„Konfrontation"/„Maleficium"

12 0 0
                                    

„Da das jetzt geklärt ist, glaube ich es ist Zeit.", meinte Tyler.

„Zeit für...?"

„Zeit, um dich etwas Wichtiges zu fragen."

„Klar, haut raus."

„Also... wie sag ich das jetzt am besten? Wir haben dich gestern gesehen wie du in den goldenen Korridor in Begleitung von Lady Phantom gegangen bist. Ich habe nie nachgefragt, aber es interessiert uns jetzt schon, was du da eigentlich möchtest. Du musst nicht antworten, aber wir wollten dich unbedingt gefragt haben.", offenbarte Alice.

„Ja... irgendwann musste die Frage ja kommen."

„Wirst du es uns erzählen?"

„Ich denke darüber nach."

„Du kannst uns alles sagen, das weißt du, oder?"

„Das ist keine Sache, die ich einfach erzählen kann. Die Oberste und ich reden viel über Geschäftliches."

„Warum sollte die Oberste mit dir über Geschäftliches reden?", fragte Tyler nach.

„Das hat seine Gründe. Könnten wir das Thema nun bitte sein lassen?"

„Klar, du musst nicht darüber reden, aber es wäre schön wenn."

„Wie gesagt, ich überlege es mir. Außerdem muss ich jetzt gehen. Ich hab ein neues und höchst interessantes Buch von Rose bekommen. Das muss ich heute auf jeden Fall lesen. Also, bis dann.", verabschiedete ich mich und ging.

Sie haben mich gesehen. Was für ein Schlamassel. Wie bekomme ich das bloß wieder ausgebadet?

Sollte ich ihre Erinnerungen daran löschen?
Nein.
Sie ändern?
Nein.

Aber was wäre sonst eine Option? Die Wahrheit wäre wohl das Richtige. Aber genau die habe ich seit Jahren versucht zu vermeiden. Sie und ich haben versucht sie zu vermeiden.

Du wirst zur Zielscheibe, Fiona.

Sie werden dein Leben mit ihrer Eifersucht zu ihrem sadistischen Spiel machen, Fiona.

Du wirst dich nicht verteidigen können, Fiona.

Sie werden dich hassen, Fiona.

Du wirst nie mehr so leben wie zuvor, Fiona.

Sie werden dich töten, Fiona.

Das sagte meine Mutter zu mir als ich ihr gesagt habe, dass ich jedem die Wahrheit erzählen will.

Die Wahrheit, dass ich ihre Tochter bin.

Natürlich fand sie das alles andere als super. Ich verstand ihre Sorgen, keine Frage, aber früher oder später kommt die Wahrheit ohnehin ans Licht.

Nicht mal Jasmine wusste etwas davon und ihr hatte ich damals alles anvertraut, aber gerade in der Zeit von vor drei, vier Jahren wäre es ein Desaster gewesen, wenn man es auf die letzten Überlebenden der adligen Blutlinie abgesehen hätte. Wir waren zwar mächtig zu der Zeit, aber ich konnte mich nicht verteidigen. Meine Kräfte waren nicht ansatzweise so ausgereift wie nach meinem 16. Geburtstag und mein Vater war zu dem Zeitpunkt bereits fünf Jahre verschwunden. Da war ich sieben Jahre alt, als ich ihn das letzte Mal sah.

Jedenfalls, Cornelia, meine Mutter, hätte mich niemals in Gefahr gebracht und entschied sich dazu den Kontakt mit dem berühmten Hexenrat, Maleficium, für eine Weile abzubrechen. Sie verstanden ihre Bedenken und gestatteten ihr ihren Wunsch.

Erst seit ungefähr zwei Jahren hat sie wieder regelmäßigen Kontakt. Geheim, aber sie hat ihn.

Cornelia brauchte sich schließlich keine Sorgen mehr zu machen, sie hielt mich für stark genug. Das stritt ich ja auch in keinster Weise ab, aber man sollte niemals zu schnell nachlässig werden. Gerade als Hexe könnte Nachsicht den sicheren Tod bedeuten.

