„Hauswirtschaft"/„Die Oberste"

66 3 0
                                    

„Und was ist mit dir, Fiona?"

„So genau habe ich noch nicht darüber nachgedacht, aber irgendwas in der Medizin wäre glaube ich ganz passend für mich."

„Das überrascht mich nicht. Du verbringst ja so gut wie deine gesamte Freizeit mit Büchern, sogar wenn Schlafenszeit ist."

Da hatte sie teilweise Recht. Natürlich versank ich in die Bücher, las schon mal die ganze Nacht und machte mir Notizen oder erstelle Einträge, aber ich flüchtete auch einfach mal aus dem Fenster.

Das war eigentlich gegen die Schulvorschriften, aber draußen fühlte ich mich frei und konnte für einen kurzen Moment aus diesem Gefängnis fliehen.

Selbstverständlich ist es wichtig auf das Internat zu gehen, aber man hatte nirgendwo so wirklich seine Ruhe. Nur in der Nacht, wenn niemand, außer die Patrouille, mehr draußen war, konnte man sich wirklich entspannen.

Wirklich vom Internat fliehen, konnte ich ohnehin nicht, denn die Schule wird von einer magischen Barriere umgeben, die es uns Schülern verbietet, rauszugehen.

Ich konnte die heutige Nacht kaum abwarten. Das Wetter war nämlich zu dieser Jahreszeit angenehm, auch bei Nacht.

Alice und ich kamen am Klassenzimmer an und setzten uns auf unsere Plätze. Zu meinem Pech saß Lukas direkt hinter uns und nervte mich noch mehr, als er es sowieso schon tat.

Hexen sei Dank war Alice' Platz neben mir und sie wies ihn immer zurecht, wenn er mich belästigte. So hatte ich wenigstens etwas mehr Frieden als sonst.

Wir packten unsere Tablets und unsere Bücher raus, und warteten jetzt nur noch bis der Unterricht anfing.

In Hauswirtschaft hatten wir Lady Lenart. Sie war eine sehr anständige junge Hexe, die erst vor zwei Jahren Lehrmeisterin geworden ist. In ihrem Alter, 23, eigentlich eher ungewöhnlich, aber die Oberste wird sich schon etwas dabei gedacht haben.

Lady Lenart betrat den Raum, alle wurden still und eine Doppelstunde Hauswirtschaft begann.

Auch wenn ich Lady Lenart wirklich als Lehrmeisterin mochte, war der Unterricht sterbenslangweilig. Ich meine, ich wusste alles schon, was sie uns beibrachte und erklärte. Mal abgesehen davon, dass Hauswirtschaft nicht wirklich schwer war mit Zauberstab und Magie.

Gewöhnliche Hausfrauen haben's da viel schwerer.

„Ich teile euch schnell die Rezepte aus. Heute etwas Unkompliziertes, also habt ihr heute nur eine Stunde Zeit. Nachdem ihr die letzten Stunden komplizierte Gerichte aus aller Welt kochen musste, wollte ich euch für eine Stunde etwas entlasten.", sagte sie und schon flogen die Rezepte auf unsere Plätze.

„Wiener Schnitzel und ein leichter Vanillepudding?!", schrie Lukas mit seinem Partner, Marc Stone, durch die ganze Klasse.

„Ist kein Problem. Lass uns loslegen, Alice.", forderte ich sie ruhig auf und wir bereiteten unseren Arbeitsplatz vor.

„Dass das für Fiona keine Schwierigkeit darstellt war klar! Fiona kann alles!", rief Lukas wie ein Bekloppter aus dem hintersten Eck.

„Wie wär's mit weniger reden und mehr kochen, Mister Calvert?", gab ich genervt von mir.

Dieser Typ konnte mich wirklich keine fünf Minuten in Frieden lassen und das egal wo wir waren. Er nutzte immer die Gelegenheit mich zu nerven, wenn er eine bekam.
Er verstummte und machte sich an seine Arbeit.

„Also... zuerst Hähnchenfleisch klopfen. Verrührte Eier und Semmelbrösel auf zwei verschiedene Teller verteilen."

