Kapitel 7

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Es war eine unbewusste Entscheidung, die Iva dazu brachte, den Eimer vor den Scheunentoren auszukippen und halbherzig mit ausgerupftem Gras auszuwischen. Doch der unbewusste Vorgang, hinter sich aufzuräumen, führte zu einer Entdeckung: Dem Wasserloch.

Genau in der Mitte von allen Gebäuden fand sich auf dem Platz, zu dem alle Fronten gewinkelt waren, ein Brunnen ohne den eigentlichen Brunnen. Stattdessen befand sich ein Loch im Grund. Überreste von Holz und Brettern befanden sich drum herum, die vielleicht einmal einen richtige Struktur geliefert hatten, doch nun blieb nur ein Loch im Boden, das fast nicht zu erkennen war im knöchelhohen Gras.

Ein Gang zurück in die Scheune, ein fester Knoten um den Griff des Eimers mit dem gefundenen Seil später, warf Iva den Eimer in die Tiefe. Er sank mit einem Platschen in eine tiefe Wasserquelle. Zufrieden zog Iva an dem Seil, um es herauszuholen und kam nicht weiter. Der Eimer war schwer!

Iva stemmte mehr Gewicht dagegen, aber bis auf wildes Gluckern am anderen Ende des Seiles erreichte sie nichts. Sie kniff die Augen zusammen, fädelte mehr vom Seil aus dem nun verworrenen Haufen und knotete es sich um die Hüften. Dann lief sie einmal um den Balken des Vordaches vom Hexenhaus herum und lief zurück. Das Seil spannte sich und schnitt in ihr Fleisch, aber als sie das Loch wieder erreichte, erblickte sie den schwappenden Eimer. Neben Wasser war unglücklicherweise einiges anderes ans Tageslicht gekommen: Ein runder Teil der Brunnenkonstruktion, das als Kordelrad diente, eine dicke Wurzel eines Gewächses mit blauen Blättern und schlammiger Schlick.

Mit einem Blick in die Tiefen des Loches und einer kurzen Abschätzung der Länge des Seiles, das sie benutzt hatte für den Eimer, seufzte sie. Sie würde sich nicht herunterlassen können, um zu sehen, ob der Brunnen wieder funktionstüchtig gemacht werden konnte. Stattdessen würde sie es ausprobieren müssen. Sie kippte den Eimer aus, warf ihn erneut in die Tiefe, machte ihre Wanderung und stellte mit Freude fast, dass dieses Mal nur die Hälfte mit dunklem Schlick gefüllt war. Der Rest war Wasser.

Drei weitere Gänge später schöpfte sie vorsichtig mit den Handflächen etwas Wasser in ihren Mund. „Sandig. Aber frisch." Erklärte sie nach einem vorsichtigen Schluck. Jeden Gedanken an Bakterien, Viren und Pilzen unterdrückend trank sie das saubere Oberflächenwasser, spülte den Rest aus und machte eine weitere Runde, um den Eimer vollständig zu reinigen. Dieses Mal war kein Dreck auf dem Boden des Eimers zu finden. Sie ließ das Seil, wo es war und stellte den Eimer zurück in den Stall.

Dann ging sie nach einem langen Rundblick durch die Scheune schließlich die Treppe hinauf. Im zweiten Stock der Scheune fand Iva Stroh. Und Heu. Massenweise. Bis ins Dach gestapelt, allerdings nicht in ordentlichen Heuballen, sondern unordentlich gestopft. Ein breiter Gang war offen gelassen worden und auf der anderen Seite des Ganges wurde Iva endlich fündig.

Sieben Säcke voller verschiedener Kornarten ließen Ivas leeren Magen vor Freude hüpfen. Einige waren geplatzt und zeigten ihr Inneres. Glücklicherweise konnte Iva keine Spuren von Nagetieren oder Ähnlichem feststellen. Unglücklicherweise konnte sie die meisten Kornarten nicht identifizieren.

Schwarze, winzige Perlen, kleiner als Reiskörner befanden sich in zwei der Säcke. Die, die sie mit dem Messer öffnete, förderten andere ungewöhnliche Arten zutage: Blaue, fingergroße Bohnen, rote und gelbe Körner, irgendetwas Orangenes und beim letzten Sack endlich etwas Erkennbares, nämlich Hafer. Der Sack war zu groß und schwer, um ihn zu transportieren, deshalb war Iva gezwungen für die langen Mittagsstunden weitere Eimer im Loch auszuwaschen. Sie füllte zwei mit frischem Wasser, einen mit Hafer, stellte die restlichen, die sie aus einem unerfindlichen Grund ausgewaschen hatte, zurück in den Stall, und ging dann zurück ins Langhaus.

Natürlich war das Feuer ausgegangen.

*

Die Küche hatte kein Waschbecken.

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