Verdammt nochmal, was soll ich bloß tun?

Kurzerhand war ich in meiner Stube und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich hatte das Buch in meiner Hand und schlug es auf. Jasmine, ist dieses Buch wirklich von dir?

Als ich die erste Seite des Buches las, wurde mir ganz langsam schlecht und alles fing an sich zu drehen. Es war die Fortsetzung des ersten Buches und es begann kurz bevor sie starb. Alles was passiert war, wurde in diesem Buch niedergeschrieben und anhand des Schreibstils, der Wortwahl und der bestehenden Informationen darin, erkannte ich, dass es sich definitiv um Jasmine handelte, die das Buch geschrieben haben musste.

Niemand darf dieses Buch in die Hand bekommen. Niemand.

Allerdings stellte sich mir nur eine Frage, die zu weiteren Fragen führt: Wenn Jasmine dieses Buch verfasst hat und es auch nach ihrem Tod spielt, ist sie dann noch am Leben?

Geraume Zeit verging, es wurde Abend und ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen. Wenn alles was hier drin steht der Wahrheit entspricht, dann muss ich unbedingt heimlich aufbrechen und sie suchen. Aber wie stelle ich das bloß an? Ich komme vielleicht unbemerkt in den Wald, aber nicht weg vom Grundstück der gesamten S.o.W.

Ich schwelgte in Gedanken als jemand gegen mein Fenster klopfte. Mein Blick hob sich und ich öffnete das Fenster, wobei ich dann feststellte, dass es Tyler war.

„Hey, Julia."

„Du hast nicht mehr alle Nadeln an der Tanne, Romeo."

„Warum denn?", grinste er und stieg auf das Fensterbrett.

„Man schleicht sich nicht zu später Stunde in die Stube einer Lady."

„Du bist ja auch nicht irgendeine Lady, sondern meine Lady.", sagte er verführerisch und kam meinem Gesicht nahe.

„In deinen Träumen, Romeo.", lächelte ich spielerisch und stupste ihm gegen die Stirn.

„Ich glaube daran, dass Träume wahr werden können."

„Dann träum' mal schön weiter. Also, Romeo, womit kann ich dienen?"

„Mit ein paar Minuten deiner Zeit, Prinzessin. Da unser Date für den Ball nun offiziell ist, würde ich vorschlagen, dass ich dich gegen 22 Uhr abhole. Du willst ja nicht lange bleiben."

„Das klingt gut, aber nur um dich daran zu erinnern, das ist kein Date, sondern lediglich eine freundschaftliche Verabredung zum Valentinsball."

„Sicher doch, Prinzessin. Also, falls Alice es dir noch nicht gesagt hat, das Motto dieses Jahres ist Red Velvet, aber wir Männer gehen ohnehin in schwarzen Anzügen, damit ihr Mädchen strahlen könnt."

„Red Velvet. Was tut Alice mir da wieder an.", seufzte ich lächelnd.

„Mach dir mal darüber keine Sorgen, egal was du trägst, es steht dir hinreißend. Ich verschwinde dann, Julia, und wünsche dir eine gute Nacht.", meinte er, küsste Zeige- und Mittelfinger und legte sie für ein paar Sekunden auf meine Lippen. Dann verschwand er.

Hatte er mich gerade indirekt geküsst? Ich bemerkte wie die Hitze in meinen Körper stieg und legte einen Finger auf meine Lippen. Mein Herz raste. Ich entwickelte doch keine Gefühle für ihn, oder?

Er kann sich nicht einfach in mein Herz schleichen. Das ist nicht gut. Nicht fair.

Tyler... was tust du mir da an?

Die ganze Nacht war lang und Alice hatte mich schon gewarnt, dass wir die kommende Woche zusammen Kleider für den Ball shoppen gehen. Shoppen ist nicht wirklich mein Ding, aber einmal im Jahr ist das schon in Ordnung. Außerdem hat Alice mich gebeten und sie ist meine beste Freundin, also hätte ich sowieso zugestimmt.

School of WitchcraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt