was über ihn. Woher kennst du ihn nochmal? Von der High School?"

„Das würde ich dir schrecklich gerne erzählen, aber leider, leider muss ich mich jetzt rasieren gehen... – untenrum", ergänzte Ray, als er merkte, dass das zunächst für Frank keine ausreichende Begründung darstellte, ihre Unterhaltung zu unterbrechen, welcher dann aber doch das Gesicht verzog und den Älteren mit einer Handbewegung deutete, sich zu verziehen. Dieser erinnerte Frank noch an den Abwasch, bevor er sich ins Badezimmer trollte, um sich auf das Date mit seiner Freundin vorzubereiten und ließ die Fragen bezüglich Gerard, die der kleine, hoffnungslose Fall versuchte ihm durch die geschlossene Badezimmertür zu stellen, unbeantwortet.
Frank musste schnell einsehen, dass es keinen Sinn hatte, seinen Freund weiterhin verbal zu belästigen, daher redete er sich ein, dass der Abwasch auch bis morgen warten konnte, schlurfte auf sein Zimmer, ließ sich auf sein ungemachtes Bett fallen und startete den Laptop, der eigentlich Ray gehörte, welchen er ihm aber zwecks Jobsuche zur Verfügung gestellt hatte. Für eine Weile browste er ziellos im Internet umher, solange bis Ray sich mit der Bemerkung, er würde erst am Nachmittag des nächsten Tages wiederkommen, verabschiedet hatte, und öffnete, sobald sein nichtsahnender Kumpel die Tür hinter sich zugezogen hatte, seinen momentanen Lieblingsporno. Zwar war ihm von Ray ausdrücklich verboten worden, sich sowas auf seinem Laptop anzuschauen, jedoch zeigte dessen eigener Browserverlauf, dass er selbst kein Stückchen heiliger war als Frank, der sich entspannt gegen das Kopfteil seines Bettgestells lehnte und begann, seine Sorgen langsam aber sicher, eine nach der anderen, auszublenden, während seine rechte Hand sich ihren Weg von seiner Brust, über seinen Bauch bis in seine Sweatpants bahnte und dort anfing, ihn durch den Stoff seiner Boxershorts hindurch zu massieren.
Er ließ sich Zeit und wartete, bis jegliche Anspannung und negativen Gedanken restlos von ihm abgefallen waren, bevor er sich seine Hose samt Unterwäsche von den Beinen streifte, einmal in seine Handfläche spuckte und anfing, sie an seinem harten Schwanz zunächst in einem eher gemächlichen Tempo auf und ab wandern zu lassen. Seine andere Hand war gerade dabei gewesen, sich unter sein Shirt zu mogeln, als ihrem Besitzer plötzlich der viel zu laute Benachrichtigungston einer eingegangenen Skype-Nachricht entgegen dröhnte und ihn in seinem wohligen Unterfangen unterbrach. Für einige Sekunden wägte Frank ab, die Nachricht einfach zu ignorieren und sich selbst weiter zu verwöhnen, jedoch hatte der Schreck die Stimmung sowieso schon längst ruiniert, zumindest für's erste. Je nachdem, wer ihm dort geschrieben hatte, konnte sich das nämlich auch schnell wieder ändern, sofern die andere Person für Sexting zu begeistern war. Und tatsächlich war es ein Vertreter des männlichen Geschlechts, der Frank mit ganz ähnlichen Absichten kontaktiert hatte – nur, dass jener sich darüber nicht besonders freuen konnte.

»hey baby boy«

Der 22-Jährige starrte die Nachricht eine Weile lang an, abwägend, ob und was er antworten sollte, und nun ganz sicher nicht mehr in der Stimmung für irgendwelche sexuellen Interaktionen, sei es mit sich selbst oder gar dem Verfasser der Nachricht. Eigentlich wollte er wirklich nichts zurück schreiben – es war immerhin von Anfang an falsch gewesen, sich mit diesem Kerl zu treffen und nach seinen Regeln zu spielen. Frank wollte sich weder mit ihm, noch mit seiner eigenen törichten Naivität, die ihn überhaupt erst in diese verkommene Lage gebracht hatte, auseinandersetzen, doch auf der anderen Seite wusste er ganz genau, dass er es sich momentan nicht leisten konnte, diesen Mann abzuservieren. In gewisser Weise war er auf ihn angewiesen. Und das Schlimmste daran – dieser Mistkerl war sich dessen ebenfalls nur allzu gut bewusst.

»na was ist denn los? Hast du keine lust, mit mir zu spielen

Auch die zweite Nachricht erntete einen missmutigen Blick des Jungen, an den sie gesendet worden war, und ließ einen unangenehmen Schauer über seinen zu Teilen entblößten Körper ziehen. Leider musste Frank einsehen, dass er keine große Wahl hatte, also klickte er den noch immer im Hintergrund laufenden Porno weg und tippte widerwillig eine Antwort, von der er wusste, dass sie den fragwürdigen Vorlieben seines Gesprächspartners entsprach.

»doch daddy. bitte lass uns was spielen.«

A/N: Die nächsten Kapitel werden glaube ich besser. Gebt ihnen ne Chance plz ;___;

Hoffe, es hat euch trotzdem gefallen  /.\

rock bottomWhere stories live. Discover now