Alice fing schonmal an das Hähnchenfleisch zu klopfen, während ich Eier und Semmelbrösel vorbereitete.

Wir durften keine Magie benutzen. Wie gesagt, wir sollen lernen, wie man in der Menschenwelt lebt. Wahrscheinlich fragen sich viele, warum es dann eine Schule für Hexerei und Zauberei ist.

Dafür gibt es zwei Gründe.

Erstens, weil man uns Hexen an normalen Schulen nicht annehmen würde.

Und zweitens, weil wir hier lernen mit Magie umzugehen und sie für gute Zwecke zu nutzen.

Das Fleisch war geklopft und wir machten weiter, indem wir es mit Ei und Semmelbröseln umhüllten. Dann ging's nur noch in die Pfanne und die Schnitzel waren fast fertig.

„Pass du auf die Schnitzel auf, ich mache derweil schonmal den Pudding.", sagte ich zu Alice.

„Okay!"

Ich holte die nötigen Zutaten, bereitete den Pudding zu und schon waren wir fertig.

Wir waren die zweiten.

Die ersten die fertig wurden, waren Will Clarke und Tyler Hamilton. Für einen Mann war Tyler nicht schlecht was Kochen anging.

Das soll nicht sexistisch klingen, aber die meisten Jungs in meiner Klasse waren totale Versager in Hauswirtschaft.

Nach einer gefühlten Ewigkeit waren dann auch die anderen fertig und wir durften anfangen zu essen. Na ja, alle außer Lukas und Marc, denn was die zwei zustande gebracht haben, war unfassbar.

Man kann schlecht in Kochen sein, aber doch nicht so schlecht, dass man wirklich alles falsch macht, oder?

Das Schnitzel verkohlt, zu dick und ungleichmäßig mit Semmelbröseln bedeckt und der Pudding flüssig wie Wasser.

„Ich denke, dass ich Ihre Zensuren nicht erwähnen muss, oder Mister Calvert und Mister Stone?"

Alle fingen an zu kichern, außer ich.

„Es gehören eben Frauen in die Küche und keine Männer!", äußerte sich Lukas sehr klischeehaft und sexistisch, während er seine Handflächen auf den Tisch haute und aufstand.

„Wenn ich Sie ansehe, sehe ich nur leider keinen Mann, Mister Calvert.", konterte Lady Lenart.

Nun brach das Gelächter aus und sogar ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Lukas war schockiert und setzte sich wieder brav und leise hin.

Geschieht ihm recht.

„Wenn ihr aufgegessen, abgespült und aufgeräumt habt, dürft ihr gehen. Ich wünsche euch einen schönen Tag!", sagte Lady Lenart und alle beeilten sich, um schnell ihre Freiheit genießen zu können.

Hauswirtschaft war das letzte Fach an diesem Tag für mich und ich wollte mich gerade eben schon davonmachen, als Lady Lenart mich aufhielt.

„Fiona, ich muss noch schnell mit dir reden."

„Was gibt's denn, Lady Lenart?"

„Die Oberste hat mich gebeten dich nochmal an ihr Angebot zu erinnern. Denkst du nicht, du solltest es nochmal überdenken? Ich meine, es ist eine große Ehre von der Obersten zur Nachfolgerin bestimmt zu werden und ich bin mir sicher, dass du eine großartige Oberste wärst."

„Mag sein, aber ich habe schon andere Pläne für meine Zukunft. Ich bin nicht so großartig wie alle sagen. Glauben Sie mir. Außerdem, wenn es der Obersten wirklich so wichtig wäre, könnte sie genauso gut persönlich kommen und nicht immer ihre Untertanen vorschicken. Ihnen einen schönen Tag noch, Lady Lenart."

Ich verließ den Raum so schnell es ging und sputete mich, in mein Zimmer zu gehen.

Oberste und ich.

Sie soll sich jemand anderen suchen, der ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger wird. Ich will und wollte nie etwas damit zu tun haben.

Zugegeben, ich wäre bestimmt keine schlechte Nachfolgerin und das weiß ich auch, aber es ist nicht meine Bestimmung und wird es auch nie sein.

School of WitchcraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt